Der Cirque Bouffon gastiert bis zum 7. Januar am Brüsseler Platz. Der Artist Kristalleon spricht über seine Zirkuskunst und seine Anfänge bei Roncalli.
Kölner Artist vom Cirque BouffonWie Kristalleon die stillen Momente mitten im Rummel erschafft
Christoph Müller alias Kristalleon versteht sich selbst als Botschafter der leisen Töne. Seine Glasharfen-Performance fungiert bei Galas und in der Manege häufig als Ruhepol. Inmitten von Rummel und temporeichen Abendprogrammen sei es gar nicht so einfach, die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zu ziehen und eine absolute Stille herbeizuführen.
„Wenn ich nach dem Auftritt in die Garderobe zurückkehre, dann merke ich, dass sich die Geräusche zu vorher irgendwie verändert haben“, sagt der 67-Jährige. Die Gratwanderung sei, nur so lange zu spielen, dass die besondere Wirkung der Stille nicht verwirkt. Dafür müsse er die Bühne verlassen, wenn das Publikum eigentlich noch mehr will. „Die, die mich buchen, verstehen manchmal nicht, weshalb das Ganze nur zehn Minuten gehen soll.“
Kristalleon in der Weihnachtsshow des Cirque Bouffon
Wir treffen den Artisten am Brüsseler Platz, wo Müller derzeit beim Cirque Bouffon in Sankt Michael engagiert ist. „Das Besondere an der Kirche ist, dass ich nicht wie sonst die ganze Zeit von einem Scheinwerfer verfolgt werde. Dadurch kann ich in die Gesichter der Menschen blicken, was toll ist.“ Seine als Harlekin verkleidete Kunstfigur Kristalleon trägt einen Bauchladen, auf dem 18 mit Wasser befüllte, mundgeblasene Gläser in unterschiedlichen Größen platziert sind.
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Das bewegte Wasser im Glas bringt Kristalleon durch seine Finger zum Klingen. Die Verbindung aus zarten Klängen und dem Lichtspiel ist charakteristisch für seinen Auftritt. „Der Disco-Effekt ist der Hammer“, sagt Müller. Dafür verantwortlich sind Hunderte Spiegel, die der Artist eigenhändig in das feine Ziegenleder des Kostüms eingearbeitet hat.
Die Kunstfigur Kristalleon wurde im Kölner Circus Roncalli geboren
Kristalleon ist ein Kölner Zirkusgewächs. Sein Studium des Bühnenbilds und der Kunst an den Kölner Werkschulen hat er mit seiner Arbeit „Klangbrunnen“ im Zirkuswagen Mobileon abgeschlossen, die ihm den Weg zu seiner Glasharfenkunst geebnet hat: Aus fein regulierbaren Wasserhähnen tropfte Wasser auf kleine Pendel, die wiederum mundgeblasene Klang-Gläser anschlugen und zum Schwingen brachten.
Nachdem Müller jahrelang im Zirkuswagen durch Frankreich und die Pyrenäen gereist war, lernte er Ende der Achtzigerjahre Bernhard Paul vom Circus Roncalli kennen. Damals überwinterte der Zirkus auf dem ehemaligen Stollwerck-Gelände in der Südstadt. Er begann dort als Maler. „Aber den Zirkuswagen zu bemalen war mir nicht kommunikativ genug“, so Müller, der schnell den Traum entwickelte, selbst in der Manege zu stehen.
Paul ließ ihn auftreten: Kristalleon war geboren. Nach 35 Jahren hält ihn seine Nummer immer noch auf Trab, seine Requisiten sind so verpackt, dass er theoretisch auch auf Abruf auftreten könnte. Er, der sich selbst als rastlos und Getriebener beschreibt, findet seine Ruhe in seinem Zuhause in Rösrath. Er sei „zum Glück“ nicht mehr so viel im Ausland unterwegs wie früher.
Vielmehr als Artist begreift sich Müller als Erfinder. Wenn er nicht gerade auf einer Bühne steht oder bei seiner Frau im russischen Kaliningrad ist, baut er in seiner Werkstatt Lichtskulpturen. Sein aktuelles Projekt: eine Hommage an das Richter-Fenster im Dom. Mehr will er nicht verraten.
Schon als Kind voller Ideen
„Meine Mutter hat immer zu meinem Vater gesagt, der Christoph wird von Ideen geplagt. Bei den Messdienern in der Kirche war ich immer derjenige, der zappelig war“, so Müller. Man könnte meinen, das Karnevaleske müsste Christoph Müller besonders schätzen, taucht seine Figur des Harlekins doch auch im venezianischen Karneval auf.
In Venedig hat er in der Tat in den vergangenen 30 Jahren immer mal wieder beim Maskenball „Ballo del Doge“ mitgewirkt. „Doch der Karneval auf der Straße da ist nichts für mich. Meistens sind die Straßen voller Touristen. Auch sonst bin ich nicht so der Karnevalist. Auf den Veranstaltungen nehme ich die Energie mit, danach brauche ich das nicht mehr“, so Müller.
Im internationalen Ensemble von Zirkusdirektor Frédéric Zipperlin gehört er zu den älteren Mitgliedern. „Ich merke, dass ich das alte Zirkuspferd bin“, sagt Müller. „Aber ich bin erstaunt, dass sich Leute immer wieder neue Aspekte in der Artistik herauspicken, wie zum Beispiel Mikail Karahan am großen Cyr-Reifen. Die Komik, die er mit reinbringt, ist toll.“