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Kölner Domplatte teilweise gesperrtWarum am Nordturm des Doms rosa Ketten verlegt werden

Lesezeit 4 Minuten
Rosa Ketten hängen am Nordturm des Doms.

Rosa Ketten hängen am Nordturm des Doms.

Am Nordturm wird der Bau eines neuen Hängegerüstes vorbereitet. Insgesamt wird die Sanierung an den Domtürmen unglaubliche 80 Jahre dauern.

An Sperrungen mangelt es nicht in Köln und es wird viel darüber gemeckert. Doch bei dieser Absperrung bleiben alle ganz gelassen. „Wenn es um den Dom geht, dann ist das in Ordnung“, sagt eine Passantin. Noch bis zum November ist die Domplatte vor dem Nordturm werktags von 7 bis 16 Uhr gesperrt. Fußgänger kommen nicht über die Treppe vom Bahnhof auf die Domplatte, sondern müssen die Trankgasse benutzen.

Farbe der Ketten am Dom ist Zeichen ihrer Stärke

Der Grund: Oben auf dem Nordturm wird gearbeitet. Wer genau hinschaut, sieht dort rosafarbene Ketten am Turmhelm hängen. Rosa seien sie nicht etwa, weil die Dombauhütte das schön finde, sagt der stellvertretende Dombaumeister Albert Distelrath und lacht. Die Ketten wurden vom Hersteller so geliefert und die Farbe steht für eine bestimmte Stärke der Glieder.

Diese Ketten müssen verlegt werden, später werden sie ein neues Hängegerüst halten.

Diese Ketten müssen verlegt werden, später werden sie ein neues Hängegerüst halten.

Um diese Schwerlastketten geht es derzeit bei den Arbeiten. Sie hielten auch das Hängegerüst an der Nordwest-Ecke an der Frontseite zur Domplatte hin, das im Oktober 2021 abgenommen wurde, nachdem die Arbeiten an dieser Ecke des Turms abgeschlossen waren.

Zehn Jahre lang war es dort angebracht und so mancher Tourist war nicht begeistert, dass die Konstruktion auf Fotos doch irgendwie die Harmonie störte. Nach der Abnahme wurde gejubelt, dass der Dom nun seit langem wieder frei von einem Gerüst sei – jedenfalls vorne.

Auf den Absperrgittern wird der Grund für die Sperrung erklärt.

Auf den Absperrgittern wird der Grund für die Sperrung erklärt.

Nun werden die Ketten und weitere Haltekonstruktionen an die Nordostecke – zum Bahnhof hin – verlegt, damit dort ein neues 30 Tonnen schweres Hängegerüst angebracht werden kann. Die Restaurierungsarbeiten werden 2027 starten und werden sich über acht bis zehn Jahre ziehen.

Es ist das vierte und letzte Gerüst am Nordturm – insgesamt werden die Arbeiten an allen vier Ecken dann rund 40 Jahre gedauert haben. Das erste Gerüst hing 1996 bis 2006 an der Südwestecke, das zweite 2002 bis 2013 an der Südostecke. Und damit ist nicht Schluss: Nach dem Nordturm ist der Südturm dran und auch hier rechnet man mit einer Restaurierungszeit von 40 Jahren.

Am Domturm kann nur im Frühjahr und Sommer gearbeitet werden

Auslöser für das 80-Jahre-Projekt war ein Steinschlag während eines schweren Sturmes im November 1984. Damals war ein 3,25 Meter hohes Element einer Turmfiale aus etwa 100 Metern Höhe abgestürzt und hatte schwere Schäden an den Seitenschiffdächern verursacht. Untersuchungen zeigten, dass die Schadensursache in der Verwendung von Messing- und Eisenarmierungen während der Turmvollendung in den 1870er-Jahren liegt.

Viele Messingelemente sind gebrochen und die Oxidation des Eisens führt zu Rostsprengungen, die den ansonsten hervorragend erhaltenen Sandstein zerstören. Die Metallelemente finden sich an den insgesamt acht gewaltigen Fialaufbauten an den Ecken beider Türme in einer Höhe zwischen 80 und 100 Metern.

Teilweise wurden bereits tonnenschwere Aufbauten durch den Rost um mehrere Millimeter angehoben. Da weitere Steinabstürze möglich sind, wird die Domplatte unterhalb der Türme seit Jahrzehnten bei Sturm abgesperrt. Und es muss gehandelt werden.

Blick in das Innere des Nordturms, in dem Baumaterialien gelagert sind.

Blick in das Innere des Nordturms, in dem Baumaterialien gelagert sind.

Doch warum dauert das so unglaublich lange? „Da kommen sehr viele Faktoren zusammen“, sagt Distelrath. Gearbeitet werden kann in der Höhe nur im Frühjahr und Sommer, ansonsten sind die Witterungsverhältnisse zu schlecht. Aber auch in dieser Zeit muss an windigen, gewittrigen oder regnerischen Tagen pausiert werden.

Das gesamte Material muss Stück für Stück zunächst mit dem Baustellenaufzug auf 45 Meter Höhe gebracht werden. Danach gibt es nur noch einen kleinen Drei-Personen-Aufzug, Bauteile müssen mit Seilwinden auf 100 Meter befördert zu werden.

Und die Fialaufbauten, die restauriert werden, sind riesig, auch wenn das von weit unten nicht so wirkt. „Sie sind 30 Meter hoch, das ist die Höhe eines durchschnittlichen Kirchturms“, sagt Distelrath. Die Steinmetze müssen in langwieriger Arbeit alle Anker und Dübel aus Messing und Eisen ausbauen und durch neue, nicht rostende Elemente aus Edelstahl ersetzen. Dazu müssen große Teile der Aufbauten auseinander genommen werden.

Außerdem werden insgesamt 32 monumentale Engelfiguren, die auf einer Höhe von etwa 75 Metern die beiden Türme umstehen, restauriert. Und das Gerüst wird auch genutzt, um von dort aus ausgewaschene Fugen zu schließen und die zahlreichen Sturm- und Kriegsschäden an den Türmen zu beseitigen.

Die Gelegenheit muss genutzt werden, auch wenn es Jahrzehnte braucht. In der Dom-Zeitrechnung sind 80 Jahre ohnehin nur eine kleine Episode.