SPD-GastbeitragDie Mär von Kölner „No-go-Areas“
Köln – In Köln gibt es keine „No-go-Areas“. Es gibt keine Stadtteile, die man etwa mit den Vororten von Paris vergleichen könnte. Viertel, in denen sich die Bewohnerinnen und Bewohner nicht mehr vor die Tür trauen. Aber wir haben durchaus Veedel in unserer Stadt, in denen sich Menschen allein gelassen fühlen – das oftmals zu Recht.
Es ist das sozioökonomische Auseinanderdriften unserer Gesellschaft, verbunden mit den Trends der Entsolidarisierung und der Individualisierung, das sich eben auch in einzelnen Wohnquartieren in Köln widerspiegelt. Das ist eine problematische Entwicklung – für die Menschen, die in diesen Veedeln leben, aber auch für die Stadtgesellschaft insgesamt.
Polizei muss mehr eingreifen
Bei genauer Betrachtung von sozialökonomisch abgehängten Stadtteilen, die es in der Geschichte immer gab, wird deutlich, dass Verarmung und Perspektivlosigkeit genau die Folgeprobleme produzieren, die wir alle beklagen: Kriminalität, Drogenmissbrauch, Prostitution, Verwahrlosung der öffentlichen Räume und des Wohnumfeldes. Der Zuwanderungsdruck in solche Wohnquartiere verschärft nur die Problematik, bedingt diese aber nicht.
Alles zum Thema Jochen Ott
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Kurzfristig ist es sicherlich notwendig, dass Ordnungsamt und Polizei in diesen Veedeln besonders präsent sind und eingreifen. Aber eine nachhaltige Lösung kann es nur geben, wenn das ganze Wohnumfeld in den Blick genommen wird.
Leider ist das nicht der Ansatz der CDU. Auf Landesebene hat sie immer versucht, sich diesem Lösungsweg zu entziehen – sei es mit der Ablehnung der Vorschläge der Enquete-Kommission zu den „Heuschrecken“ auf dem Wohnungsmarkt, durch die Ablehnung des so wichtigen Wohnungsaufsichtsgesetzes (WAG) zum Schutz von Mieterinnen und Mietern, durch die Versteigerung der großen Wohnungsbestände in Finkenberg oder den Verkauf der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft LEG.
Verschärfte WAG ist ein wirkungsvolles Mittel
Auch in Köln sieht es nicht anders aus: Hier stimmte die CDU im Rat zunächst gegen den Ankauf von Wohnungsbeständen in Chorweiler durch die GAG. Die dringend benötigten Städtebaufördermittel für den Stadtteil organisierten wiederum die Abgeordneten der SPD.
Dabei haben die Kommunen gute Instrumente an der Hand, um das Problem der Verwahrlosung nachhaltig zu bekämpfen. Vor allem das verschärfte WAG ist ein wirkungsvolles Mittel um gegen skrupel- und verantwortungslose Vermieter vorzugehen und diese notfalls mit hohen Ordnungs- und Bußgeldern zu bestrafen. Die Praxis in vielen Städten im Land zeigt, wie effektiv dieses Instrument eingesetzt werden kann.
Leider nutzt Köln diese Chance nicht. Trotz mehrfacher Hinweise wendet die Stadt das Wohnungsaufsichtsgesetz bisher nicht konsequent an. Mehr noch: Sie hat auch kein Konzept, um zur Verfügung stehende Fördermittel für die Stadtentwicklung zu beantragen. Gerade in der jüngsten Vergangenheit wurden Landesgelder bei den jüngsten vier Förderprogrammen für benachteiligte Quartiere in viel zu geringem Maße abgerufen. Städtebauförderung und Wohnungsaufsicht werden in Köln verschlafen.
„Schwarze Schafe“ bekämpfen
Das ist besonders traurig, wenn man sich anguckt, welch verwahrloste Wohnsituationen es in einigen Siedlungen, etwa in Chorweiler, am Kölnberg oder in Finkenberg gibt. Das sind aber keine „No-go-Areas“.
Wir wollen solchen Veedeln und den Mieterinnen und Mietern sowie der anliegenden Bewohnerschaft konkret helfen und konsequent gegen bestehende Missstände vorgehen. Dazu zählen die Immobilieninvestoren, die als „Heuschrecken“ agieren, genauso wie jene „schwarzen Schafe“ der Mieterschaft, die das ganze Veedel terrorisieren. Die GAG und einzelne engagierte Hausverwaltungen in Chorweiler zeigen, wie „Heimat vor der Haustür“ für alle gelingen kann. Das ist der richtige Weg. Allein mit mehr Polizeikräften wird sich keines der Veedel zum Positiven entwickeln.