51 Museen, Galerien, Studios und Hinterhöfe boten Besuchern am Samstag bis tief in die Nacht Orte zum Verweilen, für ein Hinsehen und Zuhören.
Staunen, Mitmachen und FeiernKölner Museumsnacht begeistert Besucher mit umfangreichen Programm
Vor dem Eingang des Museums Ludwig: Aus dem Foyer dringt türkischer Gesang der Band Ahtapot nach draußen. Die Leute drängen hinein, um Werke von Pablo Picasso oder die Ausstellung der Künstlerin Füsun Onur zu sehen. Mittig im Raum der türkischen Künstlerin steht ein lichtblauer Baldachin aus Stofffransen. Auf dem Boden des begehbaren Kunstwerks hat sich ein rothaariges Mädchen auf den Rücken gelegt. Sie schaut eine Weile nach oben. Dann nimmt sie ihr Handy und fotografiert den mit glitzernden Fäden imitierten Sternenhimmel. Eine Museumsmitarbeiterin steht ein paar Meter weiter vor einer weißen Wand, zeigt auf eine Pfütze am Boden und erklärt, Onurs Kunst fordere einen Perspektivwechsel.
Mit nur einem Ticket erhielten Besucher am Samstagabend bei der Museumsnacht an 51 verschiedenen Kölner Kunstorten Eintritt. Museen, Galerien, Studios und Hinterhöfe wurden an diesem Abend zu Szene- und Eventorten. Jenseits regulärer Öffnungszeiten boten sie den neugierigen Besuchern bis in die Nacht Orte zum Verweilen, für ein Hinsehen und Zuhören.
In Köln-Kalk wird aus Müll Kunst
Ortswechsel Köln Kalk. „Es ist absoluter Wahnsinn, die Menschen stehen Schlange, um sich über Müll zu informieren“, freut sich Christian Stock, der 1. Vorsitzende von Krake e. V., während sich die Besucher und Besucherinnen in dem engen Flur der Ausstellungsstätte an ihm vorbeiquetschen. Seit acht Jahren sammelt er gemeinsam mit anderen Engagierten Müll im Raum Köln und klärt über die Problematik der Verschmutzung auf. Mittlerweile habe sich eine Menge Interessantes für eine Ausstellung angehäuft. Stolz zeigt er ein Regal, welches Müll aus D-Mark-Zeiten, vereinzelt sogar aus den 50er Jahren enthält. „Wir konnten das Thema Müll durch Kunst attraktiv machen.“
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Beispielsweise durch die Arbeit der Künstlerin Barbara Mekhneche: In mehr als 150 Stunden hat sie aus über 7.000 in den Rheinauen gesammelten Plastikwattestäbchen ein farbiges Kunstwerk erschaffen, das an das Domfenster des Künstlers Gerhard Richter erinnert. Ein weiteres Werk von ihr: eine Aneinanderreihung verschiedenster Feuerzeuge in farbig sortierter Reihenfolge. Mit diesen Streifenbildern wolle sie sichtbar machen, was selbst in einem Naturschutzgebiet an Müll herumliege, um für das Problem zu sensibilisieren, sagt die Künstlerin. „Man muss es sehen, um es zu verstehen“.
Es geht bei der Museumsnacht nicht nur um das Betrachten. An einigen Orten werden die Besucher auch aktiv in das Erstellen von Kunst mit einbezogen. Im Rautenstrauch-Joest-Museum gibt Fotograf Fadi Elias bei einem Workshop zur Lichtmalerei das Kommando. Er zählt laut die Sekunden herunter, in denen Kinder und Erwachsene eine Lichterkette durch die Luft wirbeln. Die Kamera fängt das Bild mit Langzeitbelichtung ein: Es entstehen bunt leuchtende Farbschlieren vor schwarzem Hintergrund. Jedes Mal individuell. „Sehr cool“, findet das einer der Mitmachenden, Peter Homner, der sein Bewegungsbild im Nachgang betrachtet. „Das sieht aus, als hätte ich ein Schutzschild um mich.“
Erinnerung an Kämpferinnen gegen den Faschismus im Kölner NS-Dok
Auch im NS Dokumentationszentrum am Appellhofplatz entsteht an diesem Abend ein neues Kunstwerk. Robin von Gestern und Bastian Bremer feilen mit Sprayflaschen und Pinseln an der Fertigstellung einer Collage. Das Bild sei unter Mitwirkung der Besucher im Laufe des Abends entwickelt worden, erklären beide. Entstanden sind die Porträts zweier Kämpferinnen gegen Faschismus: „Wir wollten an diesem Abend Frauen eine Bühne geben, die trotz ihres Widerstandes kaum bekannt sind“, so Bremer.
Eine der Porträtierten, Sulamith Cheron, steht neben ihm im Raum. Sie bezeichne sich selbst als unerbittliche Kämpferin, „gegen das Verdrängen und Verleugnen der Taten im Nationalsozialismus auf deutscher Seite“. Lächelnd schaut sie auf das neu entstandene Porträt-Bild: „Ich freue mich über diese Achtung und Wertschätzung meiner Arbeit.“ Das Interesse am Kölner Gedenkort ist groß. Bis tief in die Nacht suchen Besucherinnen und Besucher das historische Zentrum zur Information über die Geschichte der jüdischen Bevölkerung in Köln auf.
Die Körnerstraße in Ehrenfeld ist bis Mitternacht ebenfalls gut besucht. Immer wieder drängen Grüppchen in den Ausstellungsraum der Fotografin Dayanita Singh „The Photobookmuseum“. Andere verweilen draußen und bekleben die in dieser Nacht farbig angestrahlten und dauerhaft installierten Aufstellerwände entlang der Straße.
Erst um 2 Uhr in der Nacht schlossen die Museen ihre Türen. Auf den Aftershowpartys im Wallraf-Richartz-Museum oder im Kulturbunker Köln-Mülheim nutzten einige Besucher anschließend noch ihr Ticket, um bis zum Morgengrauen zu feiern.