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Viele ohne MaskeIn der Kölner Innenstadt herrscht Irritation über neue Corona-Regeln

Lesezeit 5 Minuten

Besucher in Party-Laune an der Zülpicher Straße (Archivbild)

  1. Die neuen Corona-Regeln scheinen noch nicht bei jedem angekommen zu sein.
  2. Zahlreiche Besucher tragen in der Innenstadt keine Maske.
  3. Derweil kritisieren Gastronomen die Auflagen. Eine Reportage.

Köln – Vor der Tür eines Bekleidungsgeschäfts steht ein junger Mann, er ist Ladendetektiv. Er hat Raucherpause und zieht entspannt an seiner Zigarette. Weil man durch eine Maske schlecht rauchen kann, trägt er keine. Mitten auf der Schildergasse, wo seit vergangener Woche wie in allen Fußgängerzonen eine Maskenpflicht gilt.

„Wie? Hier muss ich jetzt auch Maske tragen?“, fragt der 20-Jährige. Trotz seiner augenscheinlichen Überraschung lässt er sich Zeit, nimmt noch drei Züge an seiner Zigarette und bringt den Stummel zum nächsten Mülleimer. Danach zieht er eine Maske aus der Tasche und setzt sie sich auf.

Am Samstagvormittag ist der Ladendetektiv nicht der einzige, der es mit der Maskenpflicht nicht so genau nimmt. Andere Raucher setzen den Mund-Nase-Schutz ab, um ihre Zigarette zu genießen. Immer wieder ist zu beobachten, wie jemand die Maske herunterzieht; der eine, um zu trinken, der andere, um einen Imbiss zu nehmen. Insbesondere da, wo man sich hinsetzen kann, scheint die Maskenpflicht zu enden. Auf den Bänken auf der Schildergasse und in den Nebenstraßen tragen die wenigsten einen Mund-Nasen-Schutz.

Großteil hält sich an Vorschriften

Der Großteil der Passanten scheint sich jedoch an die Vorschriften zu halten. Beim Eintreten in die Läden desinfizieren sie sich die Hände und setzen die Maske beim gesamten Einkauf nicht ab. Einkäufer, die keine Maske tragen, reagieren überrascht, wenn man sie auf die neuen Regeln anspricht. So gut wie alle haben eine Maske dabei, die sie dann hastig aufsetzen. „Ja, das hätte mir auch auffallen können“, bemerkt Marc (23). Er holt eine Maske aus seinem Rucksack und läuft dann weiter in Richtung Gürzenichstraße.Die Verstöße gegen die Maskenpflicht gehen auf das Konto aller Bevölkerungsgruppen.

Oft hängt der Mund-Nasen-Schutz nur am Kinn.

Männer tragen den Mund-Nase-Schutz genau so oft wie Frauen nur unter dem Kinn oder gar am Handgelenk. Auch ältere Menschen, die besonders vor einer Infektion geschützt werden sollen, ignorieren die Vorgaben der Stadt immer wieder. Durch alle Altersgruppen hinweg sieht man Leute, die nur Gesichtsvisiere aus Plastik tragen – obwohl diese laut Coronaschutzverordnung nicht ausreichen. Vor einem sich küssenden Paar Anfang 20 tritt ein Paar im Rentenalter aus einem Schuhgeschäft und setzt sich sogleich die Masken ab. Etwa 50 Meter weiter treffen sich vier Frauen mittleren Alters an einer Straßenecke. Sie sind grade mal zwei Meter von der Hohe Straße abgebogen, haben aber direkt die Masken abgesetzt. Sie rauchen und unterhalten sich. Dabei sind auch die Nebenstraßen noch Fußgängerzonen. Also gilt auch hier die Pflicht, Mund und Nase zu bedecken.

Masken unterm Kinn

Samstagabend am Zülpicher Platz: Die Glocke der Kirche Herz Jesu schlägt zweimal, es ist 21.30 Uhr. Ein Pärchen überquert Hand in Hand den Hohenstaufenring: „Ich bin noch nie über diese Kreuzung mit so wenig Leuten gegangen“, sagt die Frau. Entlang der Ringe gilt die Maskenpflicht, die Mehrheit der Fußgänger am Platz hält sich daran. Entlang der Zülpicher Straße hingegen tragen vor allem Barbesucher ihre Masken am Kinn, sie rauchen und trinken auf der Straße. Ab 22 Uhr darf an Wochenenden in der Öffentlichkeit kein Alkohol mehr getrunken werden, Büdchen an sogenannten Hotspots dürfen schon seit 20 Uhr keinen mehr verkaufen.

