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„Wir müssen weiter wachsam sein“Kölner kämpfte 30 Jahre gegen Godorfer Hafen-Ausbau

Lesezeit 5 Minuten

Helmut Feld mit einem Anti-Ausbau-Plakat aus den 1980er Jahren.

  1. Helmut Feld war 33 Jahre lang einer der führenden und aktivsten Köpfe der Aktionsgemeinschaft Contra Hafenausbau mit mindestens zwölf angeschlossenen Vereinen und Initiativen.
  2. Seit der Rat am 26. September das Ende der Erweiterungspläne des Godorfer Hafens im Naturschutzgebiet Sürther Aue beschlossen hat, wird der Verein als „AG Hafen“ weiter geführt.
  3. Wir sprechen mit ihm über seine Triebfeder, die größte Niederlage sowie die Highlights im Kampf gegen den Ausbau und ob er sich als Aktivist bezeichnen würde.

Herr Feld, was fällt Ihnen spontan zum 26. September 2019 ein?

Das war ein guter Tag, es war ein erfolgreicher Tag für uns Ausbaugegner. Ich empfinde es als tiefe Genugtuung, dass wir als kleine Gallier im Kölner Süden nach 33 Jahren das ganze Hafenprojekt mit Hilfe von vielen Mitstreitern beendet haben.

Beschreiben Sie den Augenblick, als der Rat seinen Beschluss verkündet hat.

Alles zum Thema Häfen und Güterverkehr Köln

Zur Person

Helmut Feld hat mehr als 30 Jahre gegen den Ausbau des Godorfer Hafens gekämpft. Der 74-Jährige ist verheiratet, hat zwei Söhne und vier Enkelkinder. Feld wurde in Siegburg geboren und lebt seit 1948 in Sürth. Als Diplom-Ingenieur hat er in internationalen Teams bei Ford gearbeitet. (süs)

Einige von uns saßen auf der Tribüne im Rathaussaal und haben geklatscht. Das war natürlich gegen die Geschäftsordnung. Aber wir waren sehr dankbar in diesem Augenblick – gegenüber allen Mitstreitern, aber vor allem auch gegenüber dem Rat. Seine Entscheidung war ausschlaggebend. Groß gefeiert haben wir nicht. Im kleinen Kreis wollen wir das nachholen.

Was würde Ihr früherer langjähriger Mitstreiter Dieter Neef dazu sagen? Er ist leider im Sommer 2017 verstorben.

„Wir müssen weiter wachsam sein“, das würde er wohl sagen. Für ihn ging jede Arbeit immer weiter. Genauso denke ich auch. Wir dürfen uns nicht ausruhen. Jetzt müssen wir uns dafür einsetzen, dass ein Naturschutzbund die Verantwortung für die Sürther Aue übernehmen kann, wenn die Stadt das Areal gekauft hat.

Wie viel Arbeit haben Sie in das Projekt gesteckt?

Chronologie des verhinderten Hafenausbaus

1982 Sürther Aue wird unter Naturschutz gestellt

1986 Rat beschließt ein Gesamtkonzept zur städtischen Hafenpolitik. SPD fordert Ausbau des Godorfer Hafens in der Sürther Aue statt in Worringen. Aktionsgemeinschaft Kölner Süden gründet sich

1988 Rat beschließt Erweiterung des Godorfer Hafens. Gutachten werden erstellt

2006 Planfeststellung durch die Bezirksregierung

2007 Ausbau steht bevor. Die AG Contra Hafenerweiterung startet ein Bürgerbegehren. Es wird vom OVG Münster abgelehnt

2009 Mahnwache in der Sürther Aue, dennoch Rodung

2015 OVG Leipzig hebt den Planfeststellungsbeschluss auf

2016 Ratsfraktionen von CDU und Grünen verzichten in ihrer Kooperationsvereinbarung auf die Weiterführung der Planungen

Januar 2019 Bezirksvertretung Rodenkirchen fordert das Ende der Planungsverfahren

September 2019 Rat beschließt das Ende der Erweiterung des Godorfer Hafens

Ich war täglich damit beschäftigt, das sieht man auch an den vielen Akten, die ich angelegt habe. Auch jetzt rede ich noch fast täglich darüber. Aber nicht mehr in der Schärfe, die früher nötig war, um das Thema immer wieder neu zu bewerten und immer wieder neue Strategien zu entwickeln. Unsere Arbeit hat dazu geführt, dass wir die Politik mit Argumenten fachlich überzeugen konnten. Zuletzt hatten wir mit dem CDU Partei- und Fraktionschef Bernd Petelkau einen Gesprächspartner, der unseren Argumenten gegenüber offen war und sie analysiert hat. Die CDU hat zuvor immer geschwankt in Bezug auf Hafenausbau ja oder nein.

