Angehende Ärztinnen und Ärzte lernen operative Schwangerschaftsabbrüche nicht im Studium. Geübt werden muss an Früchten.
„Safe Abortion Day“Warum Kölner Medizinstudentinnen Schwangerschaftsabbrüche an Papayas üben
Auf den Tischen liegt Operationsbesteck, die Medizinstudentinnen der Uni Köln sind bereit für den Eingriff. Vorgenommen werden soll ein operativer Schwangerschaftsabbruch – an einer Papaya. Anlass ist der internationale „Safe Abortion Day“ am 28. September, der auf sichere Abtreibungsmöglichkeiten und die reproduktiven Rechte der Frau aufmerksam machen soll.
Kein Bestandteil des Studiums – Kölnerinnen üben Operation selbstständig
Da das Erlernen des Eingriffs kein Bestandteil des Medizinstudiums ist, haben rund 20 Medizinstudentinnen die Operation an Früchten geübt. Die Papaya ähnelt von der Form einer Gebärmutter. Organisiert wurde der Workshop in Zusammenarbeit von Pro Familia, der Gruppe „Doctors for Choice“ und der Studierendengruppe „Kritische Medizin Köln“. „Die Versorgungslage mit operativen Abbrüchen verschlechtert sich leider immer weiter“, sagt Sören Bangert von Pro Familia. Es brauche daher Gynäkologinnen und Gynäkologen, die bereit seien, Abbrüche durchzuführen.
Angeleitet wurden die Studentinnen von Gynäkologin und Pro-Familia-Vorständin Eva Waldschütz. Sie setzt sich bereits seit Jahrzehnten für sichere Abtreibungsmöglichkeiten ein. In ihrer zweiten Famulatur, also einem Praktikum im Rahmen des Medizinstudiums, war Waldschütz in Guatemala. „Eine Frau ist dort vor meinen Augen an einem Abbruch gestorben. Und ich konnte nichts für sie tun. Ich habe dann den Entschluss gefasst, mich für das Thema einzusetzen“, erzählt sie.
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„Das Thema ist super wichtig“
Den Medizinstudentinnen erklärt Waldschütz den Ablauf. Zunächst muss in der Papaya der richtige Punkt für die Absaugung gefunden werden. Sobald dieser mit einem Metallstab identifiziert wurde, wird in die Papaya ein Röhrchen eingeführt. Dieses wird dann mit einer Spritze verbunden. Über den aufgebauten Unterdruck werden die Kerne aus der Papaya herausgesaugt. Bei einem tatsächlichen operativen Abbruch wird ein Absauggerät statt einer Spritze benutzt. „Theoretisch würde aber auch diese Methode funktionieren“, so Waldschütz.
Patricia (25) und Julia (21) üben zusammen an einem Tisch. „Ich möchte später nicht in die Gynäkologie gehen, mir kam das Thema im Studium aber viel zu kurz“, sagt Patricia. „Dabei ist es so wichtig.“ Die Absaugung gelingt ihr, wie den meisten Teilnehmenden, bereits im ersten Anlauf. Sobald der Unterdruck in der Spritze aufgebaut ist, landen die Kerne im Behältnis. Obwohl sie den Eingriff an Papayas, und nicht an tatsächlich Schwangeren durchführen, sind die Teilnehmerinnen ernsthaft bei der Sache.
Hilfestellung gibt den beiden Studentinnen Sevinç Sünter, eine von zwei Kölner Gynäkologinnen, sich ebenfalls am Workshop teilnimmt. „Ich finde es toll, dass ihr euch angemeldet habt“, sagt sie. Studentin Julia wertet die rege Teilnahme am Workshop auch als Zeichen für die künftige Versorgungslage. „Ich denke, mit unserer Generation könnte sich die Lage wieder verbessern. Wir sind sehr sensibilisiert dafür, dass Frauen über sich selbst bestimmen wollen.“
Die operativen Abbrüche wollen dabei nicht nur weibliche Medizinstudentinnen lernen, wie der Termin in Köln es vermuten lässt. An Papaya-Workshops in Witten und Düsseldorf sei ein Drittel der Teilnehmenden männlich gewesen, sagt Eva Waldschütz.
Pro Familia: Auch politische Regelung zu Abtreibungen muss sich ändern
Verändern müsse sich aber auch politisch etwas. „Durch bessere Abbruchmöglichkeiten wird es nicht weniger Kinder geben. Sondern mehr Freiheit für die Frauen und eine bessere Familienpolitik könnten sogar zu mehr Kindern führen“, sagt sie. Das zeige sich in europäischen Ländern wie Schweden oder Frankreich.
Der Schwangerschaftsabbruch ist in Deutschland grundsätzlich eine Straftat (Paragraf 218 Strafgesetzbuch). Nur unter gewissen Voraussetzungen ist er straffrei – entweder, wenn es medizinische Gründe für den Abbruch gibt oder die Schwangerschaft Folge einer Vergewaltigung ist. Neben diesen sogenannten medizinischen und kriminologischen Gründen gibt es noch den strafbefreiten Abbruch nach Beratungsregelung, wenn die Frau sich gegen die Schwangerschaft entscheidet. Das ist nur nach einer Schwangerschaftskonfliktberatung und bis zur zwölften Woche der Schwangerschaft möglich.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hat eine Kommission eingerichtet, die seit März nach Möglichkeiten der Regulierung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuches sucht. Der Abschlussbericht der Kommission soll Ende März 2024 vorliegen.