Streife des Ordnungsamts

Durmus Arslan, Inhaber des Pico Coffee, hat alle alkoholischen Getränke aus seinen Kühlschränken genommen. Dabei macht der Alkoholverkauf am Wochenende den größten Anteil seines Umsatzes aus. Zwei Männer kommen in das Büdchen, drehen auf der Schwelle aber wieder um: „Die waren gestern schon hier, und werden ihren Alkohol anderswo suchen müssen“, sagt der 37-Jährige. Arslan vergleicht seine Lage mit der eines Fußballspielers: Während Politiker sich auf der Tribüne des Stadions eine Taktik überlegen, müssten er und andere Selbstständige auf dem Spielfeld versuchen, das Spiel zu überstehen. Er wünscht sich mehr Unterstützung und klare Regeln: „Meine Kunden würden an der frischen Luft trinken und dürfen nicht, können aber stattdessen bis 23 Uhr in eine geschlossene Bar gehen. Das finde ich nicht so sinnvoll.“

Gastronomen kritisieren Auflagen

Murat Ayazgök sieht das anders: Er leitet die Mango-Bar auf der gegenüberliegenden Straßenseite: „Wir kontrollieren hier die Maßnahmen besser als alle, die sich privat treffen“, sagt er. Dass die Sperrstunde für die Gastronomie von ein Uhr auf 23 Uhr vorverlegt wurde, bezeichnet er als Willkür. Ihm würden die zwei Stunden am Wochenende fehlen, besonders weil keine Studenten und Angestellten mehr zum Mittagessen in sein Restaurant kämen. Alle seien im Home-Office. Mitarbeiter des Ordnungsamts kontrollieren die Tische im Außenbereich der Bar, nur vier von sechs sind besetzt. Sie haben nichts zu beanstanden.

800 Meter weiter am Rudolfplatz klappen Angestellte des Restaurants „La Strada“ um halb elf die Tische auf dem Bürgersteig zusammen. Regulär wäre hier bis fünf Uhr morgens Betrieb. Sechs junge Männer werden zum Gehen aufgefordert: „Dass die Deutschen, sobald die Regierung es ihnen sagt, nicht mehr auf die Straße gehen, finde ich bedenklich“, sagt einer der Männer. Er trägt keine Maske. „Ich würde einen zweiten Lockdown nicht so einfach hinnehmen“, sagt ein anderer. Sie wollen noch feiern gehen und behaupten, Lokale zu kennen, die trotz Sperrstunde noch offen haben.Etwas weiter warten zwei junge Frauen an der frischen Luft auf ihre Bahn. Um halb elf wurden sie bereits aufgefordert, eine Bar am Ring zu verlassen.

Murat Ayazgök von der Mango-Bar

Sie befürworten die Sperrstunde, sehen aber auch, dass sich nicht alle an die Auflagen halten. Als Beispiel verweisen sie auf die Bar, vor der sie stehen. Es ist kurz vor elf, drinnen tanzen und sitzen Leute dicht beieinander, es gibt keine Trennwände zwischen den Tischen, kaum ein Gast trägt Maske. Auf die fehlenden Maßnahmen angesprochen fängt der Inhaber an, von der Sperrstunde sowie dem Virus als Teil einer Verschwörung zu sprechen. Vor seinem Lokal fahren Streifenwagen den Ring ab, um viertel nach elf veranlasst er deshalb, die Musik zu stoppen. Die Gäste bleiben sitzen, trinken weiter.

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Am Sonntagnachmittag teilt das Ordnungsamt seinen Eindruck mit: „Für die vergangenen beiden Nächte lässt sich zusammenfassend sagen, dass der Ordnungsdienst feststellen musste, dass oftmals Verunsicherung herrscht angesichts der Vielzahl der neuen Regelungen. Bei der Kontrolle der Sperrzeiten gab es kaum Auffälligkeiten, nur in Einzelfällen musste der Ordnungsdienst auf die neue Regelung hinweisen und zur Schließung auffordern.“