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Kommentar zu MietenGentrifizierungs-Verlierer sind Kölner mit Durchschnitts-Einkommen

Lesezeit 2 Minuten
Severinstraße HEINEKAMP

Die Severinstraße in der Südstadt

Köln – Was für ein Dilemma: Da wird Mietern mit einem behinderten Sohn die Wohnung im EG gekündigt wegen Eigenbedarfs. Der neue Eigentümer hat selber Familienmitglieder mit Beeinträchtigungen, die nun dort einziehen sollen. Eine Verdrängung der besonders tragischen Art. Aber Hand aufs Herz: Was würden Sie tun? Sie haben das nötige Kleingeld und können sich Ihren Wohntraum in Köln erfüllen – auch wenn das bedeutet, dass andere dafür ihre Wohnung verlieren und im gewohnten Veedel keine vergleichbare mehr finden werden.

Und auch, wenn Sie niemanden aus seiner Wohnung verdrängen: Kaufen Sie, weil Sie es können? Oder rebellieren Sie gegen die Gesetze eines Wohnungsmarkts, der nicht nur in Köln komplett Maß und Mitte verloren hat?

Verlierer der Gentrifizierung, die nur noch gut Betuchten Zugang zum Wohnungsmarkt ermöglicht, sind vor allem Menschen mit durchschnittlichen Einkommen, die in Wohnungen wie etwa auf dem Stollwerck-Gelände, danke einer Sozialbindung jahrelang auskömmlich leben konnten. Sie finden nach einer Kündigung keinen vergleichbaren Ersatz mehr, zumindest nicht in der linksrheinischen Innenstadt.

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Was bleibt den Nicht-Erben?

Profitieren tut auf der anderen Seite auch eine Erben-Generation, die für Häuser oder Wohnungen, die seit Jahrzehnten nicht renoviert wurden und nun mal zufällig in Ehrenfeld oder Sülz stehen, bei einem Verkauf enorme Summen fordern können. Von denen, mit dem nötigen Kleingeld.

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Noch einmal: Würden Sie der Versuchung widerstehen, das Maximum rauszuholen? Und was tun die Nicht-Erben? Resignieren und ins Oberbergische ziehen? Oder hoffen, dass Wohnungsbaugesellschaften, sozial eingestellte Eigentümer, die Erhaltungssatzung oder Kollektive, wie Mietergenossenschaften, die in Eigenregie Grundstück e erwerben und bebauen wollen, Lösungen bieten können. Doch dafür braucht es auch die Stadt, die ihre Verantwortung ernst nimmt für den Bau von neuen Wohnungen und Grundstücke zur Verfügung stellt, auf denen kostenvernünftig gebaut werden kann. Doch die Stadt steht in direkter Konkurrenz zu kaufkräftigen Investoren, die der öffentlichen Hand nicht freiwillig den Vortritt lassen. Tatsache ist längst: Viele Kölner haben keine Wahl mehr. Der Kampf um bezahlbaren Wohnraum wird für viele von ihnen zum Rückzugsgefecht. Und: Er kann für jeden von uns zur Gewissensfrage werden.