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Kölner Krankenhaus in der Krise„Haben noch nie so viele unlautere Angebote bekommen“

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Im Triage-Zelt vor dem Eingang werdenneue Patienten zunächst befragt und begutachtet.

Köln – Die Mitarbeiter sind vorbereitet, die Krisenpläne stehen, das Material zur Versorgung Corona-erkrankter Patienten liegt bereit. Im Krankenhaus Porz am Rhein sind Ärzte, Pflegepersonal und Verwaltung darauf vorbereitet, dass vom Wochenende an oder zu Beginn der nächsten Woche eine deutlich größere Zahl Infizierter behandelt werden muss. Die Welle rollt heran. Deshalb herrscht im Haus derzeit eine Atmosphäre konzentrierter Erwartung.

„Wir haben alle Behandlungen, die nicht zwingend notwendig sind, zurückgestellt“, sagt Privat-Dozent Henning Krep, Ärztlicher Direktor des Krankenhauses. Weil planbare Eingriffe und Behandlungen verschoben wurden, um Kapazitäten frei zu halten, ist das Haus jetzt nur zur Hälfte belegt. „Zum Glück haben trotz aller Kürzungen wir in Deutschland und auch in unserem Haus eine hohe Bettendichte. Das kommt uns im Krisenfall zugute und wird politische Entscheidungsträger hoffentlich davon überzeugen, dass das auch auf Dauer gut ist“, sagt Pflegedirektorin Andrea Hopmann.

Die Mitarbeiter kümmern sich unter bestmöglichem Schutz vor Ansteckung um die Patienten, die wegen unterschiedlicher Krankheiten im Haus behandelt werden, und achten bei Neuzugängen streng darauf, das Risiko zu minimieren. „Wir haben ein Triage-Zelt vor dem Eingang, in dem neue Patienten zunächst befragt und begutachtet werden, ehe über die Aufnahme entschieden wird“, schildert Krep. In jedem einzelnen Fall gehe es um die Abwägung zwischen akutem Problem und Ansteckungsrisiko. Eine Ansteckungsgefahr gehe ja nicht nur von Kranken aus, die mit typischen Covid-19-Symptomen kämen, sondern auch vor solchen, die wegen anderer Beschwerden aufgenommen würden und vielleicht erst nach zwei Tagen auch Corona-Symptome zeigten.

Krankenhaus in Köln-Porz früh mit Corona-Patienten

Infizierte Menschen werden isoliert, möglichst alle Kontaktpersonen in einem aufwändigen Verfahren identifiziert und gleichfalls nach einem gut eingeführten Regelwerk isoliert und betreut. Das gilt auch für bisher acht Kolleginnen und Kollegen aus dem Krankenhaus-Team, die positiv auf das Virus getestet wurden. „In manchen Fällen konnten wir die Ansteckungswege klar nachvollziehen, in anderen nicht“, macht Krep die Unwägbarkeiten im Kampf gegen das neuartige Virus deutlich. Aus jeder neuen Erfahrung lernt das Team. „Im täglich tagenden Krisenstab werden die Rahmenbedingungen nachjustiert“, sagt Andrea Hopmann. Personell sei das Haus gut vorbereitet.

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Etliche intensivmedizinisch ausgebildete Kolleginnen und Kollegen, die zum Teil inzwischen in anderen Bereichen tätig seien, hätten schon ihre Unterstützung angeboten. Die Einsatzbereitschaft des gesamten Teams sei vorbildlich.

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Das Porzer Krankenhaus war am 14. März eines der ersten Häuser in Köln, das eine Corona-Patientin beatmen musste, wie Krep sagt. Diese Kranke sei so weit genesen, dass sie keine intensivmedizinische Hilfe mehr brauche. Eine weitere Patientin werde derzeit beatmet. Unter anderem aus baulichen Gründen könne das Krankenhaus seine Beatmungskapazitäten aktuell nicht erweitern, die vorhandenen 20 Plätze würden für die erwartete Infektionswelle und Akuterkrankte vorgehalten.

Mittel von Bund und Land lassen auf sich warten

Mit erheblichem Zeitaufwand und bemerkenswertem Einfallsreichtum, was neue Lieferquellen und -wege betrifft, kümmert sich die Krankenhausverwaltung derweil um den Nachschub an Material. „Für einige Wochen reichen unsere Vorräte an Schutzausrüstung und Desinfektionsmitteln“, macht Verwaltungsdirektor Arist Hartjes deutlich. „Wir warten auf die von Bund und Land zugesagten Mittel, unsere Einkaufsfachleute suchen aber darüber hinaus Beschaffungsmöglichkeiten“.Noch nie habe das Krankenhaus so viele Lieferangebote bekommen, geht Hartjes auf Unterstützungsideen von Firmen ein, die – wie Evonik in Lülsdorf – statt Grundsubstanzen für die chemische Industrie jetzt Desinfektionsmittel herstellen. „Noch nie haben wir aber auch so viele unlautere Angebote bekommen“, verweist Hartjes auf abstoßende Geschäftemacherei.

Der Ärztliche Direktor baut in diesen Tagen auf Unterstützung vom Land. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann habe ihm in einem Telefonat schnelle Hilfe versprochen, sagt Krep. Ein 27-Millionen-Euro-Paket werde rasch über die Krisenstäbe an die Einrichtungen im Land verteilt.Der Einsatz des Krankenhausfördervereins bei der Versorgung in der Krise ist willkommen. Angebote von privater Seite, selbst genähte Schutzmasken zu spenden, braucht das Porzer Krankenhaus derzeit nicht. „In Abstimmung mit dem Kölner Krisenstab verwenden wir im Krankenhaus keine solchen Masken, die nicht den Schutzkriterien der zertifizierten Masken entsprechen“, macht Krep deutlich. Zu groß seien im Klinik-Alltag auch die Unwägbarkeiten etwa bei der Aufbereitung solcher Stoffmasken.

Nur ein Besucher für sterbende Menschen

Während die Vorbereitungen auf die Welle von Corona-Neuerkrankten laufen, geht es im Porzer Krankenhaus ungewöhnlich ruhig zu. Die wenigen Patienten dürfen nur in besonderen Fällen Besuche empfangen. „Wenn jemand im Sterben liegt oder eine andere Ausnahmesituation vorliegt, darf maximal ein Besucher kommen“, sagt Hopmann.

In der Kinderklinik darf pro kleinem Patienten eine ausgewählte Person als Besucher zugelassen werden. Eine weitere Ausnahme gilt nach derzeitigem Stand für die geburtshilfliche Abteilung. Schwangere dürfen zur Geburt den werdenden Vater an ihrer Seite haben. Die Einschränkungen würden von Patienten und Angehörigen durchweg gut akzeptiert, sagt Arist Hartjes. In einer nie dagewesenen Situation müsse sich auch im Krankenhaus jeder den besonderen Herausforderungen stellen.