Karneval, Party-Hotspots, mehr Kontrollen und Alkohol-Verkaufsverbotzonen: Stadtdirektorin Andrea Blome spricht im Interview über ihre Pläne.
Party-Hotspots im FokusDas hat die Kölner Stadtdirektorin Blome mit dem Wegbier vor
Wo steht die Stadt Köln beim Bürgerservice?
Andrea Blome: Viele Prozesse könnten besser und einfacher laufen, wenn sie komplett digitalisiert wären. Daran arbeiten wir erfolgreich, aber wir sind auch abhängig von Bund und Land und können oft als Kommune nicht alleine entscheiden. Immer noch müssen Bürgerinnen und Bürger für viele Dienstleistungen persönlich vorsprechen.
Sie haben vor zwei Jahren gesagt, die Stadt müsse besser werden beim Bürgerservice. Wie sehen Sie das heute?
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Wir sind besser geworden. Es ist uns gelungen, die langen Warteschlangen in den Kundenzentren aufzulösen – auch durch Schnellanliegenschalter. Und die Mischung aus Tagen mit festen Terminen und Tagen, an denen die Bürgerinnen und Bürger ohne Termine kommen können, hat sich bewährt. Auch unser Angebot „Kundenzentrum im Koffer“, das wir in der Sparkasse Rodenkirchen getestet haben, werden wir ausweiten. Ich kann mir vorstellen, dass beispielsweise ein Bürgerservice-Bus durch Köln rollt.
Warum bietet die Stadt die Terminvergabe nur für die nächsten 30 Tage im Online-Kalender an?
Unsere Erfahrung, vor allem seit der Corona-Pandemie, hat gezeigt: Je länger wir die Termine im Voraus vergeben, desto höher ist die Quote der Menschen, die trotz des Termins nicht erscheinen – obwohl die Stadt sie vorher nochmal erinnert.
Zuletzt berichtete Feuerwehrchef Christian Miller von zunehmenden Angriffen auf Rettungskräfte. Wie sieht das beim Ordnungsdienst aus?
Leider ähnlich. Wir versuchen, mit viel Öffentlichkeitsarbeit zu erreichen, dass die Menschen Einsatzkräften wieder respektvoll begegnen. Und wir schulen die städtischen Mitarbeitenden darin, Situationen zu deeskalieren. Fakt ist, dass sich das Verhalten der Menschen, die in Köln ausgehen, seit Corona nachhaltig geändert hat, weil die Kneipen und Clubs lange geschlossen hatten. Viel mehr Menschen halten sich draußen auf und feiern. Auch weil das Essen und Trinken viel teurer geworden ist und sie sich jetzt oft selbst versorgen. Das Phänomen kennen wir ja schon länger vom Brüsseler Platz. Damit werden Ruhestörung, Wildpinkeln und andere Probleme drängender.
Aber auch schon vor Corona hielten die Menschen sich stärker draußen auf.
Aber es hat in Corona-Zeiten enorm zugenommen. Das ganze Lebensgefühl der Menschen hat sich verändert und das nächtliche Geschehen in Köln hat sich verschärft. Dadurch haben sich auch die Anforderungen an den Ordnungsdienst verändert. Die Kolleginnen und Kollegen sind unter anderem für die Einhaltung der Nachtruhe zuständig.
Sollte der Ordnungsdienst mehr mit den Menschen in den Dialog gehen und erklären?
Beim Wildpinkeln muss der Ordnungsdienst sicher nicht erklären, dass das verboten ist. Das erklärt sich von selbst, ebenso wie das Wegwerfen von Kippen. Es kommt auf den Sachverhalt an, ob und wie der Ordnungsdienst stärker in den Dialog geht.
Das Knöllchen für die Besitzerin einer Sitzbank auf dem Gehweg in Ehrenfeld sorgte für viel Unmut.
In so einem Fall müssen wir den Menschen erklären, warum wir handeln, wie wir es tun. Dort ging es um die Barrierefreiheit, die wir im öffentlichen Raum sicherstellen müssen.
