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LandtagswahlVierter Wahlsieg für Kölner Grüne – Parteichef gewinnt in CDU-Hochburg

Lesezeit 4 Minuten
Grüne Wahlparty Köln

Eileen Woestmann (v.l.), Frank Jablonski, Berivan Aymaz und Arndt Klocke haben ein Direktmandat geholt.

Köln – Kurz sind sie zusammengezuckt. Als der Balken der CDU in den öffentlich-rechtlichen Wahlprognosen auf 35 Prozent anwuchs, müssen viele Kölner Grüne um kurz nach 18 Uhr schlucken. Wenige Sekunden später sind sie bei ihrer Wahlparty in der „Ex-Vertretung“ in der Innenstadt wieder bester Laune: Mit mehr als 18 Prozent fahren sie ihr bestes Ergebnis in der Geschichte der nordrhein-westfälischen Landtagswahlen ein.

Was zu diesem Zeitpunkt noch niemand weiß: In der Stadt behauptet die Partei klar ihre Position als stärkste politische Kraft, vier Stunden später deutet sich an, dass mehr als 30 Prozent der wählenden Kölnerinnen und Kölner ihre Stimme den Grünen gegeben haben. Es ist nach Bundestags-, Kommunal- und Europawahl der vierte grüne Wahlsieg in Folge.

Grüne werden Teil der Landesregierung sein

„Wir werden Teil der Landesregierung sein“, sagt Arndt Klocke fast ein wenig ungläubig, als er gegen 21 Uhr in Köln ankommt. Er selbst ist das beste Beispiel für die neue Bedeutung der Grünen in Köln: Der Wahlkreis in Ehrenfeld, Nippes und Chorweiler gilt seit Jahrzehnten als SPD-Bezirk. Nun aber gewann Klocke mit weit über 40 Prozent das Direktmandat. Der durchaus prominente SPD-Schulpolitiker Jochen Ott landete abgeschlagen auf Platz zwei. „Damit hätte ich nie und nimmer gerechnet, es ist ein Wahnsinns-Vertrauensvorschuss“, sagte Klocke, der bereits im Landtag sitzt. Das Direktmandat sei nun aber auch „ein Auftrag für die Themen im Stadtbezirk.“

Alles zum Thema Jochen Ott

Im Windschatten von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, die für ihre Ukraine-Politik weit über die grünen Parteigrenzen hinaus Anerkennung finden und den Kölner Wahlkampf in der vergangenen Woche vor Ort unterstützten, ging die Partei entspannt in den Wahlabend.

Erinnerung an „grauenhaften Krieg“ in der Ukraine

Kurz vor 18 Uhr hielt Kulturstaatsministerin Claudia Roth eine kurze Rede, rief den „grauenhaften Krieg“ in der Ukraine, der auch den Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen prägte, in Erinnerung. Sagte aber auch: „Heute Abend darf gefeiert werden“, der Landespartei stehe viel, viel Arbeit bevor. Als beliebt gilt keine der möglichen Regierungskonstellationen mit grüner Beteiligung. Es folgten ein Geburtstagsständchen für die nun 67-Jährige und der große Jubel.

Auch Berivan Aymaz holte in der Innenstadt und Kalk ein grünes Direktmandat. Mit weitem Abstand. Es sei „viel zu früh“, um über mögliche Koalitionen zu spekulieren, sagte sie kurz nach den ersten Prognosen. Mit dem klaren christdemokratischen Wahlsieg in Nordrhein-Westfalen insgesamt habe auch sie nicht gerechnet, eine „interessante Differenz“ liege zwischen Prognose und Umfragen.

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Aber: „Ich blicke auf den grünen Balken, der am stärksten gewachsen ist. Das ist eine klare Ansage.“ Es komme vieles zusammen, die gute Arbeit der Landtagsfraktion in der Opposition, die Arbeit der Bundesregierung und eine „großartige Parteibasis“ auf den Straßen. Nun gelte erstmal: „Wir müssen dieses starke Ergebnis gut analysieren und gut feiern.“ Erstmal kein Wort über die bevorstehenden Koalitionsverhandlungen.

Grünen-Politiker erwartet Gesprächsangebot der CDU

Klocke, der wie Aymaz hervorragend in der Landespartei vernetzt ist, lehnt sich ein wenig weiter aus dem Fenster: „Hendrik Wüst ist der klare Wahlsieger“, sagt er und erwartet ein Gesprächsangebot der CDU – vor möglichen Ampel-Verhandlungen. „Die Reihenfolge ist vorgegeben.“Die Kölner Grünen wirkten – wie schon im Wahlkampf – erstaunlich unverkrampft.

Wohl auch, weil sie der Linie von Spitzenkandidatin Mona Neubaur gefolgt sind: Eigene Themen setzen, kein Lagerwahlkampf für Rot-Grün. Während sich CDU und SPD gegenseitig beharkten und immer häufiger mit persönlichen Sticheleien befasst waren, blieben die Grünen bei ihren Themen, auch in Köln. Allen voran bei der Energiewende, die infolge des Krieges mehr denn je im öffentlichen Bewusstsein verankert ist.

Vormachtstellung der CDU im Kölner Westen ist Geschichte

Und so ist auch die Vormachtstellung der CDU im Kölner Westen Geschichte. Bernd Petelkau hatte gegen den Kölner Grünen-Parteichef Frank Jablonski entgegen aller Erwartungen keine Chance. „Wir sind mit unseren grünen Themen ein großer Gewinner dieser Wahl geworden“, sagte Jablonski.

Für eine mittelschwere Sensation sorgte Eileen Woestmann, die den favorisierten CDU-Abgeordneten Oliver Kehrl in Rodenkirche mit Abstand besiegte. „Es ist abgefahren“, sagt sie fast sprachlos und mit einem Auge auf dem Handy, an dem sich sie das Ergebnis der ausgezählten Stimmen sekündlich aktualisiert. Ihrer Partei sei mit einem relativ kleinen Budget in Köln ein „großartiger Wahlkampf“ geglückt, auch die grüne Beteiligung an der Bundesregierung spiele eine „tragende Rolle“.

Doch ein bisschen haben auch die Grünen schon an ihre neue Rolle gewöhnt. „Dass es möglich ist, den Wahlkreis zu gewinnen, war klar“, sagt Woestmann. Ihre Lebensplanung habe fünf Jahre im Landtag in Düsseldorf vorgesehen. In welcher Rolle und mit welchen Verbündeten die grünen parlamentarischen Neulinge wie Eileen Woestmann diese fünf Jahre angehen werden, zeigen erst die kommenden Wochen. Für Köln ist schon jetzt klar: Die Grünen geben weiter die Richtung vor.