Köln – An der katholischen Basis in Köln wachsen Ärger und Unverständnis für die Haltung ihrer Kirche zur Homosexualität. Die Pfarrgemeinderäte (PGR) in Köln seien „entsetzt“ über die Aussagen des Kölner Priesterausbilders Pater Romano Christen, der Homosexualität als heilbaren psychischen Defekt und Beziehungsstörung bewertet hatte, teilte der Vorsitzende des Katholikenausschusses, Gregor Stiels, mit.
Genauso entsetzt zeigten sich die PGR-Vorsitzenden über die Entscheidung von Kardinal Rainer Woelki, Christen als Leiter des Collegium Albertinum in Bonn im Amt zu belassen. „Es ist nicht vermittelbar, dass jemand, der eine solche Einstellung hat wie Pater Romano, für die Ausbildung von jungen Priestern verantwortlich bleiben kann“, so Stiels.
Als ein kluger Mann habe der Geistliche „seine tiefste Überzeugung zum Ausdruck gebracht, und das wird er auch weiterhin tun“. Wer aber überzeugt sei, dass Homosexualität therapierbar ist, könne die Aufgabe der Priesterausbildung nicht übernehmen. Der Katholikenausschuss ist die Vertretung der Laien in Köln. Zuvor hatte schon Tim Kurzbach, der Vorsitzende des Kölner Diözesanrats, die Ablösung Christens verlangt. Woelki hingegen sprach dem Geistlichen nach einer Unterredung am Montag sein Vertrauen aus und dankte ihm für seine insgesamt wertvolle Arbeit.
Regenbogenflagge als Protest
Aus Protest will der Pfarrgemeinderat von St. Theodor und St. Elisabeth (Höhenberg/Vingst) nach dem Sonntagsgottesdienst vor der Kirche die Regenbogenflagge der Schwulenbewegung hissen. „Wir haben die Berichte über Christens Vortrag im Collegium Albertinum mit Entsetzen wahrgenommen“, sagte der Vorsitzende des Pfarrgemeinderats, Michael Paetzold, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Wir halten Kardinal Rainer Woelkis Distanzierung für halbherzig und Christens Entschuldigung für fadenscheinig.“
Der Vortrag des Geistlichen habe System gehabt. Seine unerträglichen Aussagen seien kein Ausrutscher und kein Malheur, über das man mit „Fehler machen wir alle mal“ hinweggehen könnte, wie Kardinal Woelki dies getan habe, so Paetzold. „Wir hätten erwartet, dass der Kardinal den Direktor abberuft. Wer so über Homosexuelle denkt, darf nicht unsere künftigen Priester ausbilden.“
Handy-Verbot beim Besuch des Kardinals
Am Mittwochabend kam Woelki zu einem Gespräch mit den Seminaristen ins Collegium Albertinum nach Bonn. Für das Treffen war ein Handyverbot verhängt worden, wohl um zu verhindern, dass es zu ähnlichen Indiskretionen kommt wie nach Christens Homosexualität-Vortrag im Januar, dessen Vortrags-Manuskript bei verschiedenen Medien gelandet und Mitte Mai von der „Süddeutschen Zeitung“ veröffentlicht worden war. Nach Informationen, die dessen ungeachtet nach außen drangen, stellte Woelki Berichte im „Kölner Stadt-Anzeiger“ über ein auf Kompetenzüberschreitungen und subtiler Repression gründendes Regiment Christens im Albertinum als Fantasiegebilde und Lügen dar. Er stützte sich dabei darauf, dass etliche Seminaristen mit ihren Schilderungen aus Furcht vor Konsequenzen anonym bleiben wollten.
„Scheinbar setzt sich die Trump-Manier auch in der Kirche durch, heftigste Unwahrheiten zu verbreiten und damit durchzukommen“, hieß es mit Blick auf Woelkis Auftritt. Externe schildern eine Spaltung des Albertinums in zwei Lager. Das größere stehe fest an der Seite des Kardinals und der Hausleitung, was den Druck auf alle „Abweichler“ erhöhe. Es ist von einem Klima der Angst die Rede.
Ganz offen übt indes das Pastoralteam der Kölner Hochschulgemeinde (KHG) Kritik an der Bistumsleitung und beklagt ein desaströses Erscheinungsbild der katholischen Kirche. Dieses sei nach außen überwiegend durch Amtsträger bestimmt – auf Ebene der Weltkirche ebenso wie in der Bischofskonferenz oder im Bistum. „Wir finden es unerträglich, wie rückständig und vermeidend sich bestimmte Angehörige dieser Personenkreise öffentlich äußern beziehungsweise verhalten – und dabei immer wieder Menschen verletzen“, heißt es in einem Positionspapier, das auf der KHG-Homepage veröffentlicht ist. Die Seelsorge und das Eintreten für die Gemeinschaft der Kirche werde zunehmend schwieriger, beklagen die Seelsorger.
Selbst diejenigen unter den Studierenden, die sich der Kirche noch zugehörig fühlten und am christlichen Glauben interessiert seien, hätten zunehmend Schwierigkeiten, sich mit ihr zu identifizieren. Zu groß sei für viele der Abstand zwischen eigenen Überzeugungen und Lebensführungen zu den Lehren der Kirche, wenn es um Zölibat, die Benachteiligung der Frau, die Einstellung zur Homosexualität und vieles mehr gehe.
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