Samuel Obode, Betreiber der Bar „African Drum“ hat vergeblich gehofft, dass am Ebertplatz endlich Ruhe herrscht.
Rassismuserfahrung auf der einen und Probleme mit Drogendealern auf der anderen gehören für ihn zum Alltag.
Trotzdem will er die Polizei weiter unterstützen, für Recht und Ordnung zu sorgen. Er träumt davon, davon, nach Corona endlich wieder mit seinen Gästen ausgelassen durch die Nacht zu tanzen.
Köln-Innenstadt – Es ist ein schwieriger Sommer für Samuel Obode. Schon wieder. Der Betreiber des Lokals „African Drum“ schaut von seinem Lokal in der Ebertplatz-Passage aus auf den sprudelnden Brunnen. Andere würden sich vom Schicksal verfolgt fühlen, irgendwie vom Leben ungerecht behandelt. Aber der 60-Jährige, den in Köln alle nur Sammy nennen, beklagt sich nicht. Jammern ist seine Sache nicht. Eher so was zwischen radikaler Akzeptanz und Gelassenheit: Aufstehen, Krönchen richten, weiter machen.
Als ob die Corona-Krise mit ihren Beschränkungen für ihn, in dessen Bar in Vor-Corona-Zeiten bis tief in die Nacht Kölner und afrikanische Community zum gemeinsamen Tanzen kamen, nicht schon existenzbedrohend genug wären. Der 60-Jährige, geboren in einem kleinen Dorf in Benin, lebt seit fast 30 Jahren in Köln und ist seit vielen Jahren deutscher Staatsbürger. Er versucht, aufs Beste zwischen diesen beiden so unterschiedlichen Welten zu jonglieren und Brückenbauer zu sein.
Dass seit diesem Sommer mit dem Tod von George Floyd in den USA und der Bewegung „Black Lives matter“ auch in Deutschland auf Alltagsrassismus gerichtet ist, findet er gut und wichtig. Ebenso wie die Demos in Köln und anderen Städten. Klar kennt er das auch selber: „Die Frau, die sich wegsetzt, wenn ich mich in der Bahn neben sie setze. Sowas halt.“ Aber damit hält Obode sich nicht lange auf. „Die hat doch ein Problem mit ihrer Haltung. Nicht ich.“ Eine dicke Haut hat er sich zugelegt, an der das abprallt. Da betont er doch lieber, wie viele tolle Freunde er in Köln hat, für die das alles kein Thema ist.
Viel wichtiger ist es für ihn, gegen Klischees anzuarbeiten. Stolz ist er darauf, dass „einige Kölner Polizisten meine Freunde sind“. Denn als Betreiber von African Drum hat er immer wieder die Polizei informiert, wenn er Drogenhandel beobachtet hat. Dann rief er die Beamten und zeigte auch die Verstecke, sagte immer wieder auch als Zeuge vor dem Kölner Amtsgericht aus. Für ihn ist das nicht ohne Risiko, wie er schon mehrfach erfahren hat. Nicht zuletzt als ihn eine Gruppe deutscher Dealer in der U-Bahn zusammengeschlagen hat.
In Benin hat er sechs Jahre als Lehrer für Mathematik und Chemie gearbeitet, bevor er zum Aufbaustudium nach Europa ging – unter anderem um „Human Behaviour“ zu studieren. Auch wenn er das nicht zu Ende brachte: Gerade die Psychologie kam ihm zugute. Bevor er sich in Köln seinen Traum von einem Restaurant und einer Tanzbar verwirklichte, war Obode ein gefragter Ladendetektive bei verschiedenen Kölner Discountern. „Ich hatte immer von allen Kollegen die beste Quote beim Erwischen von Ladendieben“, sagt er nicht ohne Stolz. „Wenn jemand was im Schilde führte, habe ich das sofort gespürt und dann die Fährte aufgenommen.“ Dass sich alle an Regeln halten, das findet er wichtig.
Innenminister Reul besucht Ebertplatz in Köln
Recht und Ordnung, das ist für ihn so etwas wie eine Mission. Deshalb hat es ihn auch persönlich so gekränkt, als nach den Vorfällen vor einem Jahr NRW-Innenminister Herbert Reul ohne Kenntnis der Umstände aus dem fernen Düsseldorf die Schließung der Bar ins Gespräch brachte. Dass der Minister einen Monat später bei einem Besuch in Köln tatsächlich hier runter zu ihm in die Passage an seine Bar kam, um ihn kennen zulernen und sich zu entschuldigen, das bedeutet ihm bis heute unglaublich viel: „Ich habe riesigen Respekt vor dieser Geste. Großartig. Ein toller Mann.“ Das hat ihn mit allem versöhnt.
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Manche aus der afrikanischen Community könnten das nicht wirklich nachvollziehen, dass er mit der Polizei zusammenarbeitet, sagt er. Für sie habe das etwas Unsolidarisches, das ihnen irgendwie zu deutsch vorkomme. „Deutschland ist doch nicht dein Vaterland“, sagen die dann. Auf der anderen Seite versucht er um Verständnis zu werben für das Mentalitätsproblem: Die Unterschiede zwischen der Polizei in afrikanischen Staaten und hier in Deutschland seien einfach riesig: „In meiner Heimat greift die Polizei hart, manchmal brutal durch. Wenn du dich korrekt verhältst, dann landest du im Gefängnis. Da ist oft ganz viel Willkür dabei. Und dann kommen die Jungs hier nach Deutschland, werden beim Dealen erwischt. Die Polizei schreibt ihre Namen auf, erstattet Anzeige und fährt dann wieder ab. „Wie sollen die das verstehen oder die Polizei hier ernst nehmen?“
Seit im vergangenen Jahr die Videoanlage am Eingang der Passage vor seinem Restaurant installiert ist, war sein Leben eigentlich ruhiger geworden. Die Dealer treiben ihre Geschäfte seither tiefer in der Passage oder auf den Rolltreppen, wo sie von der Kamera nicht erfasst werden. „Ich wurde damit nicht mehr konfrontiert und hatte endlich meine Ruhe.“ Bis zum vergangenen Wochenende, als ihn das alles wieder eingeholt hat.
Bis die Bauarbeiten an der Ebertplatz-Passage dann irgendwann doch losgehen, will er das African Drum betreiben. Eigentlich habe er nur noch einen Traum: Endlich Corona hinter sich lassen und wieder ausgelassen mit seinen Gästen bis in den Morgen tanzen können. Und dann, wenn wenn die Bagger anrollen, „dann freue ich mich darauf, in Rente zu gehen.“