Können Sie das Kopfschütteln einiger Menschen über das Knöllchen für die Besitzerin der Bank verstehen?
Ja, das kann ich. Trotzdem war das Verhalten der Kollegen rechtmäßig.
Aber stimmen dann die Prioritäten noch? In Ehrenfeld verteilt der Ordnungsdienst Knöllchen wegen einer Sitzbank, aber am Neumarkt oder am Wiener Platz ist er zu selten präsent.
Im Falle der Sitzbank gab es Beschwerden. Wie das Ordnungsamt in dem Fall vorgegangen ist, das habe ich ja auch schon eingeräumt: Da hätten die Kollegen sicherlich noch mehr erklären müssen. Mir ist aber wichtig zu sagen: Die Mitarbeitenden bekommen klare Arbeitsanweisungen und arbeiten danach, um die Regeln der Stadtordnung durchzusetzen. Die beschließt übrigens der Kölner Stadtrat.
Polizei und Ordnungsdienst arbeiten beispielsweise auf den Ringen in der einer sogenannten Ordnungspartnerschaft zusammen. Sollte das ausgeweitet werden?
Wenn wir alle Planstellen besetzt haben, dann möchte ich die Dienstzeiten des Ordnungsdienstes am Wochenende ausdehnen. Es geht jeweils um die Nächte von Freitag auf Samstag, Samstag auf Sonntag und vor Feiertagen. Dann können wir die Partnerschaft mit der Polizei ausweiten und auch mehr gemeinsame Lärmwagen losschicken. Auch die Telefon-Hotline soll am Wochenende länger erreichbar sein.
Was heißt das konkret?
Meines Erachtens müsste der Ordnungsdienst an den Wochenenden bis 4 Uhr unterwegs sein. Aktuell ist an Wochenenden um 2 Uhr Schluss – bis auf die Ordnungspartnerschaft auf den Ringen, die läuft nachts durch. Mir geht es nur um die jeweiligen Hotspots, wir müssen nachts nicht flächendeckend im Einsatz sein.
Wo denn zusätzlich zu den Ringen noch?
Überall dort, wo es nötig ist. Auf die Zülpicher Straße und die Schaafenstraße haben wir das schon ausgedehnt.
Wie stehen Sie zum Thema Waffenverbotszonen?
Wir sind nicht operativ beteiligt, das ist Sache der Polizei. Wir begrüßen Waffenverbotszonen aber, weil sie schützen: die Bürgerinnen und Bürger und auch unsere Ordnungsdienstmitarbeitenden, die jetzt schon stichsichere Westen tragen müssen.
Anfang des vergangenen Jahres hatten Sie sich für ein Alkoholkonsum- und Verkaufsverbot auf den Kölner Hotspots wie der Zülpicher Straße ausgesprochen. Ein großer Teil der Kölner Politik sprach sich dagegen aus, sie hatten sich eine blutige Nase geholt. Machen Sie nochmal einen neuen Vorstoß?
Bislang ist ein Alkoholverkaufsverbot rechtlich in NRW nicht möglich, weil es eine Einschränkung der Gewerbefreiheit wäre. Ich wünsche mir vom Land, dass es das Thema angeht mit Blick auf die Hotspots. Wir wollen nicht in ganz Köln das Wegbier verbieten, aber wir wollen den 24/7-Alkoholverkauf in bestimmten Hotspots eindämmen. Und da bleibe ich auch dran und forciere das. Ich wünsche mir, dass die rechtliche Grundlage für ein Alkoholverkaufsverbot in Hotspots kommt.
Voriges Jahr haben Sie Alkoholkonsum- und Verkaufsverbot thematisiert. Jetzt reden Sie nur vom Verkaufsverbot.
Mir geht es nur um das Alkoholverkaufsverbot. Es kann doch nicht sein, dass die Polizei eine Waffenverbotszone einrichtet, aber andererseits unkontrolliert Alkohol die ganze Nacht verkauft werden kann. Das passt nicht zusammen, wenn es darum geht, dass Gewalttaten und andere Eskalationen verhindert werden sollen.
