VerwaltungsreformWo die Kölner Ämter besser geworden sind - und wo nicht
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Köln – Die Verwaltungsreform ist ein Kernanliegen von Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Zu altmodisch, zu bürgerfern, zu behäbig, zu unzufrieden mit sich selbst war der Ämterapparat, weshalb sie die Reform zur Chefinnensache erklärte. „Die Ausgangslage war ziemlich desolat“, erinnert sich Reker an die Zustände in den Dienststellen, kurz nachdem sie OB wurde. Deshalb wolle sie die Stadtverwaltung in fünf Jahren zur modernsten in Deutschland machen, sagte sie damals.
Nun sind die fünf Jahre vorbei. „Wir haben nicht so viel geschafft, wie wir uns vorgenommen haben“, resümiert Reker. Dennoch sei die Verwaltung in vielen Bereichen „aufgeschlossener, leistungsfähiger und innovativer geworden“. Das jedoch betrifft vor allem die internen Strukturen, die Bürgerinnen und Bürger sehen bislang noch eher wenig von der Reform. Deshalb soll sie weitergehen, oder wie es Reker ausdrückt: „Ein so tiefgreifender Veränderungsprozess braucht einen langen Atem.“
Fördergeld online beantragen
299 Projekte haben die Verantwortlichen identifiziert und 182 davon seit 2017 umgesetzt, bilanzieren die Verantwortlichen. Rund 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den 90 Ämtern und Dienststellen haben sich – unterschiedlich intensiv – mit der Reform befasst. Unter anderem können inzwischen bestimmte Fördermittel digital beantragt werden, etwa Subventionen für Kultur oder die klimafreundliche Gebäudesanierung. Auch Hundesteuerangelegenheiten können seit geraumer Zeit online erledigt, Knöllchen in Supermärkten bezahlt werden, und in allen Bürgerämtern wurden Selbstbedienungsterminals aufgestellt, an denen Kölnerinnen und Kölner etwa Führerscheine und Reisepässe beantragen können. Die angeschobenen Online-Angebote für Bürgerinnen und Bürger sollen zudem sukzessive ausgebaut werden, versichert die Stadt. Im Beteiligungsportal meinungfuer.koeln können sich Bürgerinnen und Bürger online über Bau- und Stadtentwicklungsprojekte informieren und ihre Anregungen dazu platzieren.
Eines der wichtigsten, aber auch komplexesten Vorhaben der Verwaltungsreform ist die Einführung der digitalen Bauakte. Sie soll Baugenehmigungen beschleunigen, indem die vielen beteiligten Dienststellen besser vernetzt und nicht mit der Hauspost kiloweise Unterlagen herumgeschickt werden und Bauherrinnen und Bauherren Unterlagen einfacher einreichen können. Nach Worten von Maik Dick, dem Projektleiter der Verwaltungsreform, erteilt die Stadt jährlich 4000 Baugenehmigungen unterschiedlicher Vorhabengröße, dabei könne eine Bauakte bis zu 600 Seiten umfassen. Tausende analoge Akten wurden bereits digitalisiert, tausende müssen es noch werden. Seit vergangenem April nimmt die Verwaltung erste Wohnungsbauanträge online an. Das ist jedoch noch eine „Testphase“, wie Reker erläutert, um alle technischen Probleme zu überwinden. Ab dem 15. September, kündigt Dick an, könnten dann alle Wohnungsbauanträge online eingereicht werden.
Städtische Mitarbeiter waren unzufrieden
Dass die Bürgerinnen und Bürger derzeit noch nicht sonderlich viel von der Verwaltungsstruktur merken, liegt offenbar auch den internen Strukturen. In aufwendigen Mitarbeiterbefragungen eruierte Rainer Heinz vom städtischen Referat für Strategische Steuerung und sozusagen der Chef von Projektleiter Dick erst einmal die Stimmung im Personal. Und die war ziemlich mies. Heinz hat „große Probleme bei der Führung und der Zusammenarbeit“ ausgemacht, ein modernes Projektmanagement oder einheitliche Software fehlte oft, von Unternehmenskultur keine Spur. Diese Erkenntnisse seien auch für Heinz „niederschmetternd“ gewesen. Heinz und seine Leute hätten aber viele der Stadtbediensteten von der Reform überzeugen können. Unter anderem auch dadurch, dass das Führungspersonal mehr in der Pflicht ist. Nicht nur die Mitarbeitenden sollen nun Vorschläge für ein effektiveres Zusammenarbeiten vorlegen, auch jeder Dezernent und jede Dezernentin muss eine „Verbesserungsstrategie“ für das kommende Jahr vorlegen, sagt Heinz.
Mit einem „Bewerbungscenter“ – auch ein Projekt der Verwaltungsreform – geht die Stadt ihre oft verzweifelte Suche nach Fachkräften an. Es fehlt besonders an IT-Fachleuten, Ingenieuren und medizinischem Personal. Im Stadthaus in Deutz können Interessenten nun einfach vorbei kommen und sich über Jobs in der Verwaltung informieren, die Stadt ist auf Berufsmessen und Karriereportalen aktiv, berät Interessenten online, fragt eigeninitiativ bei Firmen nach, die sich von ihren Leuten trennen müssen. 60 professionelle „Recruiter“ fahnden nach neuem Personal. Über das Bewerbungscenter konnten rund 4200 externe und 1800 interne Bewerbungen erfolgreich abgeschlossen werden. Unter diesen waren auch Amtsleitungen oder der neue Stadtentwicklungsdezernent Andree Haack, der nach einige Wirrungen und der Beanstandung der Bezirksregierung nun kurz vor der endgültigen Verpflichtung steht. Abzüglich der altersbedingten Abgänge in der Verwaltung stieg der Personalstand von 2017 bis 2021 um 3644 auf 21.623 Menschen. Nach Angaben von Rana Martin Bhattacharjee, dem Leiter des Bewerbercenters, das ein jährliches Budget von bis zu 3,5 Millionen Euro hat, durchläuft inzwischen eine Mehrzahl aller Bewerbungen das Center.
„Ich habe es mir nicht so schwierig vorgestellt“, kommentiert Oberbürgermeisterin Reker den bisherigen Verlauf der Reform. Verwaltungen, nicht nur die in Köln, „neigen zu Stillstand“, musste sie feststellen. Dennoch sei der Start der Reform vor fünf Jahren ein „notwendiger Impuls“, sagt sie, auch wenn das Resultat bislang hinter den Erwartungen zurückgeblieben sei: „Wir mussten eben einfach mal beginnen.“
Die Stadtverwaltung hat eine Website eingerichtet, in dem die vergangenen, laufenden und künftigen Projekte sowie weitere Informationen zur Verwaltungsreform aufgeführt sind. Das Portal wird regelmäßig aktualisiert.