Nach mehr als 35 Jahren ist Schluss. Das Sternerestaurant „Le Moissonnier“ schließt im Sommer. Besucherinnen erinnern sich.
„Völlig schräge Kreationen“Kölner Spitzenrestaurant schließt – Das sind die schönsten Anekdoten aus dem „Le Moissonnier“
Die Nachricht war ein Schock für die Kölner Gourmet-Szene: Das Sternerestaurant „Le Moissonnier“ im Agnesviertel wird im Sommer 2023 seinen Betrieb einstellen. Dabei ist der Umsatz aktuell besser denn je.
Für viele Feinschmeckerinnen und Feinschmecker fällt somit eine echte Institution am Kölner Gastro-Himmel weg. Vincent und Liliane Moissonnier haben das Restaurant, das zwei Michelin-Sterne hat, 35 Jahre geleitet und waren immer eine erstklassige Anlaufstelle für qualitativ hochwertiges Essen und Trinken.
Wehmut ist auch das vorherrschende Gefühl bei der Kölner Autorin Gabriella Christ. „Das Moissonnier war immer schon irgendwie anders“, erzählt sie dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Vor 36 Jahren sei sie zum ersten Mal dort und sofort begeistert gewesen. Es sei „Liebe auf den ersten Blick“ gewesen. „Man konnte auch einfach nur vorbeikommen, um einen guten Wein zu trinken und ein bisschen Käse zu essen“, erzählt Christ weiter. Besonders gerne erinnere sie sich an die Tarte de Jour.
Alles zum Thema Vincent Moissonnier
- Personalnot, Lieferdienste, Homeoffice Immer mehr Kölner Restaurants schaffen den Mittagstisch ab
- Von Brasserie bis Sterne-Restaurant In diesen 11 französischen Lokalen in Köln ist es besonders lecker
- werden bestraft Sterne-Gastronom Vincent Moissonnier erklärt, wie Sie richtig einladen
- „Michelin“-Auszeichnung Stern für ein Kölner Bistro, das gar keinen wollte – Ein Klassiker verliert seinen Stern
- Satirischer Wochenrückblick Warum Stapelstühle und Bistrotische vor dem Le Moissonnier helfen könnten
- Carsten Henn zu Guide Michelin 2024 „Welche Gaumenblinden testeten eigentlich bei Michelin im Rheinland?“
- Michelin-Sterne 2024 Köln bekommt einen neuen Stern und verliert einen
Erfahrungen aus dem „Le Moissonnier“ in Köln: „Völlig schräge Kreationen“
Gabriella Christ sei schon in vielen Sterne-Restaurants gewesen und sagt: „Ohne arrogant klingen zu wollen, aber irgendwann wird es langweilig. Das ist im Moissonnier anders.“ Dort gebe es teilweise „völlig schräge Kreationen“, die einen immer wieder überraschen. Manchmal wollte sie sogar in die Küche gehen und fragen: „Habt ihr eigentlich einen Knall?“ Enttäuscht wurde Christ bislang allerdings nie.
Das liegt wahrscheinlich auch an den Anekdoten, die Christ über das „Moissonnier“ erzählen kann: „Einmal waren wir mit vier Freundinnen dort, um einen Geburtstag zu feiern. Eine meiner Freundinnen, Marion, entschied sich für den Fisch des Tages, es gab Stör. Jeder durfte mal beim anderen probieren und der Stör war einfach sensationell. Marion hat leider wenig von ihrem eigenen Gericht abbekommen. Als der Chef sie nach dem Essen fragte, ob es ihr geschmeckt habe, antwortete Marion: ‚Das weiß ich nicht so recht. Ich habe von meinem Essen kaum was probiert.‘“ Also sei Vincent Moissonnier sofort in die Küche gerannt und habe Marion eine weitere, kleinere Portion des Störs gebracht und gesagt: „Ich bleibe so lange am Tisch stehen, bis sie alles aufgegessen haben. Und ihre Freundinnen kriegen diesmal nichts.“
Ihre Erinnerungen an das „Le Moissonnier“ seien so vielfältig, dass sie damit Bücher damit füllen könne, sagt Gabriella Christ. Und auch schon gefüllt hat. In ihrem neuesten Buch („Fuck my brain?“, es handelt vom Dating und soll im Sommer 2023 erscheinen) hat sie dem „Le Moissonnier“ ein eigenes Kapitel mit dem Namen „Dem Genuss verfallen“ gewidmet.
Denn das Spitzenrestaurant eignet sich natürlich auch hervorragend als Ort für Verliebte oder Fast-Verliebte. Davon erzählt auch Stefanie Hartmann dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. 20 Jahre ist es her, als sie mit ihrem heutigen Mann das „Moissonnier“ besuchte. Ihr erster Ausflug in die Sterneküche. „Mein heutiger Mann hat damals all sein Geld zur Seite gelegt, um mit mir dort essen zu gehen. Wir waren in der Ausbildung beziehungsweise haben studiert und hatten eigentlich kein Geld für Spitzengastronomie“, erzählt Hartmann, die mittlerweile am Starnberger See in Bayern lebt.
Besuch nach 20 Jahren im „Le Moissonnier“: „Der Chef konnte sich noch genau erinnern“
„Wir haben das große Menü genommen. Ich glaube, es gab unter anderem Seeigel. Eine einzigartige Erfahrung“, erzählt Hartmann. Für ihren späteren Mann war dieses Erlebnis der Startschuss, sich intensiver mit dem Thema Spitzenküche auseinanderzusetzen. Hartmann selbst besuchte das „Le Moissonnier“ danach nie wieder, ihr Mann hingegen nutzte im vergangenen Jahr einen Aufenthalt in Köln, um dem Restaurant ein Besuch abzustatten. „Der Chef konnte sich noch genau an meinen Mann und mich erinnern und wusste sogar noch, wo wir saßen“, erzählt Hartmann.
Auch die Kölnerin Ulrike Apel erzählt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit Begeisterung von ihren Erfahrungen im „Le Moissonnier“: „Mein Mann und ich sind sozusagen Nachbarn, wohnen im Agnesviertel und gehen ungefähr vier bis fünf Mal pro Jahr in unser Lieblingsrestaurant.“ Jedes kleine Detail auf dem Teller sei perfekt und mache den Gesamteindruck so „wunderbar, beglückend und fantastisch“.
Wie es mit den „Moissonnier“-Inhabern und Küchenchef Eric Menchon weitergeht, steht noch in den Sternen. Doch Vincent Moissonnier verriet bereits: „Wir werden uns verändern. Und bleiben Ihnen doch erhalten. Gemeinsam mit unserem Koch Eric Menchon starten wir in ein neues Abenteuer.“
Die Hoffnung auf weitere zahlreiche Anekdoten von Besuchern und Besucherinnen besteht also auch weiterhin. Auch wenn es dann nicht mehr im „Le Moissonnier“ sein wird.