Die Zahl der Einsätze steigt, die Zahl der Mitarbeiter nicht. Für den leitenden Notarzt ist eine Umschichtung auf telefonische Betreuung keine Option.
„Grat ist außerordentlich schmal“Leitender Kölner Notarzt klagt über Personallage im Rettungsdienst
In Köln könnten rund zwölf Prozent der Patienten, die im Rettungsdienst aufgenommen werden, auch regulär zum Hausarzt gehen. Das geht aus einer Mitteilung hervor, die die Verwaltung auf Anfrage der FDP im Gesundheitsausschuss veröffentlichte. Die Zahl liegt deutlich unter den Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung (KV).
Der KV-Vorsitzende Jürgen Zastrow hatte im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gesagt, dass in Köln „bis zu 70 Prozent“ der Menschen, die in Notfallpraxen behandelt werden, bis zur nächsten Sprechstunde hätten warten können – und forderte eine zunehmende Umstellung der Vor-Ort-Einsätze auf Notfall-Telefonate.
Ganz eindeutig ist die Datenlage jedoch nicht. Die Stadt kategorisiert Einsätze in sieben Stufen: Von „Hilfesuchende Person – ohne erkennbare Gefahrenlage“ bis „Patient stirbt vor Ort“. Zwölf Prozent der Einsätze fielen im Jahr 2022 unter die erste Kategorie. Hinzu kommen rund drei Prozent, bei denen kein Patient vor Ort ist. Rund 45 Prozent machen die etwas akuteren Notfallkategorien zwei und drei aus.
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Kölner Rettungsdienst hat massive Personalprobleme
Axel Lechleuthner, leitender Notarzt der Kölner Feuerwehr, plädiert jedoch dafür, alle Einsätze, die über der ersten Stufe anzusiedeln sind, ernstzunehmen. „Der Grat ist außerordentlich schmal“, sagte Lechleuthner mit Blick auf Einsätze, die möglicherweise zu verhindern sind. „Ich mag den Begriff Bagatelleinsatz nicht. Es kann sein, dass Patienten mit einem akuten Herzinfarkt zuhause gelassen werden, weil man am Telefon von einem Schulter-Arm-Syndrom ausgeht“, sagte er. „Es ist nicht einfach, Meldebilder zu unterscheiden.“
Der Rettungsdienst versuche durchaus, Einsätze, die klar zu erkennen sind, an den ärztlichen Bereitschaftsdienst zu übergeben, der unter der Nummer 116117 zu erreichen ist. Dies sei aber in vielen Fällen schlicht nicht möglich, weil man erst vor Ort ein klares Bild bekomme. Seit 2017 erfasse der Rettungsdienst in Köln die Einsätze nach den sieben Kategorien, die Verteilung sei dabei relativ stabil, so Lechleuthner weiter.
„Im nächsten Schritt versuchen wir, passende Einsatzmittel einzuführen“, erklärt Lechleuthner. Gemeint sind soziale Hilfeleistungen, die den Rettungsdienst entlasten können. Denn: „Wir haben extreme Personalprobleme im Rettungsdienst“, sagte der Mediziner. „Die Zahl der Einsätze ist gestiegen, wir haben aber nicht mehr Personal.“ Die Berufsfeuerwehr meldete zuletzt im Oktober 265 vakante Stellen, ein Teil fehlt im Rettungsdienst. Eine Lösung für die Überlastung muss laut Lechleuthner in jedem Fall her. „Wir schaffen es nicht, mit den alten Mitteln alles abzuarbeiten.“