Das Großprojekt in der Kölner Innenstadt soll drastisch teurer werden als bislang geplant. Das befeuert die Diskussion über einen Abriss des mehr als 40 Jahre alten Gebäudes.
Bauprojekt am NeumarktKostenexplosion – So teuer wird die Sanierung der Kölner Zentralbibliothek
Der Stadtrat soll im Mai beschließen, ob die Zentralbibliothek am Neumarkt saniert oder abgerissen wird – eine Grundlage für die Entscheidung soll ein Vergleich der Kosten sein. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ liegen verwaltungsintern bereits Zahlen vor. Wie zu erfahren war, soll die Sanierung demnach rund 140 Millionen Euro kosten, bislang war von rund 81 Millionen Euro die Rede – das bedeutet eine Kostensteigerung um 73 Prozent.
Angesichts der Kostenexplosion ist aus der Verwaltung zu hören: „Das sind ganz andere Summen, über die wir jetzt sprechen.“ Dem Vernehmen nach soll sich die Verwaltungsspitze nächste Woche mit dem Großbauprojekt beschäftigen. Es ist davon auszugehen, dass das Gremium dem Rat für seine Entscheidung am 16. Mai eine Variante vorlegt, die die Stadtverwaltung bevorzugt. Welche das ist, soll noch offen sein.
Dass das Großprojekt in der Innenstadt teurer werden würde, war grundsätzlich abzusehen, da die bisherige Kostenprognose bereits fast zwei Jahre alt ist. Die generell gestiegenen Baukosten als Folge der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs waren darin nicht enthalten. Doch das alleine reicht als Erklärung für den drastischen Sprung nicht aus.
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Ein entscheidender Grund dürfte sein, dass die städtische Gebäudewirtschaft einen Generalunternehmer mit der Modernisierung beauftragen will, der somit auch die Risiken übernehmen würde, die bei einem Bauprojekt dieser Art unweigerlich entstehen. Die Sanierung eines 40 Jahre alten Gebäudes ist zwar möglich, vor möglichen Unwägbarkeiten, die während der Bauarbeiten auftreten, ist allerdings niemand gefeit.
Die bei einer statischen Untersuchung im Gebäude am Neumarkt entdeckten Schäden und Risse, die vor Kurzem bekannt wurden, gefährden nicht die Standsicherheit. Wie zu erfahren war, sollen zwar in regelmäßigen Abständen Begehungen und Sichtkontrollen notwendig sein, um festgestellte Mängel für die Standsicherheit frühzeitig beseitigen zu können. Die vorhandenen Schäden sollen aber in der aktuellen Sanierungsplanung bereits berücksichtigt worden sein.
Werden die Kölner Grünen ihre Haltung ändern?
Die politischen Fraktionen im Stadtrat stellt die neue Kostensteigerung vor die Frage, ob sie trotzdem an ihrem Sanierungsbeschluss aus dem September 2018 festhalten wollen. Sind 140 Millionen Euro im Vergleich zu den bislang veranschlagten 81,5 Millionen Euro derart viel teurer, dass beispielsweise die Grünen ihre Haltung ändern? Und ist es das Gebäude von 1979 tatsächlich wert, für 140 Millionen Euro saniert zu werden?
Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin hatte zuletzt gesagt: „Aus aktueller Sicht sehen wir keinen Grund am getroffenen Sanierungsbeschluss für die Zentralbibliothek zu rütteln.“ Die CDU hat sich bereits mehrfach deutlich für einen Abriss der Zentralbibliothek stark gemacht, die FDP zeigte sich einer Sanierung gegenüber ebenfalls skeptisch. „Sobald man anfängt, da die Wände aufzustemmen, werden wir von einer Ohnmacht in die nächste fallen“, sagte etwa Fraktionschef Ralph Sterck. Die SPD lehnt einen Abriss ab, es sei denn, es gebe belastbare Erkenntnisse, die einer Sanierung entgegenstehen würden. Die Linke will ebenfalls an der Sanierung festhalten.
Doch was passiert, falls die Politik die seit Jahren geplante Sanierung tatsächlich noch kippen sollte? Ein Neubau an selber Stelle wäre eine Option, doch wäre es aufgrund der Beschaffenheit des Grundstücks – unter dem sich der Stadtbahntunnel befindet – wohl kaum möglich, dort etwas völlig Neues ohne Probleme hinzubauen.
Bibliothek auf vier Standorte in Köln verteilt
Bliebe nur ein völlig neuer Standort – dafür fehlt es in der Innenstadt jedoch an geeigneten Grundstücken. Denkbar wäre eine dauerhafte Nutzung des für die Zeit der Sanierung angemietete Geschäftshaus an der Hohe Straße. Doch das würde für die Stadtbibliothek einen herben Rückschlag bedeuten statt eine Verbesserung.
Dort und an drei weiteren Standorten stehen dem Vernehmen nach lediglich 8000 Quadratmeter zur Verfügung gegenüber 11.500 Quadratmetern am Neumarkt. Der deutlich geringere Raum würde ein modernes Bibliothekskonzept – wie es nach der Sanierung am Neumarkt entstehen soll – kaum zulassen. Hinzu kommt, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zwischen vier Standorten hin und her wechseln müssten.
Die eigentliche Bibliothek soll in einem Geschäftshaus in der Hohe Straße unterkommen, die Verwaltung in der 700 Meter entfernten Richmodstraße, das Magazin im Gebäude des Ordnungsdienstes an der Aachener Straße in Junkersdorf und die Spezialbibliothek zur Geschichte des deutschsprachigen Judentums im Historischen Archiv am Eifelwall.
Die Mietkosten liegen dem Vernehmen nach bei insgesamt bei 3,6 Millionen Euro pro Jahr. Für die Sanierung rechnet die Gebäudewirtschaft mit Kosten in Höhe von 6,6 Millionen Euro – allerdings lassen sich beide Summe nicht gut vergleichen, da sich Mietkosten im Gegensatz zu Baukosten nicht abschreiben lassen.