Köln – Einen Tag, nachdem bekannt wurde, dass die städtischen Kliniken kurzfristig einen Kredit benötigen, um zahlungsfähig zu bleiben, hat sich auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker öffentlich geäußert. „Ich habe immer wieder betont, dass wir uns auch in schwierigen Zeiten zu unseren Kliniken bekennen.
Die Kolleginnen und Kollegen leisten eine hervorragende medizinische und pflegerische Arbeit, die einen wichtigen Beitrag zur Gesundheitsversorgung in unserer Stadt darstellt", heißt es in einer Pressemitteilung von Freitagabend.
Daher werde sie, so Reker weiter, dem Rat unter anderem „ein unverzügliches Gesellschafterdarlehen vorschlagen, um die wirtschaftliche Situation der Kliniken zu stabilisieren und damit die Arbeitsplätze und die medizinische Versorgung sicherzustellen.“ Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ soll ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen zudem bis Ende Mai ein neues Sanierungskonzept ausarbeiten, das die Kliniken endlich aus der Krise führen soll.
Die städtischen Kliniken brauchen dringend einen Kredit, um zahlungsfähig zu bleiben. Dem Vernehmen nach geht es um einen Betrag in einer Höhe von rund zehn Millionen Euro. Das Geld werde benötigt, um in den nächsten Wochen einen Engpass zu überbrücken, hieß es am Donnerstag in Klinik-Kreisen.
Es handele sich um ein vorübergehendes Problem. Die gemeinnützige Klinik GmbH warte auf eine Reihe von Zahlungen, die ihr rechtlich zweifelsfrei zustünden, deren Überweisungstermine aber noch unklar seien. Wegen krankheitsbedingter Ausfälle in der Belegschaft hätten allein 700 Rechnungen für Behandlungen noch nicht gestellt werden können, war zu erfahren.
Die finanzielle Schieflage bringt jetzt auch den Geschäftsführer Roman Lovenfosse-Gehrt in Bedrängnis. Auf der Sondersitzung des Aufsichtsrats am kommenden Mittwoch werden die Arbeitnehmervertreter die Ablösung der Geschäftsführung beantragen – neben Lovenfosse-Gehrt soll nach ihrem Willen auch der Finanzdirektor Daniel Brozowski seinen Hut nehmen.
„Die derzeitige Geschäftsführung ist gescheitert. Sie hat objektiv bewiesen, dass sie nicht in der Lage ist, die Interessen der Kliniken und ihrer Beschäftigten zu wahren und das neue Sanierungskonzept umzusetzen“, so Daniel Kolle, Verdi-Bezirksgeschäftsführer Köln.
Geschäftsführer muss im Finanzausschuss Rede und Antwort stehen
Bereits am Montag wird sich der Finanzausschuss des Rates mit den desolaten Klinik-Finanzen beschäftigen. Im nichtöffentlichen Teil wird Roman Lovenfosse-Gehrt Stellung beziehen müssen. Der Klärungsbedarf ist erheblich, denn das aktuelle Liquiditätsproblem ist nur das letzte Glied in einer langen Kette von Hiobsbotschaften:
Erst vor wenigen Tagen war bekannt geworden, dass das Eigenkapital der städtischen gGmbH aller Voraussicht nach bereits in diesem Jahr aufgezehrt sein wird. Das Minus betrug im vergangenen Jahr acht Millionen Euro – 4,1 Millionen Euro mehr als geplant. Die Kliniken haben einen Fachanwalt für Insolvenzrecht eingeschaltet.
Forderungsausfälle bis zu 20 Millionen
Hinzu kommt: Wirtschaftsprüfer untersuchen derzeit mögliche Forderungsausfälle von bis zu 20 Millionen Euro. Dabei handelt es sich um Rechnungen, die die Kliniken in den Jahren 2014 bis 2016 bei den Krankenkassen für ihre Leistungen eingereicht haben.
Der von der Geschäftsführung beauftragte Wirtschaftsprüfer hat diese bislang als werthaltig verbucht. Nun sollen ihm dem Vernehmen nach aber Zweifel gekommen sein, in welchem Umfang die Kassen die Forderungen tatsächlich bezahlen werden.
Ein Widerspruch, den der Geschäftsführer dringend erklären muss. Es gehe auch um die Frage, so heißt es aus Insider-Kreisen, ob es ein Informationsdefizit zwischen Geschäftsführung einerseits und Aufsichtsrat und Stadt auf der anderen Seite gegeben hat. Sollte dies so sein, wäre das Vertrauensverhältnis wohl nicht mehr gegeben, und die Gesellschafterversammlung könnte die Abberufung einleiten.
Die Debatte kommt für die Stadt zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Sie strebt einen Verkauf der Kliniken mit ihren drei Standorten in Merheim, Holweide und der Kinderklinik Amsterdamer Straße an die landeseigene Uniklinik an. Verhandlungen auf Augenhöhe dürften unter diesen Umständen allerdings kaum möglich ein. Der Betriebsrat der Kliniken lehnt den Deal deshalb zum derzeitigen Zeitpunkt ab.