Arnold Dircks wohnt am Deutzer Ufer in einem Haus, das jeder Kölner kennt.
Wohnen direkt am RheinEx-Karnevalsprinz hat jeden Tag einen Postkartenblick auf Köln
„Wenn die Fahne weht, bin ich da. Das ist mein Zeichen“, sagt Arnold Dircks. Er steht auf seinem Balkon am Deutzer Rheinufer, von dem er das ganze Rheinpanorama von der Hohenzollernbrücke bis zum Süd-Ende des Rheinauhafens sehen kann. Postkartenblick. Die Fahne weht meistens – denn Dircks liebt seine Wohnung. Seine Gäste tun das auch. „Selbst Leute, die in Köln wirklich schon alles kennen, kommen hier aus dem Staunen nicht mehr raus.“ Und wenn er mit Freunden in der Stadt unterwegs ist, heißt es zum Schluss meistens: „Ach, lass uns doch bei Dir noch was trinken. Der Blick ist so schön.“
Arnold Dircks wohnt in dem kleinen Gebäude vor dem Lanxess-Hochhaus – früher Lufthansa-Hochhaus – direkt neben der Deutzer Brücke. Adresse: Kennedy-Ufer 1, unten das griechische Restaurant Oasis und das Brauhaus Kaiser Konstantin, darüber Wohnungen, gekrönt von sechs Spitzgiebeln. „Die sollen die Giebel der Altstadt-Häuschen am Rheinufer widerspiegeln“, sagt Dircks.
Seit er vor acht Jahren hier eingezogen ist, hat er sich viel mit der Geschichte des Hauses beschäftigt, das zwar Millionen von Menschen kennen, aber nur sehr wenige je von innen gesehen haben. Der Wechsel hierher war krass. Dircks lebte zuvor mit seiner Familie auf einem Gartengrundstück im beschaulichen Deckstein. Irgendwann waren die Kinder aus dem Haus. „Da habe ich mich gefragt, ob ich denn bis zum Ende meiner Tage zwei Rotkehlchen und ein Eichhörnchen beobachten will.“
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Das wollte er nicht und entdeckte durch Zufall eine Anzeige für eine Wohnung im Deutzer Haus. Nach der Besichtigung habe er gedacht: „Die ist mir zu klein, aber hier muss ich hin.“ Durch Zufall erfuhr er dann, dass die – wie er findet – schönste Wohnung des Komplexes frei wurde, weil die alte Dame, die hier 30 Jahre lebte, verstarb. Schon damals habe er gelernt: „Dieses Haus verlässt man nur mit den Füßen voraus. Vorher geht hier keiner freiwillig. Das wird bei mir wohl auch so sein.“ Mit seinen 67 Jahren ist Dircks der Benjamin unter den Mietern, die ein sehr gutes Verhältnis zueinander hätten.
Auf seinem Balkon beobachtet er am liebsten den Betrieb auf dem Wasser. Ausflugsboote, große Schlepper, die Wasserschutzpolizei, Kanuten, kleine Rennboote. „Als vor kurzem das U-Boot vorbeigefahren wurde, bin ich extra früher aufgestanden, um das zu sehen.“ Die Schiffe höre man kaum. „Es gibt ja kaum noch Dieselmotoren. Wenn ich mal das typische altmodische Tuck-Tuck-Geräusch höre, dann laufe ich schnell auf den Balkon, um zu gucken, was das für ein Schiff ist.“
Bei „Rhein in Flammen“ waren 100 Gäste in der Wohnung
Bei „Rhein in Flammen“ hat er den unbezahlbaren Überblick, beim letzten Mal bewirtete er 100 Gäste. „Hoffentlich findet es 2024 endlich wieder statt.“ Ganz traurig sei es für ihn gewesen, als der Dom einige Zeit nicht angestrahlt wurde. „Da fehlte wirklich etwas.“ Aber auch der Rhein selbst biete immer neue Schauspiele. Bei stärkerem Wind könne man ganz klar die Fließrichtung erkennen. Manchmal sei das Wasser aber auch so still wie ein See.
