Der Kölner Runde Tisch für Integration kritisiert den EU-Asylkompromiss scharf. Er werde auch negative Folgen für Köln haben.
Kölner Initiative kritisiert schärferes Asylrecht„Rassistische Übergriffe, Hass und Hetze werden zunehmen“
Deutlich mehr in die Illegalität untergetauchte Menschen auch in Köln, eine städtische Ausländerbehörde, die weitaus öfter als bislang Amtshilfe bei Abschiebungen leisten müsse, weniger Ermessensspielräume für die Behörden beim Umgang mit Geflüchteten – und die Abschaffung des Rechtsanspruchs auf Asyl an den EU-Außengrenzen: In einer öffentlichen Erklärung hat sich der Kölner Runde Tisch für Integration scharf gegen das strengere Asylrecht gewandt, dass die Innenminister der EU jüngst beschlossen haben.
Durch die Asylrechtsreform soll die illegale Migration eingedämmt werden – zum Beispiel durch Asylverfahren an Europas Außengrenzen für Menschen, deren Anerkennungsquote unter 20 Prozent liegt. Abgelehnte Asylbewerber sollen in sogenannte sichere Drittstaaten abgeschoben werden können – zum Beispiel auch in das autokratisch regierte Tunesien, mit dem die EU ein Abkommen hierfür aushandeln will.
„Mit dem sogenannten EU-Asylkompromiss wird der individuelle Rechtsanspruch auf Asyl abgeschafft, der 1951 mit der Genfer Flüchtlingskonvention entstanden ist“, sagte Wolfgang Uellenberg von Dawen, Sprecher vom Runden Tisch, bei einem Pressegespräch am Montag in der evangelischen Nathanel-Kirche in Bilderstöckchen. „Die Konvention war eine Lehre aus der verfehlten Asylpolitik der demokratischen Staaten, als Hunderttausende verfolgte Jüdinnen und Juden vergeblich um Aufnahme baten und schutzlos der Mordmaschinerie des NS-Regimes ausgeliefert wurden.“
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„Geflüchtete werden weiter nach Deutschland kommen – allerdings auf weitaus gefährlicheren Wegen als bislang“, glaubt Claus-Ulrich Prölß, Geschäftsführer des Kölner Flüchtlingsrats. Die Kommunen würden „weiterhin belastet“, da die Schuldenbremse zu weiteren Kürzungen führen werde, „rassistische Übergriffe, Hass und Hetze werden weiter zunehmen“. Mit der Schließung der europäischen Außengrenzen könne das Erstarken von Nationalismus und Rechtspopulismus nicht erfolgreich bekämpft werden. „Das müsste durch Bildung und die Bekämpfung von Armut geschehen“, so Prölß.
Enorm steigen werde die Nachfrage nach Plätzen im Kirchenasyl, glaubt Reinhild Widdig, Pfarrerin der Nathanel-Gemeinde, die aktuell zwei von Abschiebung bedrohte Jesiden in ihrer Kirche beherbergt. Sollte die EU-Asylreform wie entworfen verabschiedet werden, könnten Geflüchtete nicht wie bislang 18 Monate lang in den Staat abgeschoben werden, in dem sie nach ihrer Flucht zuerst registriert wurden, sondern zwei Jahre. „Das wird dazu führen, dass unsere Plätze, für die es lange Wartelisten gibt, deutlich länger belegt sind als bislang schon.“
Die meisten Menschen im Kirchenasyl erhalten nach der Prüfung ihres Asylverfahrens eine Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland. Familien, Schwangere und von der Flucht traumatisierte Menschen in Länder wie Bulgarien, Rumänien oder Polen zurückzuführen, hält der Kölner Runde Tisch für menschenrechtsverletzend, da die Betroffenen dort oft inhaftiert und drangsaliert würden.
„Mit der EU-Asylrechtsreform wird das deutsche Asylrecht komplett überschrieben“, sagt Claus-Ulrich Prölß, „Klagen gegen Abschiebungen werden nur noch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte möglich sein, was schon heute sehr, sehr schwierig ist und de facto für die allermeisten Menschen nicht durchführbar sein wird.“ Die noch nicht verabschiedete Rechtsreform verstoße sowohl gegen Artikel 1, Absatz 3 des Grundgesetzes (Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden) als auch gegen die UN-Kinderrechtskonvention, wonach Kinder niemals inhaftiert werden dürfen. „Sie ist zynisch und perfide.“
Appell an die Stadt Köln und Oberbürgemeisterin Reker
Der Runde Tisch für Integration appelliert auch an die Stadt Köln und Oberbürgermeisterin Henriette Reker „ihren Einfluss geltend zu machen und sich gegen die verheerende Asylreform zu wenden“, so Prölß. Köln ist im Jahr 2019 dem kommunalen Bündnis „Städte Sicherer Hafen“ beigetreten und hatte sich bereit erklärt, mehr aus Seenot gerettete Menschen aufzunehmen als nach staatlichen Verteilungskriterien vorgesehen. „Die Stadt muss jetzt eine Botschaft aussenden – auch an den deutschen Städtetag, der die EU-Beschlüsse begrüßt hat.“