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Decksteiner MühleTanzen und speisen am Weiher

Lesezeit 4 Minuten

Die alte Decksteiner Mühle um das Jahr 1913 herum.

Lindenthal – Das Mühlrad in der Ecke des lauschigen Biergartens dreht sich langsam und verlässlich, als ob es das schon immer genau an diesem Ort getan hätte. Es ist allerdings nicht dieses Rad, das dem schmucken Lokal seinen Namen gegeben hat. Es war genau umgekehrt: Weil es Decksteiner Mühle heißt, von der Wassermühle, an der sie einmal lag, aber keine Spur mehr übrig war, legte ein Pächter in den 80er Jahren einen kleinen Teich mit einer Art Springbrunnenanlage sowie einem Mühlrad an. Seitdem plätschert es leise an dem Ort, wo nun der Eigentümer des Anwesens, Robert Schumacher, das hundertjährige Bestehen des Familienbetriebes feiert.

Das Anwesen wurde im Jahre 1316 erstmalig urkundlich als Decksteiner Hof erwähnt, zu dem auch eine Mühlengaststätte gehörte. Nach mehreren Besitzerwechseln im Lauf der Jahrhunderte war die Anlage Ende des 19. Jahrhunderts durch einen Großbrand vernichtet worden. Neu errichtet wurde ein Ausflugslokal, das den offiziellen Namen Decksteiner Mühle trug.

Biergarten, Vergnügungspark und Aussichtsturm

So beschaulich wie heute ging es nicht zu, als Robert Schumachers Urgroßvater Martin Paffendorf das Lokal am 13. Oktober 1913 erwarb. Das erzählt Schumacher den Gästen, die zur Feier des Jubiläums gekommen sind. Die Decksteiner Mühle war ein Ballhaus nebst riesigem Biergarten, Vergnügungspark und Aussichtsturm. In den 20er- und 30er-Jahren drehten sich hier bis zu 400 Menschen auf der Tanzfläche. Junge Mädchen tanzten mit den Soldaten, die in den benachbarten Forts stationiert waren. Das brachte ihnen die wenig schmeichelhaften Bezeichnung „Soldatenlieschen“ ein und führte im Ballhaus zu mancher Schlägerei zwischen Männern in Zivil und Uniform.

Alles zum Thema Grüngürtel

Damals hatte das Ausflugslokal bereits bewegte Jahre hinter sich. Schon kurz nach der Gründung war der Erste Weltkrieg ausgebrochen – und das Ballhaus als Unterkunft fürs Militär beschlagnahmt worden. Erst 1922 konnte das Anwesen wieder genutzt werden. Der tatkräftige Martin Paffendorf war ein Duzfreund von Konrad Adenauer. Der ehemalige Kölner Bürgermeister hatte ein Auge auf das Anwesen am Decksteiner Weiher geworfen, weil er den Kölner Grüngürtel erweitern wollte. Auf Adenauers Frage, ob er die Decksteiner Mühle verkaufen wolle, antwortete Martin Pfaffendorf: „Nur wenn du mir versprichst, dass das Geld stabil bleibt.“ Das konnte Adenauer nicht. Und einige Jahre später führte die Inflation zur völligen Geldentwertung. „Die kluge Entscheidung meines Urgroßvaters rettete den Familienbesitz, zumindest das Grundstück“, berichtet Robert Schumacher. Im Zweiten Weltkrieg legten Luftminen das Ballhaus in Schutt und Asche.

Seit zehn Jahren an Dombrauerei verpachtet

Nach dem Krieg machte sich die nächste Generation an die Aufräumarbeiten, denn Martin Paffendorf war zu alt geworden. Josef Schumacher, den Paffendorfs Tochter mittlerweile geheiratet hatte, kam aus der Kriegsgefangenschaft zurück und baute mit seinem Sohn Martin das Lokal wieder auf. Im Jahre 1953 eröffneten sie die neue Gasstätte Decksteiner Mühle.

Im Jahr 1956 verpachtete Josef Schumacher das Anwesen. Warum sein Großvater das Lokal so kurz nach der Eröffnung verpachtet hat? „Ich glaube, er hatte nach dem Krieg und der Gefangenschaft einfach keine Kraft mehr. Und mein Vater Martin war erst 19 Jahre, nicht alt genug, um das Lokal zu übernehmen“, erzählt Robert Schumacher.

Aber auch verpachtet lief die Decksteiner Mühle bestens. „Das war unserer Dorfkrug“, erinnert sich der 87-jährige Hans-Otto Pick. Der Bauingenieur, der in der Nachbarschaft lebt, war mehrfach an Umbauarbeiten beteiligt. „Da hinten gab es eine lange Theke. Da saßen manche schon tagsüber. Der letzte dieser Thekensitzer ist gerade gestorben“, so Pick. Über die Jahrzehnte hat sich die Kneipe zu einem gediegenen Restaurant gemausert. Seit zehn Jahren ist es an die Dombrauerei verpachtet, die es dem Gastronom Elias Khamassi unterverpachtet hat. „Wenn sie ein solches Traditionslokal betreiben, müssen sie sich der Vergangenheit bewusst sein, um es so in der Gegenwart zu führen, dass es Zukunft hat“, sagt Michael Schürger, Geschäftsführer der Dombrauerei, bei der Jubiläumsfeier.

Speiseangebote mit Tradition

Wie Elias Khamassi das umsetzt? „Wir haben die Wände hell gestrichen, die Holzstühle durch bequemere Bänke und Stühle ersetzt. Sie sind lederbezogen, aber dunkelgrün. Das wirkt immer noch klassisch, aber mit einem modernen Touch“, schildert Khamassi, der auch den Alten Wartesaal und das Joe Champs betreibt.

Das Speiseangebot der Decksteiner Mühle hat ebenfalls Tradition „Viele unserer Gäste aus der Lindenthaler Nachbarschaft sind verwöhnt. Hummer essen sie aber woanders. Bei uns möchten sie Schnitzel oder Sauerbraten. Wenn das mal nicht auf der Karte steht, fragen sie gleich warum“, sagt Khamassi.

Robert Schumacher hat im Pachtvertrag festgelegt, dass in der Mühle gehobene Landhausküche serviert wird. „Sie soll nicht als Frittenbude oder gewöhnlicher Italiener enden, sondern so wie sie ist weitervererbt werden an die nächste Generation, an meine jetzt acht Jahre alte Tochter“, sagt er mit fester Stimme, während im Hintergrund die Wassermühle plätschert.