Die Aachener Grundvermögen besitzt 27 Häuser in der City. Sie sind überwiegend mit Geld der katholischen Kirche finanziert. Der Geschäftsführer erklärt den Hintergrund.
Schildergasse, Hohe StraßeWarum die katholische Kirche so viele Häuser in der Kölner City besitzt
Herr Wenzel, die Aachener Grundvermögen Kapitalverwaltungsgesellschaft besitzt zahlreiche Immobilien auf Kölns wichtigsten Einkaufsstraßen: Zehn auf der Hohe Straße, zehn auf der Schildergasse und sieben auf der Ehrenstraße. Ihr Komplex neben dem Kaufhof-Gebäude wird nach vielen Mieterwechseln von Esprit bis Tchibo-Outlet und scheinbarem Leerstand gerade umgebaut. Wer zieht ein?
Hier wird nächstes Jahr Douglas mit einem Flagshipstore auf zwei Etagen einziehen, darüber ein Fitness-Studio. Diese Immobilie, die wir seit über zehn Jahren im Bestand haben, war jeden Tag vermietet. Aber wenn man vorbeiging, hatte man zuletzt den Eindruck, sie steht leer oder wird nur teilweise genutzt. Es war eine komplizierte Vermietungssituation, es gab auch Mieter, die es sich nochmal anders überlegt haben. Nun wird die Kaufhausstruktur, die noch vom einstigen Mieter Marks & Spencer geprägt ist, vom Kopf auf die Beine gestellt. Wir sind nun sehr glücklich, mit Douglas einen hochwertigen Mieter zu haben.
Zuletzt macht der Einzug einer Boulderhalle in das ehemalige Kämpgen-Haus auf der Schildergasse, das der Aachener ebenfalls gehört, Schlagzeilen. Ist der Mix von Einkaufen und Freizeit eine Blaupause?
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Das Projekt gibt eine Antwort auf die Frage: Wo wollen wir als Immobilienbesitzer hin in der City? In den 1a-Lagen dominiert im Erdgeschoss auch zukünftig der Einzelhandel. Die Kunden sind heute aber nicht mehr bereit, für eine Jacke bis in sechste Obergeschoss zu gehen. Das betrachten wir als Chance, diese Flächen neu zu denken und etwa sportliche und kulturelle Einrichtungen wieder in die Innenstadt zurückzuholen. Aber wir machen das natürlich nicht als philanthropisches Projekt, es muss sich auch rechnen. Es ist eine Mischkalkulation, die auch aufgeht.
Ein Großteil des bei Ihnen investierten Vermögens, mit dem die Häuser finanziert sind, sind Anlagen der katholischen Kirche. Warum braucht die katholische Kirche überhaupt so viele Immobilien?
Ungefähr drei Viertel des Geldes, das wir investieren können, ist kirchliches Vermögen. Die katholische Kirche investiert traditionell langfristig in Immobilien. Damit nicht jede Kirchengemeinde, jeder Orden selbst nach Immobilien suchen und diese verwalten muss, wurde vor 50 Jahren unsere Gesellschaft gegründet, um dies professionell anzugehen. Inzwischen haben wir weit über 100 Mitarbeiter, darunter Architekten, Vermietungsspezialisten und Juristen. Wir konzentrieren uns auf Einzelhandelsimmobilien in 1a-Lagen, denn die sind auf lange Sicht deutlich wertstabiler als zum Beispiel Büroimmobilien.
Vor etwa zehn Jahren hat der „Kölner Stadt-Anzeiger“ versucht, beim Erzbistum den gesamten Grundbesitz der katholischen Kirche in der City zu erfragen. Das Bistum wollte damals wegen der „komplexen Struktur“ keine konkreten Angaben machen. Sie listen die Immobilien der Aachener nun komplett auf. Woher kommt die neue Offenheit?
Als ich hier vor über 20 Jahren als Geschäftsführer angefangen habe, war die katholische Kirche insgesamt sehr zurückhaltend in der Kommunikation ihres Vermögens. Man hatte wohl Bedenken und auch schlechte Erfahrungen, dass eine zu große Transparenz Kritik oder Begehrlichkeiten auslöst. Etwa in die Richtung: Warum baut ihr nicht mehr Kindergärten von dem Geld? Da hat sich in den letzten Jahren viel getan. Die katholische Kirche sieht sich heute in der Aufgabe, zu begründen, für welche der vielfältigen Aufgaben und Verpflichtungen die Vermögenserträge benötigt werden. Und gerade das Erzbistum Köln war führend bei der Herstellung von Transparenz.
Frank Wenzel (60) ist seit mehr als 20 Jahren Geschäftsführer der Aachener Grundvermögen Kapitalverwaltungsgesellschaft mit Sitz in Köln. Sie legt vor allem Geld aus dem kirchlichen und dem Bereich der Altersvorsorge-Einrichtungen in Immobilien in Deutschland und seinen Nachbarländern an. In Wenzels Amtszeit ist das Anlagevolumen insgesamt von 1,6 Milliarden auf 7,4 Milliarden gestiegen.
