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Schock-Werner zum Roncalli-PlatzWarum das Pflaster für Köln peinlicher Murks ist

Lesezeit 3 Minuten

Die Bodenplatten am Roncalli-Platz: ein Flickenteppich.

  1. Der Roncalli-Platz ist eines der Aushängeschilder der Stadt Köln, Zigtausende Touristen flanieren in den Sommerferien wieder darüber.
  2. Außerdem stehen erneut drei große Konzerte auf dem Platz an. Umso schlimmer, findet Barbara Schock-Werner, dass die Stadtverwaltung mit dem Platz so schluderig umgeht.
  3. In ihrer Serie „Auf den Punkt” legt die Ex-Dombaumeisterin regelmäßig in die Wunde, prangert Bausünden und Schlampereien im Kölner Stadtbild an.
  4. Diese „Best Of”-Folge ist im September 2018 erschienen – verändert hat sich seitdem nichts.

Köln – Es wird immer behauptet, der Roncalli-Platz auf der Südseite des Doms sei „das Wohnzimmer von Köln“. Erst kürzlich haben die großen Konzerte mit Van Morrison, Patti Smith und Joan Baez Ende Juli und Anfang August das wieder einmal gezeigt und die kulturelle Bedeutung des Platzes unterstrichen. Natürlich ist er auch wegen des spektakulären Blicks auf den Dom bei den Kölnern und ihren Gästen sehr beliebt.

Wie es in vielen Wohnzimmern üblich ist, hat der Architekt Fritz Schaller auch dem Roncalli-Platz einen Teppichbelag verpasst, aber natürlich nicht aus Seide oder Wolle, sondern aus Stein. Die Pflasterung bildet ein sorgfältig auf den Platz abgestimmtes Muster aus quadratischen Elementen und langen Streifen. Das Ganze lebt vom Wechsel der dunklen Bänder auf hellgrauem Grund. Leider haben die verlegten Steinplatten nur eine Stärke von vier Zentimetern. Der Grund dafür ist, dass die Betonplatte über der Dom-Tiefgarage keinen schwereren Belag ausgehalten hätte. Die dünnen Platten aber brechen dementsprechend leicht, speziell entlang der Dehnungsfuge in der Platzmitte.

Barbara Schock-Werners „Köln-Visite” Die frühere Dombaumeoisterin nimmt Kölner Orte unter die Lupe.

Bei den Reparaturen der Vergangenheit wurde die ursprüngliche Farbgebung mehr oder weniger gut berücksichtigt. Die Arbeiten müssen aber wohl jedes Jahr neu ausgeschrieben werden, und die zuletzt zum Zuge gekommene Firma hat offenbar nicht begriffen, dass die hellgrauen und die dunkelgrauen Platten nicht einfach nach dem Zufallsprinzip verlegt sind. Jedenfalls wurden beim Austausch der beschädigten Stücke weder die einen noch die anderen der originalen Farbigkeit angepasst: Die hellgrauen sind jetzt viel zu dunkel, die dunkelgrauen viel zu hell, und manchmal ist sogar mitten in einem der dunklen Bänder ein heller Stein verlegt worden.

Alles zum Thema Barbara Schock-Werner

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Nun könnten Sie sagen: „Wer außer Ihnen, Frau Schock-Werner, sieht das schon? Wer hat denn – so wie Sie aus Ihrer schönen Wohnung – den Blick auf den Roncalli-Platz von oben? Die Leute, die über den Platz gehen, kriegen das doch gar nicht mit.“ Aber das stimmt nicht. Sie merken es eben doch, wenn Sie über den Platz gehen, dass an verschiedenen Stellen auf dem Boden etwas nicht stimmt. Und außerdem: Sorgfalt im Detail spiegelt Sorgfalt im Ganzen. Dafür braucht man auf dem Roncalli-Platz nur einmal hochzuschauen. Die Steinmetzarbeiten am Dom sind in Höhen, wo garantiert niemand mehr es erkennt, genauso präzise und akribisch ausgeführt wie unten am Boden. Für die Handwerker insbesondere des Mittelalters war das eine Frage der Ehre – „Omnia ad maiorem Dei gloriam“, alles zur größeren Verherrlichung Gottes. Heute würde es mir schon genügen, wenn alles, was in Köln passiert, im Interesse der Bürger geschähe und so der Stadt zur Ehre gereichte.

Nicht alles, was man sich zur Verschönerung des Stadtbilds vorstellen könnte, wird sich auch umsetzen lassen. Manches ist schlicht zu teuer. Aber nicht alles, was man nicht sofort sieht, ist deswegen auch unwichtig. Und Bodenplatten einer bestimmten Steinsorte kosten immer in etwa das Gleiche, ob sie nun hellgrau oder dunkelgrau sind. Das heißt: In diesem Fall hat es nicht am Geld gefehlt, sondern an der Sorgfalt. Sorgfalt der ausführenden Firma, aber auch der Verantwortlichen bei der Stadt. Ich hätte so einen Murks erst gar nicht abgenommen. Denn es ist überhaupt nicht einzusehen, dass die Farbgebung so gravierend vom ursprünglichen Zustand abweicht. Das ist nicht zuletzt eine Frage der Oberflächenbehandlung und damit der handwerklichen Technik: Wenn man einen Stein sägerau verlegt, wirkt er heller; schleift man ihn etwas an, wird er dunkler.

Kurzum: Was jetzt vorliegt, ist einfach Mist. Und ich frage mich: Will die Stadt sich für ihr „Wohnzimmer“ damit abfinden? Oder findet sie vielleicht doch jemanden, der verstanden hat, was ein Muster ist, und das wieder in Ordnung bringen kann.

Aufgezeichnet von Joachim Frank