Köln strampelt im Leerlauf. Erneut ist die Stadt Schlusslicht unter Deutschlands Metropolen.
Der Nachholbedarf bei den Investitionen ist einfach zu groß.
Die Umfrage des Fahrradsclubs führt zu einem vernichtenden Urteil. Doch es gibt Lichtblicke.
Köln – Es ist ein Desaster – obwohl die Stadt Köln seit dem letzten Fahrrad-Klimatest im Jahr 2016 einiges in Bewegung gesetzt hat, um das Radfahren in Köln attraktiver und sicherer zu machen: Bundesweit bleibt sie trotzdem das Schlusslicht der 14 Metropolen mit mehr als 500 000 Einwohnern. Da ist es auch kein Trost, dass auch Düsseldorf und die Revierstädte Essen und Dortmund nur auf die Note 4 kommen. „In Zeiten von Klimawandel und Staurekorden sind schlechte Vierer-Bewertungen tatsächlich ein Armutszeugnis“, sagt Thomas Semmelmann, Vorsitzender des ADFC in NRW.
Durchschnittsnote 4,4 wie im 2016 – Köln strampelt im Leerlauf und bewegt sich keinen Meter vorwärts. Gäbe es kein gutes Angebot öffentlicher Leihräder (Note 2,2) und die vielen Einbahnstraßen, die für Radler in Gegenrichtung freigegeben sind, das Ergebnis wäre noch schlechter ausgefallen. In zehn der 27 Kategorien wurde die Note 5 oder schlechter vergeben.
Note 5 bei Familienfreundlichkeit
Besonders schlecht schneidet die Millionenstadt bei der Familienfreundlichkeit ab. Mit den schlechtesten Noten in dieser Kategorie drücken die Teilnehmer der Umfrage aus, dass man selbst größere Kinder nicht guten Gewissens allein Rad fahren lassen kann (5,0) und dass die Radwege ungeeignet sind, sie mit Kinderanhängern oder Lastenrädern zu befahren (4,9).
170 000 haben sich bundesweit an der Online-Umfrage des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs beteiligt. 2350 waren es in Köln – und damit 60 Prozent mehr als vor zwei Jahren. Das zeigt, wie sehr das Thema den Zweiradnutzern auf den Nägeln brennt.
Nachholbedarf in vielen Bereichen
Ebenfalls miese Noten gibt es wegen der mangelnden Breite und der schlechten Qualität der Radwege (5,3 bzw. 5,1) sowie für fehlende Kontrolle von Falschparkern (5,3). Deutlich verschlechtert gegenüber der letzten Umfrage hat sich die Fahrradmitnahme im öffentlichen Nahverkehr (4,8; 2016: 4,5) sowie die Kategorie Werbung für das Radfahren (4,4; 2016: 4,1). Zudem wird die Frage, ob Radfahren Spaß macht oder Stress bereitet, in Köln deutlich häufiger negativ beantwortet als in anderen großen Städten (Köln: 4,4; andere Städte: 3,8).
„Dass wir immer noch das Schlusslicht sind, ist dem riesigen Nachholbedarf geschuldet, den die Stadt in vielen Bereichen der Radverkehrsförderung hat“, sagt der Vorsitzende des Kölner ADFC, Christoph Schmidt. Es habe „in jüngster Zeit positive Veränderung wie das Pilotprojekt #Ringfrei gegeben“. Das werde durchaus anerkannt, „aber insgesamt laufen wir in Köln den steigenden Radverkehrszahlen noch weit hinterher“. Die Bedingungen seien immer noch so schlecht, „dass wir die Sicherheit der Radfahrer gefährden. Wir schaffen es einfach nicht, das Radfahren attraktiver zu machen“.
30 Euro pro Kopf und Jahr investieren
Immerhin: Bei der nächsten Umfrage 2020 könnte am Ende ein leicht verbesserte Schulnote stehen. In der Kategorie „Fahrradförderung in jüngster Zeit“ hat sich Köln von 4,5 auf 4,2 verbessert. Sie liegt damit nur noch leicht schlechter als der bundesweite Mittelwert (4,1). Das ist ein kleiner Lichtblick.
Für den Kölner ADFC ist nach den erneut schlechten Bewertungen klar, dass Politik und Stadtverwaltung endlich „konkrete Umsetzungspläne mit verbindlichen Zeitvorgaben“ vorlegen müsse. Die Ausgaben für den Radverkehr in Köln müssten schnellstmöglich auf 30 Euro pro Einwohner und Jahr gesteigert werden.
„Wir brauchen ein qualitativ hochwertiges und stadtweit durchgängiges Radwegenetz – und das nicht erst in zehn Jahren“, so Christian Hölzel, Vorstand für Radverkehr beim ADFC Köln. Derzeit lägen sie grob geschätzt bei maximal sechs Euro. Über den genauen Betrag liegt der ADFC seit Jahren im Clinch mit der Stadt. Man wird sich einig darüber, welche Investitionen zum Ausbau der Radinfrastruktur zu zählen sind.
Dezernentin sieht Stadt auf gutem Weg
Sie habe Verständnis dafür, dass die zahlreichen Radfahrer eine „noch schnellere Umsetzung von Maßnahmen wünschen“, sagte Kölns Verkehrsdezernentin Andrea Blome. Man sehe sich auf einem „sehr guten Weg, die Stadt weiter fahrradfreundlicher zu gestalten“.
Der Stadtrat werde noch im Sommer eine Beschlussvorlage zur Umgestaltung der Kölner Ringe zur Beratung bekommen. Als Sofortmaßnahme würden 2019 die Ringe durchgehend mit Fahrrad-Piktogrammen versehen, die Planungen für separate breite Fahrradspuren auf der Christophstraße, Magnusstraße, Riehler Straße und Gummersbacher Straße vorangetrieben.
Überdies plant das Verkehrsdezernat laut Blome „zahlreiche Fahrradstraßen“. Als Beispiel führt sie den Friesenwall oder die Achse zwischen dem Neumarkt und dem Eifelplatz über die Fleischmengergasse, den Kleinen Griechenmarkt und den Weidenbach an. Die Stadt habe in den vergangenen vier Jahren mehr als 10 000 zusätzliche Abstellplätze für Räder geschaffen und werde das auch 2019 „sehr intensiv betreiben“. Auch das sei ein „wichtiges Arbeitsfeld“ zur Förderung des Radverkehrs.