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Kölner Friseur Vincenzo di CesareNachfolgerin für Le Coiffeur an der Zülpicher Straße gefunden

Lesezeit 4 Minuten

Enzo verpasst einem Stammkunden einen neuen Schnitt.

Sülz – „Amore“ gehört für den kölschen Italiener Enzo einfach dazu, wenn er singt und wenn er Haare schneidet oder beides gleichzeitig tut: Dann trällert er Liebeslieder, italienische und französische Chansons aus den 70er-Jahren, knufft seine Kunden aufmunternd in den Arm und dreht sie auf dem Stuhl mit dem Gesicht zum Spiegel: „So, mein Schatz, fertig. Aber nicht schimpfen!“ Der frisch frisierte ältere Herr im Stuhl spielt mit: „Aber, nein mein Schatz. Du kennst mich doch.“

Wer zu Enzo in den Salon Le Coiffeur an der Zülpicher Straße 261 kommt, hat eine Beziehung zu ihm, meist seit langer Zeit. Mancher Mann kommt mit Ehefrau, die dann auch ein Wörtchen mitzureden hat. „Aber nicht zu kurz, Enzo“, mahnt die Frau. Enzo weiß Bescheid. Mit Trägern am Hosenbund, altrosa Hemd und Krawatte ist er ein Barbier wie aus einer Rossini-Oper. Er steht seinen Kunden mit Rat und Tat beiseite.

30 Jahre „Le Coiffeur“

Vor einigen Monaten feierte „der netteste Friseur Kölns“, wie er von Kunden gerne beschrieben wird, ein Jubiläum. 30 Jahre ist er „Le Coiffeur“ an der Zülpicher Straße – und zu diesem runden Geburtstag hat er seinen Salon an eine ebenso tatkräftige Kollegin abgegeben: Petra Drumm heißt die neue Inhaberin.

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75 Jahre ist Enzo mittlerweile – und viele seiner Stammkunden sind mit ihm alt geworden: Josef Hahn beispielsweise war lange Dozent am Institut für anorganische Chemie der Universität zu Köln. Seit 20 Jahren lässt er sich bei Enzo die Haare schneiden. Mittlerweile ist er im Ruhestand, kommt aber von seinem Wohnhort im Hahnwald zum Haareschneiden nach wie vor nach Sülz, wo der Friseur ihn mit „mein Schatz“ begrüßt und Liebeslieder singt.

Enzo, eigentlich Vincenzo di Cesare, wurde 1941 in Apulien, am Südzipfel Italiens geboren. Sein Vater zog irgendwann nach Belgien. Im Alter von 18 Jahren folgte Enzo ihm. „Als ich ihn in Brüssel besucht habe, habe ich mich in die Stadt verliebt und bin dort geblieben“, erzählt er. Dort machte er seine Ausbildung als Friseur, seinen Meister und arbeitete beim Edelcoiffeur Lintermans, der Filialen in Knokke, Paris und New York betrieb.

Auf einem großen Dampfer angeheuert

Und so verschlug es auch Enzo in die weite Welt. In der französischen Hauptstadt lernte er viel über Chic. In den 70er-Jahren heuerte er auf einem großen Dampfer an und bereiste als singender Friseur die Weltmeere. Als er einen Onkel in Köln besuchte, blieb er. „Ich habe gesagt, wenn ich in zwei Tagen einen Job habe, bleibe ich hier.“ Kurze Zeit später arbeitete er bei einem Landsmann – bis er 1985 den Laden an der Zülpicher Straße übernahm, der schon immer dort war. Er wurde sesshaft, bekam „drei wunderschöne Kinder“ und sang manchmal im Maritim.

Als er 50 wurde, machte er seiner Familie, Freunden und Kunden ein besonderes Geschenk. Er nahm in einem Studio eine CD auf. 700 Exemplare gingen weg wie heiße Semmeln. Nach dem 70. Geburtstag wurde ihm der alltägliche Wirbel im Geschäft jedoch allmählich zu viel. Er wollte kürzer treten. Sohn Antonio konnte den Laden allerdings nicht allein schmeißen. Fast wäre Le Coiffeur der nächste Familienbetrieb in Sülz gewesen, der nach Jahren seine Pforten hätte schließen müssen.

Da fand sich mit Petra Drumm glücklicherweise eine passende Retterin. Sie sammelte ihre ersten Frisier-Erfahrungen in den glamourösen 80er-Jahren – als Frisuren noch die Beschreibung Haarmähnen verdienten – bei „Eventfriseur“ Hans Burger am Gottesweg und ließ sich durch Besuche von Modenschauen in Paris und Bologna inspirieren. Nach einem 16- jährigen Intermezzo im Immobiliengewerbe zog es sie wieder in die Welt der Coiffeure.

Sie erlernte neue Schneidetechniken und übernahm den kleinen Salon – und seine Seele: Enzo. Er frisiert hier immer noch den einen oder anderen „Schatz“, macht aber zwischendurch auch einmal einen Tag Pause.