Der Kampf um Klimaschutz ist auch ein Kampf von Jung gegen Alt, so das Klischee. Zwei Ü-60-Kölner erzählen beim Klimacamp, warum das nicht stimmt.
Mit dem Rad nach BrüsselWarum sich diese beiden Ü-60-Kölner in der Klimabewegung engagieren
Wenn es um Fahrräder geht, weiß Walter Harings für jedes Problem eine Lösung: „In meinem Berufsleben habe ich als Lokführer gearbeitet. Damals war dazu noch eine handwerkliche Ausbildung nötig, die kommt mir jetzt zugute“, sagt der 69-Jährige. Und nicht nur ihm: Harings und sein Lastenrad sind so etwas wie die technische Leitzentrale für Fridays for Future und andere Klimaschutzgruppen, die am Freitagabend auf der Uniwiese ein Klimacamp errichtet haben und ab Montag mit dem Fahrrad nach Brüssel fahren wollen, um im Vorfeld der Europawahl für mehr Klimaschutz zu demonstrieren.
Harings wird mit dabei sein. Sowohl beim Klimacamp, bei dem die Aktivisten unter dem Motto „Democracy on the Streets“ drei Tage lang in Workshops und Diskussionen über Klimapolitik reden wollen, als auch bei der anschließenden Radtour nach Brüssel, bei der Harings den Aktivisten bei platten Reifen und hakeligen Gangschaltungen helfen will.
Studie: Beim Klimaschutz gibt es keinen Generationenkonflikt
Glaubt man dem Klischee, dann ist er damit ein Sonderfall. Denn Klimaaktivismus wird in der Öffentlichkeit immer auch als Generationenkonflikt diskutiert: Auf der einen Seite die jungen, veganen Schulstreiker, auf der anderen die SUV-fahrenden Boomer, die den Klimawandel relativieren.
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Harings kann damit nicht viel anfangen. Er engagiert sich seit vier Jahren bei Klimaschutzgruppen und ist bei Demonstrationen von Fridays for Future dabei. „Ich kenne viele alte Menschen, die so wie ich begeistert darüber sind, wie sich die junge Generation für das Klima einsetzt und das unterstützen.“ Ältere Menschen seien zwar oft vorsichtiger „und kleben sich deswegen nicht an der Straße fest. Und natürlich gibt es auch welche, die sagen: Pah, ich fahre SUV, fliege durch die Gegend und tue so, als ob es kein Morgen gäbe. Aber die gibt es auch unter den Jüngeren“.
Und tatsächlich scheint an dem viel beschworenen Generationenkonflikt auch laut einer Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung aus dem vergangenen Jahr nicht viel dran zu sein. Auf die Frage „Wie wichtig ist es Ihnen, das Klima zu schützen?“ antworteten 88 Prozent der 16- bis 25-Jährigen mit „wichtig“ oder „sehr wichtig“. Bei den 56- bis 65-Jährigen waren es 91 Prozent, bei den noch älteren 92 Prozent.
Auch Christoph Schulenkorf engagiert sich in der Klimabewegung und fährt bei der Raddemo mit – wenn auch nur bis zur ersten Zwischenstation am Hambacher Forst. „Da merkt man dann vielleicht doch das Alter“, sagt der 61-Jährige und lacht. Am Dienstag muss der Grundschullehrer wieder zurück im Dienst sein.
„Viel von der jungen Generation gelernt“
Seit seinem 16. Lebensjahr engagiert sich Schulenkorf politisch. Zunächst in der Anti-Akw-Bewegung, später vor allem bei der globalisierungskritischen Vereinigung „Attac“ und bei den „Pappnasen Rotschwarz“, einem politisch-satirischen Karnevalsverein. „Das Thema Klimawandel war dabei immer schon latent ein Thema. Der Verdienst der jungen Generation ist aber, dass sie es ganz zentral auf die politische Landkarte gesetzt haben.“ Sein Sohn ist seit Jahren bei Fridays for Future aktiv, dadurch sei er zur Klimabewegung gekommen.
Auch Schulenkorf sagt: „So wie es unter den Jungen rebellische und konservative Menschen gibt, gibt es sie auch unter den Alten.“ Von den jungen Klimaaktivisten habe er trotzdem einiges gelernt, sagt Schulenkorf: „Vor allem, wie sehr sie darauf achten, dass sensibel miteinander umgegangen wird, finde ich vorbildlich. Bei so ziemlich jeder Demo gibt es ein Awareness-Team, das darauf achtet, dass sich niemand unwohl fühlt. Das ist etwas, wo wir damals sicherlich viele Fehler gemacht haben.“
Die Klimabewegung indes befindet sich nach Jahren, in denen hunderttausende Menschen mobilisiert werden konnten, vor der Zerreißprobe. Während öffentlichkeitswirksame Klebeaktionen wie die der „Letzten Generation“ stark polarisieren und Koryphäen der Bewegung wie Greta Thunberg wegen Äußerungen zum Gaza-Krieg Antisemitismus vorgeworfen wird, stellt sich die Frage, wie es weitergeht.
Ob auch die junge Generation etwas von der Älteren lernen kann? Harings und Schulenkorf wollen sich nicht mit zu vielen Ratschlägen in den Vordergrund drängen. Nur so viel: „Aus meiner jahrzehntelangen Erfahrung habe ich gelernt, auch mit Rückschlägen und Frust umzugehen. Das ist ganz zentral, um weitermachen zu können. Damit sich politisch etwas verändert, braucht es manchmal einen langen Atem.“