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„Das kann man keinem Bürger mehr erklären“Streit um Baum am Bahnhof Belvedere verursacht Demo

Lesezeit 3 Minuten
Menschen stehen zusammen auf einem Platz. In der Mitte hält eine Frau ein Mikrofon.

Die Lindenthaler Bezirksbürgermeisterin Cornelia Weitekamp sprach bei der Demo.

Vertreter aus Politik, Landschaft- und Denkmalschutz sowie Bürgervereinen demonstrierten gegen das Fällverbot der Platane am Bahnhof Belvedere.

In Belgien herrscht Kopfschütteln. Das erzählt Andreas Schaeben, belgischer Honorarkonsul. „Man hat überhaupt kein Verständnis dafür, dass die Sanierung des Bahnhofs Belvedere durch den Erhalt eines einzelnen Baumes gefährdet wird“, sagt er. Der Bahnhof Belvedere sei eine Hinterlassenschaft der weltweit ersten internationalen Eisenbahnstrecke Köln – Antwerpen, somit auch ein Teil belgischer Geschichte.

Deswegen ist er heute bei der Demo vor der Haustür der Bezirksregierung an der Zeughausstraße dabei und protestiert gegen ihr Vorgehen, mit rund fünfzig anderen Menschen aus der Politik, dem Denkmal- und Landschaftsschutz sowie diversen Bürgervereinen. Denn die Bezirksregierung hat gerade Oberbürgermeisterin Henriette Reker angewiesen, die Genehmigung zur Fällung der dicht am Bahnhof Belvedere wachsenden und das Gebäude unterwurzelnden Platane nicht zu erteilen.

Bezirksregierung beteiligt sich an langjährigen Streit

Damit ist die Landesbehörde dem Kölner Umweltamt beiseite gesprungen. Das verweigert seit einem Jahrzehnt die Fällung des Baumes, weil sein Beirat, ein beratendes Gremium darauf pocht, dass die Platane ein Naturdenkmal sei, sich im Landschaftsschutzgebiet befinde und stehen bleiben könne, wenn der Bahnhof saniert wird.

Alles zum Thema Barbara Schock-Werner

Für die Sanierung setzt sich seit 2012 der Förderkreis Belvedere ein. Das Liegenschaftsamt hatte daher bereits im Jahr 2014 seine Fällung beantragt – und war am Umweltamt gescheitert. Über den langjährigen Streit zwischen Baum- und Denkmalschützern entschied im vergangenen Jahr der Petitionsausschuss des Landes NRW: Nach Ortsterminen und auf der Basis eines wissenschaftlichen Gutachten kam er zu dem Ergebnis, dass die Platane entfernt werden müsse.

Bezirksregierung stoppt Fällung der Platane

Die Oberbürgermeisterin wies daher das Umweltamt an, zu fällen, vergeblich. Der Umweltausschuss des Stadtrats entschied, dass die Platane zu entfernen sei. Die Bezirksregierung schrieb derweil bereits, die Platane müsse bleiben. Das Umweltamt fällte nicht. Die Oberbürgermeisterin bereitete einen neuen Ratsbeschluss zur Fällung vor – und wurde nun von der Bezirksregierung offiziell zurückgepfiffen.

Die Behörde argumentiert, ihre rechtliche Überprüfung habe ergeben, dass die Fällung gegen geltendes Naturschutzrecht verstoße, weil sich die Sanierung des Denkmals und der Erhalt des Baumes in Einklang bringen ließen. Damit schließt sie sich der Argumentation des Beirats des Kölner Umweltamts an, der sich vehement für den Erhalt des Baumes einsetzt und auf ein älteres Gutachten stützt.

Kritik von Experten und Politikern

Die ehemalige Beiratsvorsitzende, Landschaftsplanerin Annette Heusch-Altenstein, demonstriert an diesem Tag ebenfalls für die Fällung: „Mit den Dachplatanen als Beiwerk des Bahnhofs, habe der Planer, Gartenbaudirektor Greiss, einen Übergang von Kultur in die Wildnis inszeniert“, erläuterte sie. „Die mussten aber regelmäßig geschnitten werden, dann breiten sich die Wurzeln auch nicht aus.“ Die Stadt Köln habe das nicht getan, so dass die Bäume aus der Form geraten seien und ihre ehemalige Funktion verloren hätten.

Zwei der ehemals acht Bäume seien von den letzten Bahnhofsbewohnern bereits gefällt worden, weil sie ins Gebäude wuchsen. „Die Fällung dieser Platane zu verweigern ist ein Fehlbaumschutz“, betont Heusch-Altenstein. Ziel sollte sein, durch Neupflanzungen den ehemaligen Zustand wieder herzustellen.

Für die Lindenthaler Bezirksbürgermeisterin Cornelia Weitekamp ist es nicht nachvollziehbar, warum die Bezirksregierung die Ergebnisse des hundert seitigen Gutachtens des Petitionsausschusses ignoriert. „Danach ist Fakt“, sagte sie, „dass der heutige Zustand keinen Wurzeleinwuchs verhindern kann, weder in das Gebäude noch in die Grundleitungen.“

Auch die ehemalige Dombaumeistern Barbara Schock-Werner ärgert sich: „Es handelt sich ja nicht um einen einzelnen Baum, der eine Landschaft dominiert“, sagt sie, „sondern um eine räudige Platane, die unglücklich direkt nehmen dem Bahnhof steht.“

Der Baum habe mittlerweile Kosten in Höhe von 200.000 Euro verursacht, an Gutachten und Sitzungsgeldern. „Damit hätte man den ganzen Park wieder herrichten können“, so Schock-Werner. „Das kann man keinem Bürger mehr erklären.“ Der Stadtrat wird nun an seiner Sitzung am Donnerstag erneut über die Platanenfällung beschließen, beispielsweise, ob er gerichtlich gegen die Weisung der Bezirksregierung vorgehen wird.