Würden Sie sich als Aktivist bezeichnen?

Nein, eher als Mitstreiter. Aktivist ist mir zu viel Aktion. Bei mir war es mehr Planung wie zum Beispiel bei der Vorbereitung des Bürgerbegehrens und dann der Bürgerbefragung. Das war eine große Herausforderung.

Woher nahmen Sie die Kraft, sich 30 Jahre lang für eine Sache einsetzen. Was war die Triebfeder?

Anfangs, also in den 1980er Jahren, war es der Naturschutz. Ich war persönlich betroffen von der Anmaßung der Hafengesellschaft HGK, hier im Naturschutzgebiet eine unnütze Erweiterung zu planen. Das war die emotionale Triebfeder. Je mehr ich mich dann mit dem Thema befasst habe, desto größer wurde die Kenntnis über die falschen Begründungen der Hafenbefürworter. Das war dann die sachlich basierte Triebfeder. Am Schluss kann ich sagen, dass es sich gelohnt hat.

Worüber haben Sie sich in all den Jahren am meisten geärgert?

Das war die permanente Ignoranz der Verantwortlichen bei der HGK gegenüber sachlichen Argumenten. Sie wurde dabei unterstützt von IHK und DGB. Deren Methodik der Halbwahrheiten haben wir früh erkannt und konnten das so nicht stehen lassen. Das war unser Antrieb, immer weiter zu machen. Natürlich habe ich mich auch unglaublich geärgert über den Beginn der Rodung der Sürther Aue im Jahr 2009.

Gab es auch Highlights?

Steckbrief

Was gefällt Ihnen in Sürth?

Der ländliche Charakter

Das gibt es nur in Sürth:

Die grüne Dorfmitte mit Kirche direkt am Rhein

Wo halten Sie sich in Sürth am liebsten auf?

Zuhause, am Rhein, auch in der Sürther Aue

Was fehlt in Sürth?

Freizeitangebot für Jugendliche

Um bei der Rodung zu bleiben: Sie wurde begleitet von einem Riesenaufgebot an Polizei und Ordnungskräften. Mit Wärmekameras wurde das Gelände abgesucht. Wir hatten nämlich angedeutet, dass vermutlich die Clowns Army, also eine linke antiautoritäre Gruppe von Aktivisten, zur Rodung kommen würde. Über so viel Aufmerksamkeit mussten wir schmunzeln. Ein Höhepunkt war natürlich, als das Bundesverwaltungsgericht den Hafenausbau wegen formaler Fehler gestoppt hatte. Geklagt hatten zwei Privatleute aus den Reihen unserer AG. Und das Beste war natürlich der Ratsbeschluss im September.

Und Niederlagen?

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Ein Rückschlag war, dass das Bürgerbegehren nicht anerkannt wurde. Das hat uns aber beflügelt, neue Ideen zu entwickeln. Auch bei vermeintlichen Rückschlägen muss man weiter machen. Niemals steht etwas still, das hat uns auch unsere Berufspraxis gelehrt.

Der Kampf ist nun vorbei. Was kommt jetzt?

Die Anspannung hat sich tatsächlich reduziert, wenn das Wort Hafen fällt. Das ist gut. Und es ist schön, wenn man nun den Enkeln davon erzählen kann. Ich habe auch schon überlegt, die Erfahrungen zu dokumentieren. Aber es geht ja immer weiter. Die Sürther Aue muss als Naturschutzgebiet weiter entwickelt werden. Die Ansiedlung der Firma Steil auf dem Hafengelände muss kritisch begleitet werden. Und meine Familie ist auch größer geworden. Mein Enkel Johannes zum Beispiel spielt Fußball bei Rheinsüd. Ich will seine Entwicklung und die des Vereins verfolgen. Und ich will allen Enkeln beim weiteren Aufwachsen zusehen.