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Kölner Neumarkt500 Menschen protestieren gegen russische Militäroffensive

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Kundgebung Neumarkt_1

Mitten im Kölner Karneval fand eine Solodaritätskundgebung der Ukrainischen Gemeinde auf dem Neumarkt statt.

Köln – Anna Karnaukh steht auf dem Neumarkt und weint bitterlich. Eltern, Bruder und andere Angehörige der in Bonn lebenden Ukrainerin wohnen in Kiew. „Sie halten sich seit heute Morgen im Keller versteckt und hören Flugzeuge und Bombeneinschläge“, erzählt sie auf Englisch. „Vor einigen Stunden ist der Kontakt abgebrochen. Ich weiß nicht, ob sie noch leben.“ Sie wolle jetzt nicht allein sein mit ihren Sorgen, deshalb sei sie nach Köln zur Protest-Kundgebung gegen die Militäroffensive Russlands in der Ukraine gekommen.

Und Karnaukh war nicht allein. Laut Polizei waren rund 500 Menschen dem Aufruf des deutsch-ukrainischen Vereins Blau-Gelbes Kreuz gefolgt. „Solidarität mit der Ukraine. Frieden für Europa. Stoppt Putins Aggression“, lautet der Titel der Demonstration. „Wir wurden morgens von unseren Verwandten in der Ukraine geweckt mit der Nachricht, dass sie bombardiert werden“, sagt Okasana Call vom Blau-Weißen Kreuz. Daraufhin hätten sie spontan zu der Kundgebung aufgerufen, die schnell die Runde machte – bis in die Stadtspitze hinein.

OB Reker spricht zu Demonstranten

Oberbürgermeisterin Henriette Reker richtet das Wort über ein Megafon an die Teilnehmer. „Der Angriff auf die Ukraine ist nicht akzeptabel. Wir verurteilen das“, sagt sie. Sie sei mit ihren Gedanken bei allen, die unmittelbar betroffen seien, „bei Familien, egal, ob dort oder hier.“ Die Ausweitung des Krieges müsse mit allen Mitteln verhindert werden.

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Oberbürgermeisterin Henriette Reker auf der Solidaritäts-Kundgebung für die Ukraine 

Im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ wendet sich Reker auch an die Kölnerinnen und Kölner, für die die Nachricht des Angriffs inmitten des Karnevalstrubels „unglaublich bedrückend“ sei. „Denn es zeigt, wie fragil eine Zivilgesellschaft ist.“ Auch ihr sei nicht nach Feiern zumute, sagt Reker, die normalerweise an Weiberfastnacht in der Uniform der Roten Funken unterwegs ist, darauf aber angesichts der Lage verzichtet. Überdies begrüße sie die Absage des Rosenmontagszugs.

„Unser Karneval war immer politisch“

Auch Vertreterinnen und Vertreter vieler Ratsparteien kamen zum Neumarkt, um ihre Solidarität mit der Ukraine zu zeigen. Sie standen – ob gewollt oder ungewollt – symbolhaft Schulter an Schulter im Pulk der Demonstranten. „Ich bin absolut bei den Ukrainern. Aber auch bei den Russen. Denn beide Völker befinden sich im Krieg“, sagt die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Christiane Martin. Wie auch die Vertreter anderer Parteien hält sie die Absage des Rosenmontagszugs für richtig. Für Karneval in Kneipen und auf der Straße habe sie indes Verständnis. „Unser Karneval war immer politisch. Man kann ihn auch mit einer Botschaft feiern“, nämlich der für Frieden. „Russland muss gestoppt werden“, fordert CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau, es müssten weitere Sanktionen folgen. „Es darf kein neuer Zar die Geschicke Europas bestimmen“, erklärt SPD-Fraktionsvorsitzender Christian Joisten. „Die erschütternde russische Aggression darf keinen Erfolg haben“, betont Lorenz Deutsch (FDP).

Derweil halten Misha Nodelman und Rodion Borodenko ein Transparent hoch, auf dem in kyrillischen Lettern der Satz steht „Für unsere und eure Freiheit“ – ein Satz aus dem Polnisch-Russischen Krieg von 1830/31, in dem sich Polen vom russischen Zarenreich lösen wollten. Nodelman ist Russe, Borodenko Ukrainer. „Für mich war klar, dass leider von meiner Heimat ein Krieg in Europa ausgeht“, sagt Nodelman. „Jetzt müssen wir gemeinsam Nein sagen gegen diese Aggression.“ Die russische Propaganda habe bei den meisten Russen verfangen, beobachtet Borodenko. „Viele, auch in Deutschland, bewundern Putin.“ Er berichtet, dass seine Schwester, die an der ukrainisch-russischen Grenze im Nordosten des Landes arbeite, vor kurzem verschleppt und seitdem verschwunden sei.

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Viele Transparente auf dem Neumarkt fordern ein Ende der kriegerischen Handlungen, manche zeigen Russlands Staatschef Wladimir Putin blutverschmiert und bezeichnen ihn als Mörder. Es sind auch viele weiß-rot-weiß gestreifte Fahnen zu sehen. Es ist die ehemalige Staatsflagge von Belarus, die der kremltreue Diktator Alexander Lukaschenko abschaffen und gegen die aktuell gültige rot-grüne ersetzen ließ. Belarus grenzt an die Ukraine und Russland, auch sind Truppen Putins stationiert. „Wir haben Angst, dass Lukaschenko zulässt, dass Belarus von Russland annektiert wird“, sagt ein Demonstrationsteilnehmer mit einer weiß-rote-weißen Fahne.

„Die Ukraine“, ruft ein Redner, der inzwischen Rekers Platz eingenommen hat, „ist ein Schutzschild Europas und der demokratischen Welt.“ Der Schild brauche nun Hilfe. Sonst berste er.