Dircks wohnt auf drei Ebenen, selbst aus der Küche und der Badewanne hat er den direkten Blick auf den Dom. Die Wohnungen waren ursprünglich für die Vorstände der Lufthansa gedacht. Die Fluglinie hatte das Gebäude und das Hochhaus dahinter als Hauptverwaltungssitz 1969/70 neu bauen lassen. Eine wahrhaftig exponierte Wohnlage für Chefs. Die Lufthansa zog 2007 aus, 2013 kam dafür die Lanxess AG. Das Wohngebäude ist sehr tief, sodass hier überraschend viele Einheiten Platz fanden. Auf den zwei Etagen gehen zahlreiche Türen ab. Allerdings: Etwa die Hälfte führt dabei lediglich zu Lagerräumen. „Denn wegen der Hochwassergefahr haben wir hier keine Keller.“
Zuvor befanden sich auf dem Grundstück die 1920 eröffneten „Sünner-Terrassen“, ein beliebtes Ausflugslokal. Die Sünner-Brauerei hatte ganz vorn auf der Deutzer Freiheit ihr Stammhaus, das jedoch im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. „Ältere Leute sagen noch ‚Sünner-Terrassen‘ zu dem Bereich.“
Arnold Dircks war 1992 Prinz Karneval
Arnold Dircks ist in der Stadt auf verschiedenste Weise verwurzelt. Er war 1992 Prinz Karneval, war im Immobiliengeschäft tätig, hatte einen Herrenbekleidungshandel und eine Friedhofsgärtnerei an Melaten. Seine Umgebung beobachtet er genau – ohne Mühe, denn er hat ja alles im Blick. Zum Beispiel die Baufortschritte an der Kragplatte der Rheinuferpromenade gegenüber, durch die nun sehr lange ein schönes Flanieren nicht möglich ist. „Da arbeiten aber immer Handwerker, das geht voran“, lobt er.
Gestutzt werden müssten seiner Meinung nach aber dringend die Bäume im Rheingarten, weil sie das Museum Ludwig und die Restaurants in der ersten Reihe verdeckten. „Das ‚Krützche‘ kann man ja überhaupt nicht mehr sehen.“ Rechts vom Balkon befindet sich eine weitere Baustelle. Vor einigen Jahren waren hier bei den Vorarbeiten zum Bau des Rheinboulevards die Fundamente der Kirche St. Urban aus dem 9. Jahrhundert entdeckt worden – und nach Erforschung wieder zugeschüttet worden. Die Umrisse der Kirche sind oberirdisch nachgemauert worden und werden derzeit mit Kupfer ummantelt. Die Materialwahl findet Dircks allerdings nicht gelungen – Kupfer setzt schnell Grünspan an. Und die ersten Platten wurden auch schon von Metalldieben geklaut. Dabei soll doch alles proper sein. „Man sitzt ja hier mit dem Po auf dem Weltkulturerbe Kastell Divitia Deutz.“
Er hat live miterlebt, wie der Rheinboulevard mit den großen Treppen angenommen wurde. „Klar, am Anfang gab es da einige Konflikte, besonders das Shisha-Rauchen hat hässliche Spuren auf den Stufen hinterlassen.“ Inzwischen ginge aber alles recht friedlich zu. „Ein paar Krakeeler gibt es überall.“
Arnold Dircks ist viel mit dem Rad oder zu Fuß auf der Promenade unterwegs. „Hier ist man absolut zentral. Morgens ist immer nur die Frage: Gehe ich über die Deutzer Brücke oder über die Hohenzollernbrücke rüber?“ Aber eigentlich reiche es auch völlig, im Rechtsrheinischen zu bleiben und sich den Trubel aus der Ferne anzugucken. Dircks hat schon unzählige instagram-taugliche Fotos von Sonnenuntergängen gemacht. Und es kommen immer wieder neue hinzu. „Im Winter geht die Sonne hinter der Handwerkskammer unter, jetzt direkt hinter Mariä Himmelfahrt.“ Kölsche Zeitrechnung.