Den vorzeitigen und überraschenden Rückzug der KVB-Chefin sehen Aufsichtsratsmitglieder und Kommunalpolitiker als Chance für einen personellen Neuanfang.
Verkehrsbetriebe vor NeustartKVB-Chefin Haaks geht vorzeitig im März 2026 – wie es jetzt weitergeht
Diese Nachricht hat am Donnerstag alle bei den Kölner Verkehrs-Betrieben kalt erwischt. Es ist nur ein Satz, mit dem die Vorstandsvorsitzende Stefanie Haaks (58) am Donnerstag ihr Ersuchen um die vorzeitige Auflösung ihres Vertrags zum 31. März 2026 ankündigt. „Meine Entscheidung hat rein persönliche Gründe, die ich öffentlich nicht näher erläutern werde“, heißt es in einer Pressemitteilung der KVB. Die Chefin geht von Bord, drei Jahre früher als geplant.
Der Rest der Mitteilung enthält das in solchen Fällen übliche Versprechen: „Bis zu meinem Ausscheiden werde ich zusammen mit allen Kollegen und Kolleginnen mit aller Kraft daran arbeiten, dass wir wieder eine gute und für uns und alle Fahrgäste zufriedenstellende Betriebsqualität anbieten. Und auch der Wirtschaftsplan 2026 wird noch unter meiner Mitwirkung erarbeitet, so dass ich an meinen Nachfolger oder meine Nachfolgerin einen geordneten Betrieb übergeben kann.“
Dass private Gründe letztlich den Ausschlag gegeben haben, ist durchaus nachvollziehbar. Haaks, die am 1. März 2019 zur KVB kam und deren Vertrag 2023 um weitere fünf Jahre verlängert wurde, will sich offenbar früher ins Privatleben zurückziehen. Ihr Mann ist im Ruhestand, sie hat seit kurzem ein Enkelkind. Da scheint es wenig attraktiv, das Familienleben ausschließlich auf die Wochenenden zu konzentrieren.
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Entsprechend verständnisvoll reagiert die Kommunalpolitik. „Wir respektieren den Wunsch von Stefanie Haaks und sind ihr dankbar, dass sie noch ein Jahr im Amt bleibt, um einen geordneten Übergang zu ermöglichen. Der Aufsichtsrat wird schnellstmöglich das Verfahren zur Suche einer Nachfolgerin oder eines Nachfolgers in die Wege leiten“, sagt Manfred Richter (Grüne) als Vorsitzender des KVB-Aufsichtsrats.
Zuletzt viel Kritik an den Leistungen
Fest steht aber auch: Die Bedingungen, unter denen die KVB-Chefin zuletzt arbeiten musste, haben sicher nicht dazu beigetragen, sie in Köln zu halten. „Wir haben großen Respekt für Stephanie Haaks persönliche Entscheidung und ihre Leistung als Vorstandsvorsitzende der KVB. Sie hat das Unternehmen in schwierigen Zeiten mit viel persönlichem Engagement am Laufen gehalten“, sagt SPD-Fraktionschef Christian Joisten. „Mehr Unterstützung von allen Vertreterinnen und Vertretern im Aufsichtsrat und von der Stadtspitze wären wünschenswert gewesen. Die haushaltstragenden Fraktionen von Grünen, CDU und Volt müssen sich in Zukunft klar bekennen, wie sie die KVB nachhaltig unterstützen wollen. Wenn diese Parteien wie bisher Entscheidungen über eine auskömmliche Finanzierung verweigern, blockieren sie eine erfolgreiche Zukunft der KVB.“
Diese Aussage kommt wenig überraschend, ist Haaks doch 2013 auf SPD-Ticket nach Köln gekommen. Teresa Elisa de Bellis, verkehrspolitische Sprecherin der CDU, räumt ein, dass die KVB-Chefin für die zahlreichen Probleme keine Verantwortung trage. Die Finanzkrise des Unternehmens seien eine Folge des Deutschlandtickets, gestiegener Personalkosten und Energiepreise, die Lieferprobleme bei den neuen Stadtbahnen dem Hersteller geschuldet. Auch der Fahrermangel sei kein hausgemachtes KVB-Problem. Das hatte in der Vergangenheit noch ganz anders geklungen.
Entscheidung über Ausbau der Ost-West-Achse soll 2025 fallen
CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau hatte mehrfach von „totaler Überforderung“ des KVB-Vorstands gesprochen, die FDP angesichts der Fahrplankürzungen „von totaler Resignation“, die Grünen einen „klaren Fahrplan zur Problembewältigung“ eingefordert.
In einem Punkt sind sich die großen Fraktionen im Stadtrat aber einig: Der vorzeitige Abgang der KVB-Chefin soll keine Auswirkungen auf die Entscheidung über den Ausbau der Ost-West-Achse haben, die im Dezember fallen sollte, dann aber wegen Bedenken der Bezirksregierung kurzfristig von der Tagesordnung der Ratssitzung genommen wurde. Ob die oberirdische und unterirdische Lösung kommt, soll noch vor der Kommunalwahl im Herbst entschieden werden.
Parallel dazu muss der Aufsichtsrat möglichst schnell das Führungsproblem lösen. Der Posten des Finanzvorstands ist seit September vakant, Technikvorstand Jörn Schwarze wird im Sommer in den Ruhestand wechseln, ein halbes Jahr später quittiert die Vorstandsvorsitzende ihren Dienst. Einzig Arbeitsdirektor Peter Densborn steht nicht zur Diskussion. Sein Vertrag wurde erst kürzlich verlängert.
„Wir haben jetzt die Chance für einen Neuanfang, die müssen wir nutzen“, sagt der Aufsichtsratsvorsitzende Manfred Richter auf Anfrage. Doch da stehen schon die nächsten Diskussionen ins Haus. Soll die Führungsspitze wie bei vergleichbaren Verkehrsunternehmen auf drei Positionen verkleinert werden? Vieles spricht dafür – doch die Arbeitnehmervertreter sind dagegen. Weil das auf ihre Kosten gehen könnte. Überdies sitzt der Arbeitsdirektor als einziger fest im Sattel. Sein Vertrag läuft noch bis zum 31. Mai 2028.