Einblick in Kölner EM-LeitstelleSo lenken Uefa, Stadt und Polizei die Fanmassen durch die Stadt

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In der obersten Etage des Stadthauses an der Lanxess-Arena werden alle Einsätze rund um die Europameisterschaft gelenkt.

Das Spiel England gegen Slowenien im Rhein-Energie-Stadion am Dienstagabend wird erst in einer Stunde angepfiffen, aber Österreich hat soeben die Niederlande besiegt, und in der EM-Leitstelle im Deutzer Stadthaus richtet sich der Blick bereits auf den kommenden Sonntag. Dann steht das letzte Spiel der Fußball-Europameisterschaft in Köln an, und es könnte nochmal ein echtes Highlight werden: Spanien gegen die Niederlande. Darauf hofft man in der Leistelle.

Köln: Heatmap zeigt, wie sich die Fanmassen in der Stadt bewegen

„Das wäre eine echte Herausforderung, allein wegen der Masse, aber es wäre der krönende Abschluss“, sagt Sebastian Lange, Mitglied der Einsatzzentrale HCOC. Die Holländer bilden nach den Schotten und den Engländern die drittgrößte Fangruppe bei dieser EM, zuletzt tauchten sie Leipzig und Berlin beeindruckend in orange. Erst am Mittwoch steht dann fest: Es wird doch nicht die Niederlande, stattdessen spielt Spanien in Köln gegen den Drittplatzierten der Gruppen E oder F.  

Das Host City Operation Centre (HCOC) im Stadthaus ist die gemeinsame EM-Leitstelle von Stadt, Polizei, KVB und Uefa.

Das Host City Operation Centre (HCOC) im Stadthaus ist die gemeinsame EM-Leitstelle von Stadt, Polizei, KVB und Uefa.

HCOC steht für Host City Operation Centre. Es ist das Koordinierungsgremium von Stadt, Polizei, Uefa und KVB. Während der Europameisterschaft triff sich die Runde täglich in der obersten Etage des Stadthauses an der Lanxess-Arena, 16. Stockwerk, hoch über den Dächern. Inmitten von kleinen und großen Monitoren, Leinwänden, Laptops und Telefonen sitzen Vertreter und Vertreterinnen der Landespolizei, der Bundespolizei sowie von Ordnungsamt, Sportamt, Feuerwehr, Uefa und Kölner Verkehrsbetrieben zusammen.

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Karsten Fokuhl (l.) vom Ordnungsamt und Alexander Frey vom Sportamt leiten die Kölner Einsatzzentrale von Stadt, Polizei und Uefa während der EM.

Karsten Fokuhl (l.) vom Ordnungsamt und Alexander Frey vom Sportamt leiten die Kölner Einsatzzentrale von Stadt, Polizei und Uefa während der EM.

Daneben gibt es weitere behördeninterne Einsatzstäbe etwa im Polizeipräsidium in Kalk oder in der Hauptfeuerwache in Weidenpesch, aber das HCOC in Deutz ist das Herz des EM-Einsatzes. Hier fließen alle Informationen zusammen. Hier wird zum Beispiel entschieden, wann und wo bei drohender Überfüllung welche Straßen gesperrt werden oder ob weitere Fan-Zonen zur Entlastung geöffnet werden müssen.

19.30 Uhr, Lagebesprechung. Die Leiter Karsten Fokuhl vom Ordnungsamt und Alexander Frey vom Sportamt sprechen von einer „ruhigen Gesamtlage“ in der Stadt. Der Vertreter der  Polizei meldet, beide Mannschaften und die Schiedsrichter seien soeben im Stadion eingetroffen. Die KVB spricht von Problemen auf der Linie 1 Höhe Melaten: Fans würden die Notbremsen ziehen, weshalb schon mehrfach Techniker ausrücken mussten.

Dichtes Gedränge an der Haltestelle Heumarkt, als englische und slowenische Fans am spätem Nachmittag ins Stadion aufbrechen.

Dichtes Gedränge an der Haltestelle Heumarkt, als englische und slowenische Fans am spätem Nachmittag ins Stadion aufbrechen.

Insgesamt sind deutlich weniger englische Fans nach Köln gekommen als erwartet, etwa 30.000 bis 40.000. Die meisten haben Tickets fürs Stadion und sind spät dran. Viele drängen sich auch eineinhalb Stunden vor Anpfiff noch an der KVB-Haltestelle Heumarkt und warten auf die Züge zum Stadion. Die KVB hat nochmal ein paar Sonderbahnen extra losgeschickt.

Köln: Uefa-Beobachter fotografieren illegale Straßenhändler

Auf einer Riesenleinwand in der Leitstelle werden Livebilder von 36 Kameras übertragen, die für die EM-Spieltage an neuralgischen Punkten in der Stadt aufgehängt wurden. Eine so genannte Heatmap zeigt, wo sich die Fanmassen aktuell  bewegen: Das Rhein-Energie-Stadion ist zwei Stunden vor dem Anpfiff rot gefärbt, hier herrscht viel Betrieb, die Aachener Straße bis zum Heumarkt ist  gelb und blau unterlegt, das bedeutet: Viele Fans sitzen und stehen noch in den Bahnen.

Das Tracking ist möglich, weil jeder Stadionbesucher sein Ticket digital in einer Uefa-App dabei hat und viele der Ortung zugestimmt haben. Am späten Nachmittag etwa, als sich immer noch tausende „Ticket-Holder“ in der Altstadt aufhalten und keine Anstalten machen aufzubrechen, schickt eine Uefa-Mitarbeiterin des HCOC ihnen via App eine Push-Nachricht mit der Anregung, sich jetzt allmählich zum Stadion aufzumachen.

Und auch darum kümmert sich die Uefa: Beobachter sind in der Stadt und am Stadion unterwegs und schicken Handyfotos und Live-Standorte ins HCOC von Menschen, die offenbar ohne Konzession Getränke oder Fanschals verkaufen –  mit der Bitte, das Ordnungsamt hinzuschicken, um die Ware zu konfiszieren und Bußgelder zu schreiben. Auch eine Mutter, die mit ihren kleinen Kindern Getränke vor einem Wohnhaus an vorüberziehende Fans verteilt oder verkauft – das wird aus dem Foto der Uefa-Fahnder nicht ganz ersichtlich – gerät so ins Visier der Verbands-Kontrolleure.

Um 0.15 Uhr ist die Arbeit im HCOC beendet. Es blieb dabei: ruhige Lage, keine besonderen Vorkommnisse – das gilt für den gesamten bisherigen Turnierverlauf in Köln. 

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