AboAbonnieren

Obdachlosigkeit in KölnRatsbündnis lehnt Sofortmaßnahmen ab – Wärmezelt kommt nicht

Lesezeit 3 Minuten
Neuer Inhalt

Ein wohnungsloser Mensch auf der Kölner Schildergasse.

Köln – Kein Shuttle-Bus zu den Unterkünften, kein Wärmezelt am Bürgerhaus Stollwerck, keine Einzelzimmer für Wohnungslose. Linda Rennings hat eine klare Meinung zu der Winterhilfe, die die Stadt in diesem Jahr obdachlosen Menschen anbietet. „Das, was die Stadt macht, ist mangelhaft“, sagt die Vorsitzende des Vereins Heimatlos in Köln (HIK), die früher selbst obdachlos war. Statt das Wärmezelt in diesem Jahr wegzulassen, müsse es an zentralen Orten wie dem Ebertplatz und dem Wiener Platz Aufenthaltsräume für Wohnungslose geben.

In der Ratssitzung am Dienstag vergangener Woche lehnte das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt einen Antrag aus der Opposition ab, in dem verschiedene Sofortmaßnahmen vorgesehen waren. Grünen-Politiker Floris Rudolph verwies in der Debatte unter anderen auf Wärmezelte, deren Aufbau bereits beschlossen sei. Wie die Stadt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ auf Anfrage mitteilte, sind Wärmezelte in diesem Winter jedoch nicht vorgesehen.

Köln bietet Wohnungslosen in diesem Jahr im Rahmen der Winterhilfe 72 Plätze an der Ostmerheimer Straße 220 an. Dort können sie sich duschen, Wäsche waschen und Kontakt zu Sozialarbeitern aufnehmen. Der Aufenthalt ist rund um die Uhr möglich, es gibt warme Getränke und ein Mittagessen. Wohnungslose EU-Zuwanderer können nachts auch in der Unterkunft für Humanitären Hilfe an der Vorgebirgstraße unterkommen. Zusätzlich führt die Stadt Kältegänge bei Minustemperaturen durch. Es wurden zwei zusätzliche Stellen für Streetworker geschaffen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Aber warum wurde gerade das Wärmezelt in diesem Jahr – entgegen der Aussage in der Ratsdebatte – eingespart? Kosten und Aufwand seien zu hoch, teilt eine Stadtsprecherin mit. Die Verwaltung stehe aber in Verhandlungen mit Akteuren und Trägern der Winterhilfe, um schnellstmöglich Räumlichkeiten und Lösungen für die Menschen zu realisieren. Und zu den Einzelzimmern heißt es: Es gebe bei einzelnen Trägern die Möglichkeit der Unterbringung in Einzelzimmern. Derzeit könne aber nicht jedem Obdachlosen ein Einzelzimmer angeboten werden. Die Stadt befinde sich momentan in der Akquise.

Mangelnde Hygiene und Angst vor Corona

Vielen Helfern reicht das Angebot nicht. „Man hat offenbar das ganze Jahr nicht gehandelt“, sagt Rainer Kippe vom Aktionsbündnis gegen Wohnungslosigkeit und Stadtzerstörung. HIK-Chefin Rennings moniert, dass die Stadt auch in diesem Jahr auf Massenunterkünfte setzt. „Dort herrschen Zustände, die sind menschenunwürdig.“

Obdachlose klagten immer wieder über Streitigkeiten, mangelnde Hygiene und Diebstähle. Zudem hätten viele Wohnungslose Angst vor Corona-Infektionen. „Überall werden Abstände und Hygiene eingefordert, aber für Obdachlose gelten die Regeln offenbar nicht. Man setzt sie bewusst einem Risiko aus.“

Antrag von SPD, Linke und FDP scheitert im Rat

Mit ihrem gemeinsamen Antrag in der Ratssitzung hatten SPD, Linke und FDP Nachbesserungen bei der Winterhilfe gefordert. Die Ziele des gemeinsamen Antrags: Eine Taskforce der Verwaltung mit zentralem Ansprechpartner für das Thema im Büro der Oberbürgermeisterin, Ausweitung der Drogenkonsumräume, Wärmezelte und Tagesunterkünfte. „Jeder in dieser Stadt weiß, dass die Stunde geschlagen hat. Handeln ist gefragt und zwar jetzt und heute“, sagte Katja Hoyer (FDP) im Rat.

„Trafen sich obdachlose Menschen bislang an zentralen Orten, sind sie nun in der ganzen Stadt anzutreffen“, so Hoyer weiter. Michael Paetzold (SPD) sagte mit Blick auf die Einrichtung in Merheim: „Diese Angebote müssen über die Stadt verteilt sein. Es ist völlig blauäugig zu glauben, dass irgendjemand vom Neumarkt nach Merheim fährt.“

Das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt stimmte geschlossen gegen das Papier. Floris Rudolph bezeichnete den Antrag als ein „wirres Sammelsurium schön klingender Maßnahmen“. Ein Großteil der vorgeschlagenen Maßnahmen sei aber ohnehin in Bearbeitung. Es sei „purer Populismus“, der Verwaltung und dem Ratsbündnis Untätigkeit vorzuwerfen, so Rudolph weiter.