Köln – Verwirrung herrschte am Mittwoch im Landgericht beim Strafprozess um eine mutmaßliche Vergewaltigung in Bocklemünd. Der Angeklagte, der sich auf freiem Fuß befand, tauchte in Saal 142 des Justizgebäudes einfach nicht auf. Verteidiger Harald Nuß konnte seinen Mandanten zunächst nicht erreichen, woraufhin der Vorsitzende Richter Benjamin Roellenbleck die Polizei verständigte.
Polizisten bringen Angeklagten ins Landgericht
Tatsächlich spürten Polizisten den Beschuldigten an dessen Wohnanschrift, einer Caritas-Unterkunft in Leverkusen, auf und brachten ihn ins Gericht. „Da fehlt mir jedes Verständnis“, so Richter Roellenbleck. Und weiter: „Wer nicht kommt, geht eigentlich in Haft. Haben sie das verstanden?“ Der 23-Jährige nickte und entschuldigte sich, er habe gedacht, der Prozess starte einen Tag später.
Rollenbleck beließ es bei der Ermahnung. Allerdings verwundert es auf den ersten Blick, warum sich der mehrfach, aber nicht einschlägig vorbestrafte Angeklagte bei dem Tatvorwurf überhaupt in Freiheit befand. Dem Vernehmen nach wurde hier lediglich ein hinreichender, aber kein dringender Tatverdacht in dem strittigen Fall angenommen, sodass kein Untersuchungshaftbefehl ergangen war.
Junge Frau in Bocklemünd vergewaltigt?
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Lageristen vor, im Januar vergangenen Jahres eine junge Frau im Bereich Ollenhauerring zum Sex gezwungen zu haben. Zuvor soll er das mutmaßliche Opfer am Ebertplatz kennen gelernt und vorgegeben haben, mit ihr zu einem Bekannten fahren zu wollen. An einer KVB-Haltestelle sei er dann zudringlich und aggressiv geworden. Die Frau habe sich gewehrt.
Das könnte Sie auch interessieren:
Dann habe der Angeklagte laut Staatsanwältin eine Bierflasche zerbrochen und gedroht: „Entweder Sex, oder ich bringe dich um!“ Die Frau sei eingeschüchtert gewesen, der Angeklagte habe sie zu Boden geworfen, in ein Gebüsch gezogen und dort vergewaltigt. Eine Zeugin soll dann die Polizei gerufen haben. Der Beschuldigte habe noch versucht von der Örtlichkeit zu flüchten.
Kölner Richter erwähnt mehrere Vorstrafen
Zum Tatvorwurf schwieg der Angeklagte auf Anraten seines Verteidigers, gab aber Auskunft über sein Leben. Vor acht Jahren habe er seine Heimat Guinea in Westafrika verlassen. Im Senegal habe er ein Kind gezeugt, was er aber nie zu Gesicht bekam. Über Libyen sei er übers Meer nach Italien und schließlich nach Deutschland gelangt. Hier wollte er sich eine gute Zukunft aufbauen.
„Warum geraten Sie denn immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt?“, fragte Richter Roellenbleck. Beleidigung, Bedrohung, Widerstand, für die es Geldstrafen und zuletzt sechs Monate Haft auf Bewährung hagelte. Der Angeklagte deutete an, dort eher unschuldig verurteilt worden zu sein. Die Staatsanwältin berichtete von anderen aktuellen Ermittlungsverfahren. Der Prozess geht weiter.