Davon abgesehen ist unser Immobilienbestand nicht gleichzusetzen mit dem Immobilieneigentum der katholischen Kirche. Auch in Köln haben wir Immobilien in Fonds, in denen kein kirchlicher Anleger investiert ist. Und es gibt vielfältiges Immobilieneigentum der katholischen Kirche, das nicht von uns verwaltet wird.
Sicher kommt aber immer wieder die Frage: Ist die Kirche denn nicht schon reich genug? Kaufen die Anleger von den Gewinnen goldene Monstranzen?
(lacht) Es sind vor allem langfristige Verpflichtungen, die mit den Erträgen aus der langfristigen Anlage in unsere Fonds finanziert werden: Also etwa Pensionsverpflichtungen, Kosten zur Unterhaltung von Gebäuden oder der Bezuschussung wichtiger Einrichtungen, die sich nicht selbst tragen. Und dies wird in Zukunft bei wahrscheinlich deutlich rückläufigen Einnahmen aus der Kirchensteuer noch wichtiger.
Gibt es wegen des kirchlichen Hintergrundes Tabus bei der Vermietung?
Wir haben einen Ethikfilter bei der Auswahl unserer Mieter. Nutzungen, die wir nicht akzeptieren, sind zum Beispiel Spielhallen, Läden, die ausschließlich Alkohol verkaufen, Tabak- und E-Zigaretten-Geschäfte. Wir kaufen auch keine Gebäude, die solche Mieter haben, denn sie haben meistens langfristige Verträge.
Während Schildergasse und besonders die Ehrenstraße recht stabil sind, ist der Zustand der Hohe Straße erschreckend: Billigmode, Dönerbuden, Süßigkeiten. Was ist da schief gelaufen?
Da muss etwas passieren, und auch wir als Immobilienbesitzer sind in der Verantwortung. Früher waren Innenstadtimmobilien Selbstläufer. Es genügte, im Grundbuch zu stehen und man war auf der sicheren Seite. Dann kam der Online-Handel und das Einkaufsverhalten änderte sich. Heute muss man sich kümmern. Wir haben von Anfang an versucht, das zu tun, dafür haben wir ja unsere professionelle Struktur. Die Hohe Straße hat besondere Probleme: Sie war im Krieg stark zerstört, wurde dann schnell wieder aufgebaut. Sie war lange geprägt von kleinen, inhabergeführten Läden, bevor die Filialisierung begann. An einigen Gebäuden wurde 50 Jahre lang nichts gemacht, die Hausbesitzer sahen nicht die Notwendigkeit, denn die Geschäfte liefen. Doch jetzt finden viele keine Qualitätsmieter mehr. Für Privateigentümer ist es dann auch manchmal sehr schwer, aus dieser Situation herauszukommen.
Was ist besonders problematisch?
Manche Häuser gehören zum Beispiel Erbengemeinschaften. Da sind vielleicht 30 Miteigentümer, die möglicherweise auch noch zerstritten und über die ganze Welt verstreut sind. Die stehen dann nicht abends vor der Immobilie und fragen sich: Was steht als nächstes an? Manche Erben der zweiten oder dritten Generation können mit den Häusern, in denen die Großeltern einmal einen Laden hatten, gar nichts anfangen. Und als Privatperson ist man vielleicht auch überfordert, so ein Gebäude abzureißen und wieder aufzubauen.
Deshalb haben sich die Eigentümer 2019 in der „Initiative Kölner Handelslagen“ zusammengetan, deren Sprecher Sie sind. Kommen Sie denn da auch an Erbengemeinschaften ran?
Ja, durchaus. Wir waren erst ein kleiner Kreis und sind immer größer geworden. Wir formulieren gemeinsame Ziele und Forderungen an die Stadt. Aber wir bieten auch Erfahrungsaustausch und Hilfestellung an und sind uns bewusst, dass wir als Eigentümer auch selbst gefordert sind.
Das ist ein dickes Brett, was da gebohrt wird.
Ja, auch wir erfahren immer wieder selbst, wie lange es von der Idee bis zur Umsetzung dauert. Wir verfolgen beispielsweise den Plan, den vorderen Bereich der Hohe Straße Richtung Wallrafplatz mit hochpreisigem Einzelhandel als Luxus- und Niveaulage zu entwickeln.
Wir haben dort einige Immobilien und nutzen jeden Mieterwechsel, um das Vorhaben zu unterstützen. Als Nächstes steht der Neubau der Hohe Straße 152-154 an (heute: Pop-up-Store Gin de Cologne, d. Red.). Das Baurecht erwarten wir im Herbst. Sehr bedeutsam wird dann zum Schluss der von uns derzeit im Entwurf bearbeitete Neubau des Gebäudes, in dem heute Mediamarkt ist.
Der Neubau ist aber erst ab 2027 möglich, wenn die Mietverträge auslaufen. Es wird also noch dauern, bis auf der Hohe Straße alles besser wird?
Hier ist ein riesiges Potenzial, wenn das Angebot stimmt. Aber Sie haben recht: Bei Immobilien muss man einen langen Atem haben.