- Der Kölner Flüchtlingsrat fordert, dass es künftig keine Sammelabschiebungen vom Flughafen Köln/Bonn mehr gibt.
- Besonders die Stadt sieht der Rat als größten Gesellschafter in der Pflicht.
- Für Aufsehen hatte eine Sammelabschiebung am 23. Juni gesorgt, bei der unter anderem eine herzkranke 67-jährige Frau ausgeflogen wurden.
Köln – Der Kölner Flüchtlingsrat fordert, künftig Sammelabschiebungen vom Kölner Flughafen zu unterbinden. 2019 wurden von dort aus 378 Abschiebungen durchgeführt, hat die Abschiebungsbeobachtung NRW dokumentiert. Allerdings wurden 2019 alle Abschiebungen per Linienflug oder Kleincharter durchgeführt. In diesem Jahr aber seien auch Sammelabschiebungen organisiert worden, so die Beobachter. Ein höchst umstrittenes Verfahren: „Sie verursachen mehr Stress bei allen Beteiligten. Es entstehen Zeiträume, in denen sich Konflikte zwischen Polizei und Abgeschobenen hochschaukeln können“, sagt Claus-Ulrich Prölß vom Kölner Flüchtlingsrat.
Der Verein fordert die Stadt auf, sich gegen die Sammelabschiebungen zu positionieren: Die Stadt sei am Flughafen Köln/Bonn mit 31,12 Prozent beteiligt und damit größter Gesellschafter. Für Aufsehen hatte eine Sammelabschiebung am 23. Juni gesorgt, bei der unter anderem eine herzkranke 67-jährige Frau (hier lesen Sie mehr) und eine Alleinerziehende mit Kind über Düsseldorf nach Albanien ausgeflogen wurden.
Prölß plädierte erneut dafür, jeden Einzelfall genau zu prüfen – auch hinsichtlich gesundheitlicher Beeinträchtigungen. Er forderte zudem, dass Abschiebungsbeobachter die gesamte Rückreise der Flüchtlinge begleiten können – von der Haustür bis ins Flugzeug. Anders als in anderen Ländern sind hierzulande Beobachter nur am Flughafen zugelassen.
Düsseldorf hat weit mehr Menschen abgeschoben als Köln
Der Bericht der Abschiebungsbeobachter hat ergeben, dass 2019 insgesamt 4460 Abschiebungen in NRW durchgeführt wurden. Düsseldorf liegt mit gut 4000 Fällen weit vor Köln. Die Beobachterinnen Dahlia Höhne und Elena Vorlaender haben knapp 1000 Abschiebungen beobachtet und 84 Fälle im Forum Flughäfen in Nordrhein-Westfalen, einem Gremium, in dem Land, Ausländerbehörden, Bundespolizei, kirchliche Einrichtungen und Verbände wie Pro Asyl und Amnesty International vertreten sind. „Wir hinterfragen nicht die Abschiebung an sich, sondern nur wie sie stattgefunden hat“, sagt Vorlaender von der Diakonie Rheinland Unter dem Strich bescheinigt sie der Polizei eine professionelle Arbeit. Zu Konflikten komme es aber, weil das Asylrecht geändert wurde. Seit 2015 werden Abschiebungen nicht mehr angekündigt. Die Betroffenen haben oft wenig Zeit, ihre Sachen zu packen, die 67-jährige Kölnerin hatte mitten in der Nacht offenbar nur 20 Minuten. Zudem würden Atteste oft nicht anerkannt, zum Beispiel wenn sie nicht von einem Facharzt ausgestellt worden seien.
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In 34 der 84 vorgelegten Fälle kam es bei der Abschiebung zu Problemen wegen gesundheitlicher Beschwerden. Was immer wieder auffällt, ist, dass Medikamente fehlen, so Vorlaender. „Die Menschen werden dann nervös und aufgeregt, wenn sie merken, dass sie lebensnotwendige Medikamente nicht dabeihaben.“ In sechs Fälle seien Flüchtlinge aus stationären Einrichtungen abgeholt worden, darunter psychiatrischen Einrichtungen. „Das ist eine infame Situation, die sich nicht wiederholen darf“, sagt Prölß.
Flüge in Risikogebiete
Für Kinder seien Abschiebungen oft besonders belastend. Der Anblick von bewaffneten Polizistinnen und Polizisten kann für Minderjährige, die aus einem Bürgerkriegsland kommen, verstörend sein und retraumatisierend wirken, so Vorlaender. Kritisch sieht sie auch, dass während der Corona-Pandemie Abschiebungen durchgeführt werden – auch in Länder, die für Touristen als Risikogebiet zählen wie Balkan-Staaten.