Unter dem Stahlskelett vor dem Historischen Rathaus entsteht das jüdische Museum „Miqua“.
„Spannend und faszinierend“So sieht es in der archäologischen Zone der Miqua-Baustelle aus
„Das ist die spannendste und faszinierendste Baustelle, die es gibt. Das Projekt glänzt einfach“, sagte Michael Wiehen am Montag bei dem Rundgang durch die Archäologische Zone, zu der die Stadt Vertreter der Medien eingeladen hatte. Für die Öffentlichkeit sichtbar ist nur das oberirdische riesige Stahlskelett vor dem Historischen Rathaus, eine Konstruktion, aus der das jüdische Museum „Miqua“ entsteht. Die unterirdische Zone bildet eine Ergänzung dazu. „Unter dem Deckel geht es genauso schnell wie oben“, versicherte Wiehen. „In großen Teilen sind wir so weit, dass andere Gewerke anfangen können.“
Über Betonpfade und unbefestigten Boden, der für den rund 600 Meter langen, fast ausnahmslos barrierefreien Parcours noch tiefer gelegt werden muss, ging es durch Räume, die in ihrem Rohzustand weitgehend fertiggestellt sind, aber auch solche Bereiche, in denen es noch viel zu tun gibt. Altes Mauerwerk, teils freiliegend, teils von Planen verhüllt, bestimmt das Bild, ebenso Wände aus Bohrpfählen, also zylinderförmigen Säulen aus Beton und Stahl. Hier ist eine behelfsmäßige Treppe aus Holz montiert, da stehen Arbeitsgeräte herum, dort liegen Fundstücke in Plastiktüten.
Der Rundweg führt Relikte der 2000-jährigen Stadtgeschichte vor Augen, vom römischen Statthalterpalast (Praetorium) über das mittelalterliche jüdische Viertel und das Goldschmiedeviertel bis zum Keller der Armenverwaltung aus der Zeit um 1891. Zudem soll in Vitrinen ausgestellt werden, was die Archäologen in jahrelanger Arbeit zutage gefördert haben. Wiehen nannte als Beispiele Schmuckstücke aus Gagat, Haarnadeln, Spielzeug aus Knochen, Küchengeschirr und Schiefertafeln.
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„Die Archäologie gibt uns das Bauen vor und nicht umgekehrt“
Deutlich wurde bei der Besichtigung, mit welch großer Sorgfalt das Team vorgeht. Dies ist sowohl dem Bemühen geschuldet, so viel wie möglich von der originalen Substanz zu erhalten, als auch den Erfordernissen der statischen Sicherheit. „Wir nutzen fast alle Technologien, die man im Tiefbau und Spezialtiefbau nutzen kann“, sagte Bauleiter Matthias Zoppelt, der gemeinsam mit Wiehen Auskunft gab.
Wiederholt seien Umplanungen nötig gewesen, um den örtlichen Gegebenheiten, die sich erst im Gang der Arbeiten erkennen ließen, Rechnung zu tragen. So schilderte Zoppelt, wie aufwändig es war, an einer bestimmten Stelle einen Mauerdurchbruch mit schrägen Seitenwänden zu schaffen. Zu einer Änderung der Planung habe beispielsweise auch die Notwendigkeit geführt, die Tragfähigkeit des Baugrunds zu sichern, auf dem das Historische Rathaus steht. Wie anderswo wurde auch hier eine Bohrpfahlwand gegossen. Zwischen den zahlreichen römischen, jüdischen und christlichen Mauerrelikten wurden Stützwände sowie sogenannte Unterfangungen, die bis in viele Meter Tiefe reichen, geschaffen.
Zur Absicht, das Vorgefundene so weit wie möglich zu konservieren, sagte Zoppelt, der von einem „wunderbaren Bodendenkmal“ und einer „emotionalen Bindung an das Projekt“ sprach: „Die Archäologie gibt uns das Bauen vor und nicht umgekehrt“. Auch bei der Präsentation der Fundstücke gehe es darum, „die Geschichte an dem Ort zu erzählen, wo sie stattgefunden hat“, unterstrich Wiehen. Allein am Mauerwerk lässt sich viel ablesen, ob man nun vor einer Wand mit in der oberen Hälfte geschichteten Ziegeln steht, die zu einer römischen Therme gehörten, oder in einer Mauer eine Röhre für eine Warmluftheizung sieht.
Der Grabungsleiter ist sich sicher, dass ein Fund die Besucher besonders anziehen, ja zu Selfies animieren wird: ein Fenstersturz, auf dem gut lesbar in hebräischen Buchstaben eingemeißelt ist: „Das ist das Fenster, durch das die Exkremente ihren Weg nehmen.“ Denn hier hat man es mit einer Mauerstelle zu tun, die ab und an aufgebrochen wurde, um herauszuholen, was sich in der Latrine der jüdischen Familie Lyvermans angesammelt hatte, die am Synagogenhof stand.
Bau des Museums kostet 200 statt 127 Millionen Euro
Mit vollem Namen heißt der unter- und oberirdische Komplex „Miqua. LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier.“ Bauherrin ist die Stadt Köln, betrieben wird das Museum vom Landschaftsverband Rheinland, der mit der Übergabe die Trägerschaft übernimmt. Die Stadt unterhält das Gebäude und das Bodendenkmal.
Kürzlich war der aktualisierte Terminplan samt Kostenprognose bekanntgeworden. Danach soll der Bau des Museums inklusive der Archäologischen Zone 200 statt 127 Millionen Euro kosten. Die Fertigstellung ist für 2027 geplant.