- Die Corona-Krise stellt auch die Kirchengemeinden in Köln in ihren Planungen für Weihnachten vor große Herausforderungen hinsichtlich des Infektionsschutzes.
- Wie auch viele Weihnachtsmärkte wird es Christmetten in vollen Kirchen in diesem Jahr nicht geben. Die Suche nach Alternativen beginnt in allen Gemeinden.
- Unter anderem wird beraten, Gottesdienste auf Fußballplätzen wie im Südstadion abzhalten.
Köln – Eigentlich scheint alles wie immer: Das Weihnachtsgebäck liegt in den Regalen, Drogeriemärkte und Buchhandlungen drapieren eine schier unübersehbare Auswahl an Adventskalendern, um die Vorfreude aufs Fest zu ritualisieren.
Doch dieses Jahr wird Weihnachten anders: Es werden nicht nur gesellige Glühweinabende auf Weihnachtsmärkten fehlen, sondern auch Weihnachtsgottesdienste und Christmetten in voll besetzten Kirchen. „Obwohl die Menschen eine große Sehnsucht danach haben, gemeinsam zu singen“, konstatiert Oliver Mahn, Pfarrer der evangelischen Gemeinde Köln-Zollstock. Gerade nach diesem schwierigen, für viele einsamen Jahr suchten die Menschen die Rückversicherung in der Gemeinschaft.
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Aber in Kirchen, die derzeit nur eine kleine Gruppe Menschen gleichzeitig bevölkern darf? An ein inbrünstiges „Oh du Fröhliche“ aus hunderten Kehlen ist in Innenräumen nicht zu denken: In den evangelischen Kölner Kirchen ist Gesang derzeit komplett untersagt. In den katholischen Kirchen sind fünf Minuten pro Stunde Gottesdienst mit Maske erlaubt. Dazu das Risiko, dass die Aerosole durch die alten Heizluftanlagen durch die Gegend gewirbelt werden. Daher hat der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm die Devise ausgegeben: Warm anziehen und raus aus den Kirchen ins Freie. „Wir wollen in die Mitte der Orte: Auf die Marktplätze, auf Fußballplätze.“ Dort darf dann auch coronakonform gesungen werden.
Gottesdienste im Stadion
Auch Kardinal Rainer Woelki hat die ausfallenden Weihnachtsmärkte als Chance für die „Kirche ausgemacht, in die Lücke zu springen“ – mit kreativen Ideen für die Advents- und Weihnachtszeit. Diesmal soll es jedenfalls in Köln anders laufen als Ostern, als die Gläubigen eher einsam vor dem Fernseher saßen, um sich per Stream die digitale Eucharistiefeier samt Segen ins Haus zu holen. Analog soll es werden. Und coronatauglich gemeinschaftlich. Mit einer Kirche, die sich aufmacht zu den Menschen.
Überall in den Gemeinden werden 100 Tage vor Weihnachten Ideen gesammelt und Konzepte geprüft. Die evangelische Kirchengemeinde in Zollstock etwa will ihren Weihnachtsgottesdienst im Südstadion feiern, wo die Gläubigen am Heiligen Abend auf den überdachten Tribünen Platz nehmen sollen. Mit der Idee sei man sowohl bei Fortuna Köln als auch bei der Stadt auf offene Ohren gestoßen, sagt Pfarrer Oliver Mahn. Letzte Details und das Hygienekonzept müssten noch abgestimmt werden. Ziel sei es, bis zu 900 Gläubige dort unterzubringen.
Kirche will in die Kölner Veedel
Auch die Gemeinde St. Rochus in Bickendorf ist bei ihrer Herbergssuche fündig geworden und will in der Welt des schnöden Mammons Asyl finden: Die Idee ist, die „Motorworld“ auf dem Butzweiler Hof mit der Weihnachtsbotschaft zu füllen. Auf dem Gelände des historischen Flughafens treffen sich sonst auf einer Fläche von 50000 Quadratmetern die Automobilliebhaber der Region. Pfarrer Klaus Kugler hofft, auf dieser riesigen Fläche viele singende Gottesdienstbesucher unterbringen zu können. Ob – wie vom „Express“ kolportiert – eine Christmette im Rhein-Energie-Stadion mit 8500 Menschen stattfinden kann, steht derzeit noch in den Sternen.
Es sind aber nicht nur die großen alternativen Orte, die die Kirche Weihnachten bevölkern will. Sie will vor allem im kleinen Rahmen die Menschen auf den Plätzen und in den Veedeln aufsuchen: In der evangelischen Gemeinde Sürth/Weiß ist wie in vielen anderen Gemeinden eine Art „Wegegang“, also ein begehbarer Gottesdienst mit mehreren Stationen geplant, wie Pfarrer Gerald Warnecke erläutert. Über den gesamten Heiligabend können die Gläubigen gruppenweise an vier Stationen Gottesdienst feiern: Zuerst begrüßen Turmbläser die Gläubigen und es gibt Gelegenheit zum gemeinsamen Gesang, an weiteren Stationen warten Hirten am Feuer und eine lebendige Krippe, an der die Weihnachtsgeschichte vorgelesen wird.
Durch Ehrenfeld, Ossendorf und Bickendorf wird ein kleines Team mit Musik und Liturgie durch die Stadtteile ziehen, um Weihnachten an zentralen Punkten des Veedels zu den Menschen zu bringen. Vieles wird auch auf die Kirchvorplätze verlagert. Etwa der Mitmachgottesdienst in Sankt Anna in Ehrenfeld: Auf dem Vorplatz sollen die Menschen am Heiligabend zum gemeinsamen Singen zusammenkommen können.
Kleine Ensembles statt großer Chöre
Auch in den großen Innenstadtgemeinden wird fleißig geplant. Auch wenn dort in den riesigen Kirchen wie St. Agnes mehr Menschen die Christmette besuchen können, werde vieles auch außerhalb der Gotteshäuser stattfinden, erläutert der leitende Pfarrer der Kölner Innenstadtgemeinden, Dominik Meiering. Etwa kleine Andachten im Halbstundentakt mit Kurzpredigt, Krippe und Bläsermusik auf den Kirchenvorplätzen. Kindergottesdienste im Freien und eine mobile Bühne mit Musik und Impulsen, die an zentralen Plätzen Halt macht, sind geplant. Aber auch in den Kirchen soll ganz viel Kleines und Feines zur Aufführung kommen: Statt monumentaler Chor- und Orchesterwerke werden kleine Ensembles und Solisten musizieren. Corona soll der Freude der Heiligen Nacht nichts anhaben.
„Weihnachten findet statt“, das sei die Kernbotschaft, betont Gemeindereferent Tobias Wolf. Und eigentlich sei Weihnachten ja im Ursprung ein Fest, das von Beginn an weder erwartbar noch normal gewesen sei. „Vielleicht wird das in diesem Jahr besonders sichtbar.“