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Innovativer Supermarkt „Go2market“Darum ist der Kölner Laden plötzlich geschlossen

Lesezeit 4 Minuten
Gebäudefassaden auf der Aachener Straße in Köln, unter andere der „Go2market“

Der „Go2market“ auf der Aachener Straße in Köln (hier im Oktober 2022) ist mittlerweile verwaist.

Das Konzept des Geschäfts galt als innovativ. Kunden konnten neue Produkte dort vorab testen. Damit ist es nun vorbei.

Bei seiner Eröffnung im Oktober 2022 galt „Go2market“ auf der Aachener Straße als besonders innovativ: Kundinnen und Kunden schließen eine Mitgliedschaft ab, um Produkte aus aller Welt zu testen, bevor sie in den Regalen der hiesigen Supermärkte oder Discounter landen. Die Mitglieder werden zu Testerinnen und Tester. Unternehmen können ihre neuen Produkte an einer breiten Kundschaft testen, ohne sie direkt auf den Markt zu bringen und einen etwaigen Flop zu riskieren.

Nun ist der Kölner „Go2market“ geschlossen, Kundinnen und Kunden bleiben womöglich auf ihren Kosten für die Mitgliedschaft sitzen. Das österreichische Unternehmen ist insolvent, wie express.de zuerst berichtete.

Köln: Kunden wurden über Zahlungsunfähigkeit nicht informiert

Der Laden auf der Aachener Straße ist zu, an der Fassade gibt es keine Informationen für die Kundinnen oder Kunden. Wer googelt, bekommt für den „Go2market“ die Beschreibung „dauerhaft geschlossen“ angezeigt. Die Facebook-Seite wurde gelöscht. Auf Instagram häufen sich Anfragen der Mitglieder.

Alles zum Thema Aachener Straße (Köln)

Über die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens wurden die Mitglieder bis jetzt offenbar nicht informiert. Der Kölner Markus Pauschinger war und ist immer noch zahlender Kunde: „Eine Freundin und ich haben uns vor einigen Monaten testweise eine dreimonatige Mitgliedschaft für ‚Go2market digital‘ gekauft. Es gab aber auch, natürlich entsprechend teurere, Jahresmitgliedschaften.“ Er erklärt: „Monatlich konnte man Produkte in Höhe eines bestimmten Budgets aus dem Online-Shop auswählen. Allerdings immer nur von jedem Produkt eines. Man konnte sich pro Monat ein Paket schicken lassen, der Versand war kostenlos.“

Da die Auswahl begrenzt war, blieb einem nichts anderes übrig, als den Warenkorb mit allerlei ungesunden Riegeln und Süßwaren zu füllen
Kunde Markus Pauschinger

Doch bereits der erste Monat sei ziemlich ernüchternd gewesen. Es habe kaum interessante Produkte zum Testen gegeben, überwiegend seien es Süßgetränke, Alkohol, Süßwaren oder viele verschiedene Riegel gewesen – die interessantesten Artikel seien schnell vergriffen gewesen. Zudem seien die Preise der Produkte auffallend hoch gewesen: „Da die Auswahl begrenzt war, blieb einem nichts anderes übrig, als den Warenkorb mit allerlei ungesunden Riegeln und Süßwaren zu füllen. Der Preistest war also nicht wirklich zuverlässig, da man das Monatsbudget ja irgendwie ‚leer kriegen‘ musste. Zur Not auch mit Artikeln, die man im Supermarkt niemals zu diesem Preis gekauft hätte.“

Ein weiterer Kritikpunkt des Kunden: „Dann ist uns aufgefallen, dass ein Großteil der Waren kurz vor Erreichen des Mindesthaltbarkeitsdatums stand. Das war schon ein wenig seltsam, gab man doch großspurig damit an, innovativ zu sein und die neuesten Produkte austesten zu wollen, bevor sie im Supermarkt um die Ecke landen. Aber offenbar lag das Zeug schon länger irgendwo herum, wo es keiner haben wollte.“

Kölner „Go2market“-Filiale schließt wegen Insolvenz des Unternehmens

Der dritte Mitgliedsmonat für Pauschinger fiel dann komplett aus. Das Unternehmen informierte die Mitglieder per Mail, dass im Mai keine Produkte bestellt werden könnten. Der offizielle Grund: Man arbeite dank des Feedbacks der Mitglieder an technischen Herausforderungen.

Der ausgefallene Monat würde dann auf den nächsten, also den Juni, übertragen. Die Wahrheit ist aber: Am 16. Mai 2023 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet, „Go2market“ ist zahlungsunfähig. Das ist Informationen des zuständigen „Alpenländischen Kreditorenverbandes“ zu entnehmen. Die Verantwortlichen der Kölner Filiale verwiesen auf Nachfrage an die österreichische Insolvenzverwalterin – man dürfe sich nicht weiter äußern.

Bitter ist die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens vor allem für die Mitglieder, die ihren Beitrag für das gesamte Jahr bereits bezahlt haben. Ob sie das Geld zurückbekommen – immerhin knapp 155 Euro im Jahr –, ist unklar. Das Unternehmen hat laut den Informationen des Insolvenzverwalters einen gewaltigen Schuldenberg. 905.530,26 Euro stehen den Gläubigerinnen und Gläubigern danach noch zu. Dazu kommen die bereits gezahlten Beiträge der Mitglieder.

Begründet wird die Insolvenz so: „Das Abgleiten in die nunmehrige Insolvenz wird auf den Wegfall der Geschäftsidee durch das geänderte Konsumverhalten der Menschen in Folge der Wirtschaftskrise und hoher Inflationsrate zurückgeführt. Aufgrund der vielfältigen finanziellen Engpässe vieler Konsumentinnen und Konsumenten kam es in der Lebensmittelbranche zu einem drastischen Rückgang der Innovationen und keiner Bereitschaft mehr, neue Produkte auf den Markt zu bringen.“

Markus Pauschinger hat einen monatigen Mitgliedsbeitrag unfreiwillig in den Sand gesetzt – mit 12,90 Euro eine verhältnismäßig ertragbare Summe. Er sagt: „Mir tun die Leute leid, die eine Jahresmitgliedschaft eingegangen sind. Für zwei Monate süße Limo und Süßigkeiten ganz schön viel Geld.“ (red)