Die Bürgerinitiative "Hochwasserschutz Dünnwald" sammelt seit einem Jahr Informationen zur Hochwasserkatastrophe vor einem Jahr. Ihre Ergebnisse sind stichhaltig, doch noch bewegt sich wenig in Politik und Verwaltung. "Wir sind ernüchtert", sagt Jürgen Hein. Er ist in Dünnwald aufgewachsen und musste vor fast genau einem Jahr mit ansehen, wie etwa 120 Häuser in seiner Nachbarschaft geflutet wurden. Jetzt arbeitet der IT-Fachmann mit der Bürgerinitiative "Hochwasserschutz Dünnwald" die Ereignisse der Nacht auf den 15. Juli auf.
"Wir suchen nach Zahlen, Daten und Fakten. Wir machen das gerne, fühlen uns von der Verwaltungen und den Stadtentwässerungsbetrieben (Steb) aber auch allein gelassen", sagt er. Weder Steb noch Wupperverband, der für den Dünnwälder Mutzbach verantwortlich ist, waren laut der Bürgerinitiative zeitnah nach dem Starkregen vor Ort.
Dagegen radelte Thomas Möritz schon einen Tag nachdem die Wassermassen Schäden in zweistelliger Millionenhöhe anrichteten den Weg des Wassers ab. Er wollte den Flutverlauf nachvollziehen und suchte nach Spuren. Schnell wurde ihm klar: Die Theorie, dass der kleine Mutzbach diese Zerstörung anrichtete - das kann nicht stimmen. Er fuhr bis zum Regenrücklaufbecken an der Diepeschrather Mühle, schon fast in Bergisch Gladbach.
Hier schwappte das Wasser über und entwickelte sich zu einer Flutwelle. Durch Einsicht in Akten der Steb konnte die Bürgerinitiative nachvollziehen, dass ein Mitarbeiter vor Ort das Becken öffnete, weil er nicht mit diesen Wassermassen rechnete. Eigentlich hätte es geschlossen bleiben müssen. "Die Verwaltung schob hier dann Verantwortlichkeiten von sich weg, obwohl die Fehlerquellen eigentlich klar nachzuvollziehen sind", sagt Möritz.
"Wir machen aber keine Vorwürfe, damit konnte ja keiner rechnen", sagt Ulf Tenholte. Auch der Versicherungsmakler gründete die Bürgerinitiative mit. "Wir wollen nur sicherstellen, dass wir das nächste Mal vorbereitet sind. Wir gehen hier nicht weg, wollen uns aber sicher fühlen." Das Trauma sitzt tief in der Gemeinschaft, auch wenn alle Bewohnerinnen und Bewohner ohne größere Verletzungen davonkamen.
Bürgerinitiative rechnet mit weiteren Flutkatastrophen
Also bereitet Dünnwald sich auf den nächsten Starkregen vor. Die vier Männer von der Bürgerintiative haben auch alle privat ihre Keller nach den Aufräumarbeiten sicherer gemacht. Sie sind sich einig: Begünstigt durch den Klimawandel werden solche Ereignisse häufiger auftreten. "Auch wenn die Steb immer von einem Jahrtausendereignis spricht, kann uns keiner garantieren, dass es in den nächsten Jahren nicht nochmal passiert", sagt Hein.
Deshalb werde die Dünnwalder einen Bürgerantrag stellen. Die Verwaltung soll die Ereignisse vom vergangenen Juli exakt nachmodellieren, sodass mathematisch nachvollziehbar wird, was schiefgegangen ist. Die Starkregenschutzkarten sollen aktualisiert werden, denn diese theoretischen Modelle stimmten nicht mit den realen Wasserbewegungen überein. Dämme sollen im Wald errichtet werden. Und ein Frühwarnsystem soll eingerichtet werden, das über die Kommunengrenzen hinweg funktioniert.
Kommunikationsprobleme zwischen den Kommunen
"Bergisch Gladbach wusste Bescheid", sagt Tenholte. "Aber deren Zuständigkeit endet kurz vor Dünnwald. Von Köln erhielten wir keine Warnung." Diese Probleme in der Kommunikation zwischen den Kommunen hatten schlimme Auswirkungen, seien aber kein neues Phänomen. So wurde der rechtsrheinische Randkanal, durch den das Regenwasser in den Rhein abfließt, in Bergisch Gladbach mit einer Breite von fünf mal fünf Quadratmetern gebaut. Auf Kölner Seite hat ist er nur etwa halb so breit und konnte so viel weniger Wasser fassen.
Laut der Bürgerinitiative war dies ein wichtiger Grund für die Überschwemmungen. Der Rückstau im Randkanal führte zur Überschwemmung des Rückstaubeckens und damit zur Welle durch die Siedlung. Diese bauliche Entscheidung hatte in den Neunzigern einen einfachen Grund: Die Verwaltung wollte durch die kleineren Röhre Kosten sparen. So steht es in einem Planfeststellungsbeschluss, der dem Kölner Stadt-Anzeiger vorliegt.
Fehlende Wertschätzung
Jetzt sieht die Bürgerinitiative auch den in Bergisch Gladbach geplanten Anschluss der Strunde an den rechtsrheinischen Randkanal kritisch. Erst müsse sichergestellt werden, dass die Infrastruktur mit Wassermassen wie im Juli auch umgehen kann, bevor die Wassermenge im Kanal erhöht wird.
„Vom Wupperverband wurde uns gesagt, dass Berechnungen stattfinden werden“, sagt Tenholte. „Aber wir würden gerne mehr eingebunden werden und wissen, was passiert“, ergänzt Hein. Ihm fehlt die Wertschätzung für die ehrenamtliche Arbeit. Im vergangenen Jahr wurden aus den vier Dünnwäldern während hunderter Stunden Experten für Hochwasserschutz. „Obwohl es bei uns eigentlich um Starkregenschutz geht“, lacht Tenhofen. „Aber um uns jetzt nochmal umzutaufen, sind wir schon zu weit.“