Die Kölner Werbetechniker-Innung wird 100 Jahre. Die Anfänge liegen aber viel weiter zurück. Als historische kreative Szene prägten die Mitglieder das Stadtbild.
Wichtigste Einkaufsstraße der StadtWie die Schildergasse in Köln zu ihrem Namen kam
Sie gaben der Schildergasse den Namen: die Schildermacher von Köln. In der Blütezeit des Mittelalters waren auf der heute wichtigsten Einkaufsstraße der Stadt viele Werkstätten angesiedelt, in denen Werbezeichen aus Holz, Metall, Stoff und Leder gefertigt wurden. Schon damals hieß die Straße bei den Bewohnern „Schildergaß“ oder „Schildergazin“.
Weil die meisten Menschen nicht lesen konnten, waren die Schildermacher als Maler gefordert. Für berühmte Familien wurden Wappenschilder angefertigt, für Handwerksbetriebe oder Gaststätten Zeichen mit Ochsen oder Gänsen. Es entstand eine frühe kreative Szene. Die berühmtesten Kölner Maler, Stefan Lochner und Bartholomäus Bruyn der Ältere wohnten in der Straße „In der Höhle“, der direkten Verlängerung der Schildergass die Straße „Unter Wappensticker“ hinaus.
Die Nachfolger der Handwerker fanden sich 1924 in einer Innung zusammen, die heute „Werbetechniker-Innung für Schilder- und Reklamehersteller“ heißt. In diesem Jahr feiert die Innung ihr hundertjähriges Bestehen und wurde von der Oberbürgermeisterin im Rathaus empfangen. Ihre Arbeit wird auch in digitalen Zeiten gebraucht. Innungschef Markus Bäcker sagt: „Es gibt keine effektivere Werbung als die, die man mit den Augen im Stadtbild sieht.“ Große Firmen möchten trotz aller digitaler Medien immer noch die Präsenz auf großen Werbeträgern.
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Fast alle kölschen Brauereien fahren mit Folien der Firma Bäcker
Markus Bäcker sitzt mit seiner Firma im Gewerbegebiet Rodenkirchen, er hat sich auf die Beschriftung von Fahrzeugen spezialisiert. Die Lastwagen fast aller Kölner Brauereien tragen die Schriftzüge aus seiner Werkstatt, ebenso die Autos des Malteser-Hilfsdienstes, Feuerwehrfahrzeuge und Kurierdienste.
Sein Vater hatte die Firma 1978 auf der Brüsseler Straße in der Innenstadt gegründet. Er und seine Mitarbeiter versahen Möbelwagen, Transporter der Firma Ortloff und den Bulli der in Bickendorf ansässigen Lackfirma Herbol mit Namen und Bilder. Und auch die Corvette von Unterweltgröße Schäfers Nas wurde verschönert.
Früher, das hat Bäcker noch gelernt, musste alles noch in Handarbeit mit dem Messer aus Bleifolie zugeschnitten oder per Hand gemalt werden. Heute wird das meiste vom Computer erledigt. „Früher hat man eine Woche pro Auto gebraucht, heute nur einen Tag.“ Bäcker hat derzeit vier Mitarbeiter.
Kölner Firma wartet Reissdorf-Reklame am Rudolfplatz regelmäßig
Der große Player in Sachen Lichtwerbung ist in die Firma Efra, 1907 von Erwin Franke als Schildermalerei gegründet. Aus der Efra-Werkstatt, zunächst in der Südstadt und bis heute in Ehrenfeld, stammen fast alle bekannten Leuchtreklamen in Köln: die 4711-Logos, das Reissdorf-Männchen/Weibchen am Rudolfplatz, der Rolex-Schriftzug, die Buchstaben DEVK am Hochhaus der Versicherung und der Stadion-Schriftzug am historischen Eingang des Rhein-Energie-Stadions. Früher hatte die Firma eigene Glasbläser. Inzwischen sind einige Gewerke ausgelagert, bei Efra arbeiten zehn Spezialisten.
Seit 2004 führt Corinna Franke den Betrieb in vierter Generation. „Es steckt ein enormes Wissen in diesem Unternehmen, was an mich weitergegeben wurde“, sagt sie. Wie Kollege Bäcker ist sie davon überzeugt, dass die Branche Zukunft hat. „Ich glaube, es ist eine unheimliche Überforderung für den Betrachter, wenn er von allen Seiten mit Informationen zugesendet wird. Eine Lichtwerbung, die nur einen Schriftzug zeigt, ist dagegen ruhig und kann wirken.“
Trotz Zukunft – die Innung zählt nur noch zwölf Meisterbetriebe. 2004, sagt Markus Bäcker, sei die Meisterpflicht für die Gründung eines neuen Betriebes sogar abgeschafft worden. Das sei zwar vor kurzem zurückgenommen wurden, doch es tummeln sich laut Bäcker viele Unternehmen auf dem Markt, bei denen kein einziger Mitarbeiter eine Ausbildung hat. Mit oft unschönen Ergebnissen. Oder wie er es ausdrückt: „Bei der Leuchtreklame gibt es viel Schattenwirtschaft.“
Um eine Lichtwerbung korrekt anzubringen, brauche es neben Sachkenntnis auch eine Baugenehmigung. Vielfach würden aber heute einfach „etwas an die Wand geschraubt“. Aber diesen Markt zu kontrollieren, sei sehr schwer. Und manchmal sei auch das Arbeiten für die Fachleute schwierig, weil zum Beispiel bei aufwändigeren Vorhaben eigens Genehmigungen für Hubwagen oder Gerüste eingeholt werden müssen.
Für Kölner Ikonen ist aber keine Mühe zu groß. Die Firma Efra wartet regelmäßig das 1968 angebrachte Kölsch trinkende Reissdorf-Männchen/Weibchen, eine der letzten Neon-Reklamen der Stadt. Zuletzt wurden Anfang des Jahres alle 160 Neonröhren der denkmalgeschützten Leuchtreklame überprüft, die einst ein Efra-Chefgrafiker entworfen hatte. Unter großer Anteilnahme der Kölner, die regelmäßig bei Reissdorf oder Efra Alarm schlagen, wenn irgendwo etwas nicht richtig leuchtet.