Ein konkretes Beispiel: Die Menschen dürften demnach auf der Zülpicher Straße ein Bier in der Öffentlichkeit trinken, aber nicht im Kiosk kaufen?
Genau. Wenn die Menschen es mitbringen, ist es irgendwann leer und es gibt keinen unendlichen Nachschub mehr.
Wie geht es mit der Zülpicher Straße an Karneval weiter? Beim zweiten Anlauf hat es mit der Ausweichfläche auf der Uniwiese besser geklappt, als der Bereich rund um die Zülpicher Straße geschlossen wurde wegen Überfüllung.
Der 11.11. ist ein Samstag und es werden sehr viele Menschen kommen. Mehrere Arbeitsgruppen des Runden Tisches Karneval suchen jetzt nach Möglichkeiten, damit wir das Kwartier Latäng nicht mehr ganzflächig absperren müssen. Das ist keine Dauerlösung. Es ist eine extrem hohe Belastung für das Quartier selbst. Wir brauchen ein Konzept, wo in Maßen dezentral gefeiert wird, um das Ganze zu entzerren.
Aber es gibt doch schon eine Liste der möglichen Party-Orte, die die Stadtverwaltung der Politik präsentiert hat. Was soll die Arbeitsgruppe denn nun für eine neue Lösung finden?
Es geht um Straßenkarneval, nicht um eine Party-Zone. In der Arbeitsgruppe sind u.a. Jugendliche, Anwohnende, Gastronomen und das Festkomitee, die Stadtverwaltung ist unterstützend dabei. Ich bin sehr gespannt auf die Ergebnisse der Arbeitsgruppen.
Also haben sie doch die Hoffnung, dass das Festkomitee sich als Veranstalter einbringt?
Ja, aber auch die anderen Beteiligten sind gefragt. Bis zur Sommerpause soll ein erstes Konzept stehen, was möglich ist an Karneval. Möglicherweise wird das Konzept nicht sofort in Gänze umgesetzt werden können, sondern schrittweise.
Warum wehrt sich die Stadt dagegen, Veranstalter zu sein? An Silvester auf der Domplatte ist sie es doch auch.
Wir scheuen uns nicht vor der Verantwortung, aber wir sind in erster Linie Genehmigungsbehörde. Die Durchführung des Kölner Karnevals bzw. einzelner Karnevalsveranstaltungen kann nur durch das Zusammenwirken mehrerer Akteure gelingen.
Ihre Amtszeit als Leiterin des Dezernats I und als Stadtdirektorin endet am 1. Januar 2025, dann sind Sie 64 und kurz vor dem 65. Geburtstag. Wollen Sie weitermachen, bis Sie in Pension gehen?
Ja, ich stehe für eine Wiederwahl selbstverständlich zur Verfügung.
Es dürfte eine hochpolitische Frage sein. Die CDU hat laut Bündnisvertrag mit Grünen und Volt das Vorschlagsrecht für das Dezernat I und den Posten der Stadtdirektorin – aber nur bis zur Kommunalwahl im Herbst 2025. Für die CDU wäre es also möglicherweise sicherer, eine Nachfolgerin oder Nachfolgerin für Sie zu suchen, die- oder derjenige hätte dann anders als sie ab 2025 die vollen acht Jahre Amtszeit.
Ich mache meinen Job mit voller Energie und Begeisterung und würde dies auch gerne über den 31.12.2024 hinaustun.
Zur Person: Andrea Blome, 63, ist seit dem 24. Juni 2021 Stadtdirektorin der Stadt Köln und leitet das Dezernat eins. Dazu gehören unter anderem die Bürgerämter, das Ordnungsamt und die Feuerwehr. Vorher war Blome vom 1. Januar bis 23. Juni 2021 Verkehrsdezernentin in Köln. Der Rat hat sie für acht Jahre gewählt. Vor ihrem Wechsel nach Köln hat Blome seit 2004 das Amt für Verkehrsmanagement der Stadt Düsseldorf geleitet.