Die Demonstranten werfen Israel einen „Völkermord unter deutscher Beteiligung“ vor. Kritiker beschuldigen sie der Hamas-Propaganda.
Vorbild USAPro-palästinensisches Protestcamp vor Kölner Universität errichtet
Siebzehn Zelte und ein Pavillon stehen am Sonntagmittag im Schatten des Hauptgebäudes der Universität zu Köln. An ihnen befestigt wehen Palästina-Flaggen, auf denen Schriftzüge wie „Stop the genocide now“ zu lesen sind. Nach dem Vorbild studentischer Proteste in den USA hat die Gruppe „Students for Palastine“ seit Freitag nun auch in Köln zu einem pro-palästinensischen Protestcamp aufgerufen. Sie fordern ein Ende des angeblichen „Völkermords unter deutscher Beteiligung“ in Gaza und ein Stopp von Kooperationen zwischen der Uni Köln und den israelischen Partnerhochschulen.
„Wir wollen darauf aufmerksam machen, wie dramatisch die Lage in Gaza ist und schließen uns deswegen der globalen studentischen Protestbewegung an“, sagt einer der Demonstranten am Sonntag. „Außerdem fordern wir ein Ende der Kooperation der Uni Köln mit Hochschulen des rechten israelischen Regimes.“ Seinen Namen will er nicht in der Zeitung lesen – aus Angst, als Antisemit abgestempelt zu werden, sagt er. „Wir sind nicht antisemitisch, wir sind für Frieden.“
Auseinandersetzungen bei Demonstrationen an der Uni Köln
Seit Freitagnacht campieren er und seine Mitstreiter vor der Uni Köln. Dem vorausgegangen war eine Demonstration unter dem Motto „Nie wieder ist jetzt, und zwar für alle“, bei dem rund 140 pro-palästinensische Demonstranten vor der Universität zusammen kamen. Rund 30 Gegendemonstranten, unter anderem von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Köln (DIG) kamen ebenfalls.
Alles zum Thema Universität zu Köln
- Millionen-Förderung Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützt Graduiertenkollegs der Uni Köln
- Bei „Lindentalk“ zu Gast Kölner Professorin warnt vor übermäßiger Regulierung
- Asbest in Putz Jura-Bib der Uni Köln geschlossen – Verzögert sich Sanierung von Hauptgebäude?
- Interview mit Kölner Mobilitätsexperte Wie Künstliche Intelligenz Verkehr, Logistik und Industrie verändert
- Medienmacht in den USA gefährdet Europa „Ich hoffe, dass wir langsam aufwachen!“
- Pro-Palästina-Parolen Kölner Rathaus vor Besuch des israelischen Botschafters mit Farbe beschmiert
- Kölner USA-Experte Thomas Jäger „Trumps Wille ist künftig der Maßstab für Politik“
Die DIG wirft den Demonstranten vor, Hamas-Propaganda zu verbreiten und „Apologeten des Terrors“ zu sein, heißt es in einem Statement. „Die Raumnahme dient dazu, die Universitätsleitung der Universität zu Köln, die sich bislang engagiert im Kampf gegen Antisemitismus zeigt, zu bedrängen. Jüdische und israelsolidarische Studierende sollen massiv eingeschüchtert werden“, sagte der DIG-Vorsitzende Johannes Platz bei der Gegendemonstration.
Bei der Demonstration kam es auch zu Auseinandersetzungen: Laut Polizei versuchte eine pro-palästinensische Demonstrantin einer Gegendemonstration die Israel-Fahne zu entreißen. Es kam zu einem Gerangel, eine Demonstrantin wurde bespuckt. Ein weiterer Teilnehmer stellte Strafanzeige wegen Beleidigung, auch ein Polizeibeamter wurde beleidigt und stellte Strafanzeige, berichtet ein Sprecher der Polizei.
Nach der Demo hatten sich dann einzelne Aktivisten zu dem Protestcamp zusammengeschlossen - und es scheint zu wachsen. Am Samstag standen nur vier Zelte auf der Uniwiese, am Sonntag waren es dann 17. Bisher wird das Camp von der Polizei geduldet. Am Montag soll dann auch in Abstimmung mit der Stadt Köln, der die Uniwiese gehört, über das weitere Vorgehen entschieden werden. Man wolle sich an die Auflagen der Polizei halten, so der Demonstrant. Er betont aber auch: „Wir wollen den Protest weiterführen.“
Seit April haben sich die Proteste, ausgehend von der Columbia University in New York, auf mindestens 30 weitere Universitäten in den USA ausgeweitet. Die Demonstranten werfen Israel Kriegsverbrechen vor und kritisieren die hohe Zahl von Toten im Gazastreifen. Außerdem fordern sie die Universitäten auf, Kooperationen mit Israel zu beenden. Immer wieder soll es auch zu antisemitischen Zwischenfällen gekommen sein.
Zuletzt weitete sich der Protest weltweit aus, etwa nach Frankreich und Australien. An der Humboldt-Universität Berlin hat die Polizei am Freitag eine Demonstration rund 150 Teilnehmern aufgelöst. Laut den Berliner Beamten waren dort volksverhetzende Parolen zu hören.