Das Kölner Drach-Verfahren ist um eine skurrile Episode reicher. Wachtmeister mussten zur Hörprobe antreten. Und die Staatsanwältin will den Verteidiger loswerden.
Mutmaßlicher Drach-KomplizeStaatsanwältin will den Verteidiger loswerden – Skurrile Hörprobe im Gericht
Der mutmaßliche Komplize von Reemtsma-Entführer Thomas Drach wurde vom Hauptverfahren im Kölner Landgericht abgetrennt, da er unter gesundheitlichen Problemen leidet. Am Montag nun saß Eugen W. (53) allein auf der Anklagebank – und wieder gab es Wirbel um dessen Verteidiger Wolfgang Heer. Nachdem dieser im Drach-Verfahren bereits zwei Rügen von Richter Jörg Michael Bern erhalten hatte, will die Staatsanwältin den strittigen Anwalt jetzt mit einem Antrag loswerden.
Kölner Staatsanwältin stellt Antrag auf Entpflichtung
Anklägerin Anja Heimig hat beantragt, Heer als Pflichtverteidiger von Eugen W. abzusetzen, da eine ordnungsgemäße Verteidigung nicht mehr gewährleistet sei. Die Staatsanwältin stützte ihren Antrag auf die Tatsache, dass Heer und dessen Kollege bei einem angesetzten Prozesstag am 10. Juli einfach nicht erschienen seien – der Richter hatte es ein „unentschuldigtes Fernbleiben“ genannt. Damit sei laut Staatsanwältin Heimig das Fass übergelaufen, Heer als Pflichtverteidiger nicht mehr tragbar.
Die Anwälte hatten eine terminliche Kollision für ihr Fernbleiben angegeben. Diese Erklärung hatte Richter Bern nicht akzeptiert. Der Prozesstag im Juli musste daher ausfallen, der bereits zum Gericht gebrachte Eugen W. musste unverrichteter Dinge zurück in die JVA Ossendorf. Gegen Heer läuft nun ein sogenanntes Entpflichtungsverfahren, er kann sich bis Montag noch dazu äußern, dann wird entschieden. Verliert Heer das Pflichtmandat, würden seine Auslagen nicht mehr vom Staat erstattet.
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Kölner Anwalt: Immer wieder Richter-Schmähungen
Verteidiger Heer war in der Vergangenheit immer wieder mit Schmähungen in Richtung des Vorsitzenden Richters aufgefallen, auch soll er mehrfach für unnötige Verzögerungen gesorgt haben. Das könnte auch auf den aktuellen Prozesstag zutreffen. So nahm Heer womöglich dankbar eine Äußerung von Drach-Verteidiger Dirk Kruse auf, der am Montag im Zuschauerbereich saß und den Prozess gegen Drachs Mitangeklagten verfolgte. „Man hört kaum was“, hatte Kruse laut geäußert.
Richter Bern hatte daraufhin einen Haustechniker gerufen, um die Mikrofone im ungewohnten Saal 2 einstellen zu lassen. Kruse und ein weiterer Zuschauer signalisierten danach aber immer noch, unter einer schlechten Akustik zu leiden. „Vielleicht haben die Herren etwas an den Ohren“, bemerkte ein weiterer Anwesender. „Man hört ja nicht von allen Sitzplätzen gleich“, sagte Verteidiger Heer und beantragte ein Gutachten. Auch könnte man ja etwa einen Wachtmeister weiter hinten platzieren.
Köln: Wachtmeister müssen zur Hörprobe antreten
Tatsächlich betraten daraufhin vier weitere Wachtmeister den Saal, die sich auf Bitte des Richters im gesamten Raum postierten. „Vielen Dank, Sinn und Zweck der Übung ist, ob man mich verstehen kann“, erklärte Bern. Das taten sie und bestätigten dies mit Handzeichen. Damit war die äußerst skurrile Hörprobe abgeschlossen. Prozessbeobachter unkten, dass ausgerechnet Drach-Verteidiger Kruse die Unruhe ausgelöst hatte, obwohl er an diesem Tag gar keine offizielle Funktion innehatte.
Es war der erste Prozesstag seit Februar vergangenen Jahres, den der Niederländer Eugen W. nicht im Hochsicherheitssaal 112 verbracht hatte. Durch die Abtrennung von Drach fiel nämlich auch die Alarmstufe Rot weg – die Behörden haben Angst vor einer gewaltsamen Befreiung Drachs. Eugen W. wurde am Montag ganz normal von einem Wachtmeister in den Saal geführt. Weder war sichtbar das SEK im Gerichtsgebäude, noch patrouillierten Beamte mit Maschinenpistolen auf den Fluren.
Köln: Drach-Prozess könnte nun zügiger enden
Die Verantwortlichen im Landgericht und vor allem der Vorsitzende Richter Jörg Bern dürften die Hoffnung hegen, dass zumindest der Parallelprozess gegen Drach – jetzt ohne Eugen W. und dessen Verteidiger Heer – nun relativ zügig und ohne größere Konflikte zu Ende geführt werden kann.
Der Richter sprach mehrfach davon, sein Beweisprogramm absolviert zu haben. Drach werden mehrere bewaffnete Überfälle auf Geldboten vorgeworfen, dem 63-Jährigen droht die Sicherungsverwahrung.