In den nächsten zehn Jahren hat laut Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) die Sanierung von 4000 Autobahnbrücken in Deutschland Vorrang.
NRW-VerkehrsministerKaum Chancen für neue Rheinbrücke im Kölner Süden
NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) räumt der geplanten neuen Rheinquerung im Kölner Süden keine großen Chancen ein, obwohl sie im Bundesverkehrswegeplan 2030 als eines der Neubauprojekte mit „hoher Priorität“ eingestuft wurde.
„Wir müssen in den nächsten zehn Jahren in Deutschland 4000 kaputte Autobahnbrücken reparieren. Das sind 400 pro Jahr“, sagt Krischer beim 5. Mobilitätskongress der IHK in Köln. „In diesem Jahr haben wir nur 174 geschafft, weil uns weder die Finanzmittel noch die Bauingenieure zur Verfügung stehen, um mehr zu machen.“
Autobahn GmbH muss bis 2032 rund 4000 Brücken sanieren
Damit enttäuscht Krischer gleich zu Beginn die Hoffnungen der IHK-Präsidentin Nicole Grünewald, die in ihrer Einführung die Rheinquerung als „ganz wichtiges Projekt“ bezeichnet hatte. „Mir persönlich ist es egal, ob es eine Brücke oder ein Tunnel wird, aber wir werden auch in Zukunft noch Straßenverkehr brauchen. Für die Grünen ist das nicht so leicht, sie setzen ja mehr auf das Lastenrad. Aber wir sind hier nicht zum Kuscheln, sondern zum Diskutieren“, so Grünewald.
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Darauf lässt sich der NRW-Verkehrsminister gern ein. Die Infrastruktur in Nordrhein-Westfalen sei über Jahrzehnte „sträflich vernachlässigt“ worden. Deshalb habe die neue schwarz-grüne Landesregierung neue Prioritäten setzen müssen. Erhalt und Sanierung müssten in den kommenden Jahren den Vorrang vor dem Neubau von Straßen haben. Deshalb stehe eine neue Rheinbrücke in der Prioritätenliste „ganz hinten“.
Den Einwand des Hauptgeschäftsführers der IHK Köln, Uwe Vetterlein, die neue Rheinquerung müsse schon deshalb vordringlich behandelt werden, weil ohne diesen Neubau weder die Rodenkirchener Brücke im Kölner Süden noch die Bonner Rheinbrücken von Grund auf saniert werden könnten, lässt Krischer nicht gelten.
Im Gegensatz zu Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), der nach dem alten Schema im Bundesverkehrswegeplan wie in der Vergangenheit üblich einfach alles priorisiere und dann „alles ein bisschen angefangen wird“, obwohl Ressourcen und Personal fehlen, werde er unangenehme Wahrheiten aussprechen. „Wir streuen den Menschen keinen Sand in die Augen.“
Die schwarz-grüne Landesregierung setze den Schwerpunkt auf den öffentlichen Verkehr. „Schienen- und Radverkehr sind das Rückgrat der Mobilitätswende. Wir wollen das Auto nicht verteufeln, sondern ein neues Angebot schaffen.“
Er sei „der größte Kritiker“ des 9-Euro-Tickets gewesen, sagt Krischer. Er habe gefordert, das Geld besser in die Infrastruktur zu stecken und sich damit geirrt. Das Ticket sei der „Mauerfall beim ÖPNV“ gewesen. Jetzt müsse es darum gehen, das Angebot zu stabilisieren und dann auszubauen. „So können wir es auch schaffen, bis 2030 die Fahrgastzahlen im öffentlichen Verkehr um 60 Prozent zu erhöhen.“ Damit das gelinge, müsse deutlich mehr Geld auch in die ländlichen Räume fließen, um sie besser an die Ballungsräume anzubinden.
Vor welchen Problemen die Unternehmen aus der Logistikbranche im Rheinland stehen, beschreibt Sabine Baumann-Duvenbeck, Geschäftsführerin der Viktor Baumann GmbH & Co. KG aus Bonn. Das auf Schwertransporte spezialisierte Unternehmen hat nach ihren Angaben immer größere Schwierigkeiten, Genehmigungen für die Fahrten auf Autobahnen zu bekommen.
Schwertransporte zittern um Genehmigungen für Autobahnfahrten
„Nahezu täglich werden neue Brücken wegen ihres schlechten Zustands abgelastet“, sagt Baumann-Duvenbeck. Bei Strecken, die man früher in einer Nacht gefahren sei, müsse man inzwischen zittern, ob man überhaupt eine Genehmigung bekomme. Dabei sei man vor allem mit Transportgütern unterwegs, die für den Ausbau der erneuerbaren Energien dringend gebraucht werden. Die reinen Transportkosten eines Schwertransports per Lkw seien inzwischen geringer als die Nebenkosten, „um ihn auf die Straße zu bringen.“
Zu allem Überfluss sei es für Logistikunternehmen im Rheinland nahezu unmöglich, Grundstücke für neue Ansiedlungen oder Erweiterungen zu finden. In nahezu allen neuen Gewerbegebieten beispielsweise im Norden von Bonn sei Logistik „grundsätzlich ausgeschlossen“, so Baumann-Duvenbeck.
IHK fordert Bekenntnis der Regierung zur Logistikbranche
Das sei mit den Windrädern vergleichbar, so IHK-Hauptgeschäftsführer Uwe Vetterlein. „Alle wollen sie haben, aber keiner bei sich vor der Haustür. Wir brauchen das Bekenntnis und den Mut einer Landesregierung, Logistikflächen festzulegen und dann die Kommunen motivieren, sie auch zu bauen. Sonst gibt es keine Umladestationen am Stadtrand und damit auch keine E-Mobilität in den Innenstädten.“
Genau die braucht aber auch ein Verkehrsminister, für den sich die Verkehrswende nicht allein im Austausch der Antriebsart vom Verbrenner auf das E-Auto erschöpfen soll. „Autos brauchen Platz“, sagt Krischer. „In den Innenstädten wollen viele Menschen das nicht mehr so hinnehmen, ob das einem gefällt oder nicht.“ Der Verkehrssektor sei nun einmal das „Sorgenkind des Klimaschutzes. So können wir nicht weitermachen.“
Das Rheinland als eine Region, die von Mobilität und Logistik geprägt ist, weil das die entscheidende Grundlage der Wirtschaft sei, stehe deshalb vor der zusätzlichen Herausforderung, nicht bloß das Angebot zu verbessern und die Infrastruktur zu erneuern, sondern den Verkehr auch noch nachhaltig zu gestalten.
Eines der Zauberworte dafür sei Planungsbeschleunigung. „Viele Verfahren sind unvorstellbar komplex“, sagt Krischer. Dabei gehe es nicht immer nur um die Umweltverträglichkeitsprüfung, die sein Amtskollege Volker Wissing bei Ersatzneubauten am liebsten ganz abschaffen würde. „Wir müssen endlich ehrlich sein und nachschauen, an welchen anderen Stellen es zu Verzögerungen kommt“, forderte der Verkehrsminister. „In der Bundesregierung steht dieses Thema ganz oben an.“