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Woelkis Botschaft im DomOstern zeigt den Ausweg „aus jeder Orientierungslosigkeit“

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Kardinal Rainer Maria Woelki steht beim Pontifikalamt zum Ostersonntag im Kölner Dom am Altar.

Köln – „Fragen nach dem Sinn des Lebens, nach dem Leid, nach Krankheit – und das gerade in diesen Wochen und Monaten von Corona in besonderer Weise –, nach der Not der Menschen, nach der Endlichkeit unseres Daseins und damit nach unserem Sterbenmüssen" würden „einen jeden von uns auf die ihm je eigene Weise“ bedrücken, sagte Kardinal Rainer Woelki in seiner Predigt in der Osternacht im Dom. „Die Fragen danach lassen Ängste aufsteigen, Lebensängste. Manches scheint geradezu widersinnig.“ Die Auferstehung Jesu von den Toten ändere diese Situation allerdings „von Grund auf“. Sie sei der „Sieg des Lichtes über die Finsternis“, der „Sieg des Lebens über den Tod“ und der „Triumph der Liebe über alle Lieblosigkeit und über allen Hass“.

Im Osterlicht sähen unser Leben und unsere Welt „ganz anders aus“. Die Macht des Todes sei ein für allemal gebrochen: „Der Tod bringt uns heim. Er ist nur mehr ein Hinübergang, ein Hindurchgang zum ewigen Leben.“ Das Licht wolle sich dadurch ausbreiten, „dass wir mit dem Osterglauben in unserem Leben Ernst machen“ und „uns in unserer Lebensgestaltung bis ins Kleinste hinein von ihm bestimmen und prägen lassen. So tragen wir die Auferstehungsbotschaft in unsere Welt, die vielfach von Angst und Hoffnungslosigkeit und Resignation bestimmt ist.“

Kardinal Woelki betont „das große Angebot Gottes“

Ostern zeige den Ausweg „aus jedweder Orientierungslosigkeit, die im Letzten dann sogar dazu zu führen vermag, dass Menschen nicht mehr wissen, wozu sie da sind und warum leben“. Heutzutage gebe es „wahnsinnig viele verlockende Angebote. Das große Angebot Gottes, unsere Auferstehung mit Christus, die kann dabei leicht übersehen werden und in Vergessenheit geraten."

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Kardinal Woelki während des Ponfikalamts am Ostersonntag im Kölner Dom.

In seiner Predigt am Ostersonntag rückte der Kölner Erzbischof die Szene vor Augen, in der Maria von Magdala vor dem leeren Grab Jesu steht und weint, weil ihr mit seinem Tod „jede Zukunft entzogen worden ist". Noch weiß sie nicht, das er auferstanden ist. „Ein solcher Entzug von Zukunft, ohne die wir alle nicht leben können, macht die eigentliche Tragik des Lebens aus“, sagte Woelki. Doch dann stehe der Auferstandene vor der Frau und rufe sie bei ihrem Namen: „Maria.“ Im buchstäblichen Sinne namentlich beginne bei ihr der Osterglaube.

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Heute verhalte es sich nicht anders: „Persönlich beim Namen gerufen zu werden: Darin besteht das größte Geschenk, das der Osterglaube uns macht“. Geschehen sei dies „bei einem jeden von uns schon am Tag unserer Taufe. Die Taufe ist ja unser ganz persönliches Ostern.“ Sie sei „die sakramentale Teilhabe an diesem Hinübergang vom Tod zum Leben.“

Magdala als „erste Osterzeugin“

So wie Maria von Magdala als „erste Osterzeugin“ die Botschaft von Jesu Auferstehung verkündet habe, so komme an Ostern „auch für uns die Stunde der Verkündigung“ - nicht allein durch Worte. Die Christen seien „eingeladen, mit unserem Leben Zeugnis zu geben“ und die Liebe in den Mittelpunkt zustellen. „Die Liebe nämlich ist das deutlichste Erkennungszeichen von Ostern.“ Wie der auferstandene Christus rufe sie den Menschen bei seinem Namen; sie eröffne Zukunft, weil sie stärker sei als der Tod. „Den Menschen, die - wie Maria von Magdala - immer wieder Grund zum Weinen haben, dürfen wir diese tröstliche Botschaft überbringen, dass auch sie vom auferstandenen Herrn persönlich beim Namen gerufen sind, dass sie keine Nummer sind, sondern dass jeder einzigartig ist, von Gott geschaffen, geliebt, gekannt, gewollt, erwählt, erlöst.“

Osterpredigt von Stadtsuperintendent Bernhard Seiger

Als die Frauen, die zum Grab Jesu gingen, um seinen Leichnam zu salben, fragten sie sich bang: „Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür?“ Daran knüpfte Stadtsuperintendent Bernhard Seiger in seiner Predigt in der Osternacht in der Trinitatiskirche an: „Die Frage haben wir alle. Der tonnenschwere Stein der Pandemie lastet auf der Seele von Menschen.“ Von Kindern und Jugendlichen, die in der Corona-Krise psychische Störungen entwickelten, über Selbständige, deren berufliche Existenz auf dem Spiel stehe, bis zu alten, allein lebenden Menschen, die unter Isolation und Einsamkeit litten.

Am Eingang der Kirche hatte jeder Gottesdienstbesucher einen Kieselstein aus dem Rhein bekommen – als Symbol dafür, was es mit dem Felsbrocken vor dem Grab Jesu auf sich hat, den jene Frauen als Hindernis fürchteten, den sie bei ihrer Ankunft zu ihrer Überraschung aber weggewälzt sahen. Mit dem Kieselstein in ihrer Hand könnten die Gläubigen eigene Erfahrungen von Belastung verbinden, sagte Seiger.

Der Stein könne etwa für eine Krankheit stehen, für „die Verletzung von körperlichen und seelischen Grenzen, die Menschen erlebt und die sie oft Jahre und Jahrzehnte vor Augen und in sich haben“, für andere, die einem das Leben schwer machen, oder für „Schuld, die Menschen bewusst oder unbewusst auf sich geladen haben“.

Komplett wird das biblische Geschehen dadurch, dass die versperrende Last vor dem Grabeingang fortgerollt ist: „Damit hat Ostern angefangen: Einer hat den Stein weggeräumt. Einer hat dem Leben Luft gemacht. Einer hat eingegriffen in den Tod.“ Gott habe „Jesus herausgerufen aus dem Grab – ins Licht und mitten hinein ins Leben.“ Dank dieser höhere Kraft könne nichts verhindern, „dass Leben neu anfängt“, auch nicht „die Steine, die auf unserer Seele liegen oder auf der Seele anderer Menschen oder sonst wo. Nicht die Last des Virus oder des Streits oder der erlittenen Verletzungen“, sagte Seiger. „Ostern heißt: Gott nimmt uns die Last unserer Steine. Er macht lebendig und bringt in Bewegung.“