Köln – Mit einer symbolischen Aktion hat die katholische Reforminitiative Maria 2.0 am Freitag dafür demonstriert, das Kölner Erzbistum solle das unter Verschluss gehaltene Gutachten zum Umgang der Bistumsleitung mit sexuellem Missbrauch veröffentlichen. Zwei Stunden lang stand auf dem Roncalliplatz vor dem Dom ein „Beichtmobil“.
Nach den Worten der Initiatorinnen gab es „den verantwortlichen Amtsträgern die Möglichkeit, sich zu ihrer Schuld zu bekennen“. Wie zu erwarten machte niemand von denen, die angesprochen waren, von dem Angebot Gebrauch. Doch im Vordergrund stand der Zweck, „eine breite Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren“.
Mehr als 500 Seiten umfassende Studie
Vor einer Woche hatte das Erzbistum überraschend mitgeteilt, das von Kardinal Rainer Woelki in Auftrag gegebene Gutachten der Münchner Rechtsanwaltskanzlei Westphal Spilker Wastl, das seit März zurückgehalten wurde, werde nicht veröffentlicht. Mit einer „vollständigen Neufassung“, die im kommenden März der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll, ist der Kölner Strafrechtsprofessor Björn Gercke beauftragt.
Den Schritt, die erste, mehr als 500 Seiten umfassende Studie zu verwerfen, begründete das Erzbistum mit gravierenden Mängeln und berief sich dabei auf ein Gegengutachten der Frankfurter Juraprofessoren Franz Streng und Matthias Jahn. In Woelkis Auftrag sollte die Münchner Kanzlei Hunderte Akten daraufhin untersuchen, ob das Handeln der damaligen Diözesanverantwortlichen im Einklang mit kirchlichem und staatlichem Recht stand, Ursachen und Verantwortliche etwaiger Verfehlungen benennen und zudem klären, inwieweit der Bistumsleitung vorzuwerfen ist, gegen das kirchliche Selbstverständnis verstoßen zu haben.
Initiative Maria 2.0 übt mit schroffen Worten Kritik
Die Initiative Maria 2.0 übt mit schroffen Worten Kritik. „Diese Kirche ist auch unsere Kirche, und wir schämen uns für Ihr Vorgehen“, heißt es in einem offen Brief an Woelki. „Zu offensichtlich ist die Tatsache, dass Sie mit der Nichtveröffentlichung des Gutachtens nicht die Betroffenen schützen, sondern die Täter und Vertuscher der Taten sexualisierter Gewalt im Erzbistum Köln.“ Es sei „ein weiterer Fall von Machtmissbrauch“.
Bernadette Rüggeberg, die mit knapp 20 Mitstreiterinnen von Maria 2.0 Rheinland auf dem Roncalliplatz stand, betonte, es gehe nicht nur um die juristische Aufarbeitung, sondern auch und vor allem um die moralische Dimension, darum, „dass endlich Schuld eingestanden wird“.
Am Samstag und Sonntag soll das „Beichtmobil“ von 11 bis 15 Uhr vor Woelkis Amts- und Wohnsitz, dem Erzbischöflichen Haus an der Kardinal-Frings-Straße, Station machen. „Im Schichtbetrieb“ würden dort „Beichtmütter“ zur Verfügung stehen, heißt es. Rüggeberg: „Es wäre großartig, wenn sich der Kardinal zum Gespräch bereiterklären würde.“