Mehrmals im Jahr lässt der Kölner Zoll beschlagnahmte Ware wie geschmuggelte Zigarettenoder Produktfälschungen verbrennen. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat eine Tour begleitet.
SchmuggelwareHier lässt der Kölner Zoll acht Millionen Kippen vernichten
Eine Lagerhalle irgendwo im Kölner Rechtsrheinischen – wo genau, das soll auf Bitte des Hauptzollamts Köln nicht veröffentlicht werden. Es ist kurz vor acht Uhr am Dienstag, als sich ein Rolltor öffnet und ein unauffälliger Lastwagen einer Spedition rückwärts an die Laderampe setzt.
Das Gebäude ist so groß wie eine Schulturnhalle, im Innern stapeln sich braune Umzugskisten voller Beweismittel aus Strafverfahren des Zolls, vor allem gefälschte Markenprodukte und geschmuggelte Zigaretten. Mehrere solcher Lagerhallen hat der Zoll in Köln gemietet, die Standorte sind streng geheim.
Die meisten Schmuggelzigaretten kommen am Kölner Flughafen an
Sobald die Ermittlungsverfahren abgeschlossen sind, können die Beweismittel vernichtet werden. Das geschieht in der Müllverbrennungsanlage (MVA) in Weisweiler bei Düren. Bis zu zehnmal pro Jahr begleitet der Kölner Zoll ganze Lkw-Ladungen voller beschlagnahmter Waffen, Drogen oder gefälschter Waren dorthin. In der MVA werden sie verbrannt. Nur so kann sichergestellt werden, dass auch wirklich alles unbrauchbar wird. Zöllner überwachen jeden einzelnen Schritt – von der Verladung in Köln, über den Transport auf der Autobahn bis an den Rand des Müllofens in Eschweiler. Keine Kiste darf verloren gehen – oder unterwegs abgezweigt werden.
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Heute sollen knapp neun Millionen geschmuggelte Zigaretten nach Weisweiler gebracht werden. Das sind fast alle, die der Kölner Zoll im vorigen Jahr sichergestellt hat. Die meisten kamen am Flughafen an. Von hier sollten sie weiter transportiert werden in andere Länder in Europa oder außerhalb der EU. Doch bei der Überprüfung der Transportpapiere wurden die Zollbeamten misstrauisch und sahen sich die verdächtigen Sendungen näher an.
„Was die Tarnverstecke angeht, ist das hier ist mein Favorit“, sagt Zollsprecher Jens Ahland in der zugigen Halle und öffnet eine Kiste, in der Musikboxen verpackt sind. Jedenfalls scheint das so. Ahland nimmt die Plastikverkleidung einer Box ab, und zum Vorschein kommen hunderte Packungen Zigaretten, keine einzige versteuert. Ob es echte Zigaretten sind oder selbstproduzierte Billigprodukte, die bloß mit Etiketten namhafter Marken bedruckt sind, ist nicht auf Anhieb zu erkennen. Beides komme regelmäßig vor, sagt Ahland. „Rauchen an sich ist ja schon gefährlich, aber nachgemachte Kippen sind sicher noch gefährlicher. Niemand weiß, was da genau drin ist.“
Obwohl die Zahl der Raucher zumindest hierzulande, aber auch anderswo in Europa und der Welt tendenziell abnimmt, hat der Zigarettenschmuggel offenbar gerade Hochkonjunktur. Im Jahr 2019 zog der Zoll in Köln noch 1,2 Millionen Zigaretten aus dem Verkehr, 2020 waren es drei Millionen und im Vorjahr 8,7 Millionen. Allein durch die sichergestellte Menge 2021 sei ein Steuerschaden von 1,3 Millionen Euro abgewendet worden, sagt Ahland.
Gegen 10.30 Uhr macht sich der Lastwagen aus Köln auf den Weg nach Eschweiler. Um 12.15 Uhr kippt er die Fuhre an einer der Abladestationen in den so genannten Müllbunker. Die braunen Pappkisten verschwinden in einem Berg aus Haus- und Gewerbemüll. Ein Greifarm packt sie sich, zieht sie hoch und lässt sie in einen Trichter fallen. Durch einen Schacht rutschen die Kisten in den Müllofen, wo sie bei mehr als 1000 Grad Celsius verbrannt werden.
Immer haben die Zöllner ein Auge drauf, selbst neben dem Kranführer steht ein Beamter und schaut dem Mann über die Schulter. „Wir müssen darauf achten, dass auch wirklich jeder Karton am Ende im Feuer landet“, sagt Jens Ahland. Sein Kollege erinnert sich an einen Lastwagen aus Russland, der vor Jahren in Köln angehalten wurde und bis unter die Decke mit geschmuggelten Zigaretten beladen war. Das Fahrzeug wurde beschlagnahmt. „Den hat dann damals zusätzlich noch die Polizei zur Müllverbrennungsanlage eskortiert“, sagt der Beamte. Denn die russische Mafia wollte ihren Lastwagen zurückhaben und habe bereits nach ihm gefahndet.