Köln – Mehr Homeoffice, Verlängerung des Distanzunterrichts – Arbeiten und Lernen von zu Hause aus zu ermöglichen, das ist zentraler Bestandteil zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Wenn Kölns Kommunalpolitiker jedoch zu Rats- und Ausschuss-Sitzungen zusammen kommen, sind sie derzeit gezwungen, sich in geschlossenen Räumen wie dem Ratssaal einzufinden. Die Gemeindeordnung lässt Kommunalpolitik auf Distanz, etwa mit einer Videokonferenz, nicht zu. Nun haben Grüne, SPD, CDU, Linke, FDP sowie die Ratsgruppen Die Partei, Gut, Klimafreunde und der Einzelmandatsträger der Freien Wähler einen dringenden Appell an das NRW-Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung gerichtet.
Die Gemeindeordnung soll dahingehend geändert werden, dass virtuelle Sitzungen erlaubt sind. Das Ministerium jedoch lehnt das ab, wie es auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ mitteilt.
Live-Übertragung vorgeschlagen
Die Kölner Politiker wollen „als gewählte Vertreterinnen und Vertreter unserer Vorbildfunktion nachkommen und unsere physischen Kontakte im Sinne des Gesundheitsschutzes und der Pandemiebekämpfung einschränken“, heißt es in dem Schreiben an Ministerin Ina Scharrenbach (CDU). Der Vorschlag: Keine Präsenzpflicht bei Ausschüssen und Ratssitzungen, stattdessen eine Liveübertragung, damit die Bürger die Zusammenkünfte, die immer öffentlich sein müssen, verfolgen können –in einen öffentlich zugänglichen Raum, als Stream im Internet oder beides. „Wir möchten Sie daher bitten, auch diese Form der virtuellen Sitzungen in NRW zu ermöglichen, um den Balanceakt zwischen der notwendigen demokratischen Teilhabe der Mandatsträgerinnen und Mandatsträger und der Eindämmung der Corona-Pandemie zu ermöglichen“, appellieren die Kölner Politiker.
Öffentlichkeitsgrundsatz gefährdet
Die Absage des Ministeriums folgte prompt: „Eine Änderung der Gemeindeordnung ist nicht beabsichtigt“, heißt es aus Düsseldorf auf Anfrage. Die Behörde sieht den sogenannten Öffentlichkeitsgrundsatz gefährdet: „Die Öffentlichkeit soll die Beratungen und Abstimmungen in den öffentlich tagenden Gremien und die Interaktion der Gremienmitglieder umfassend verfolgen können.“ Die Bürger müssten bei jeder Sitzung „nachvollziehen können, was wie beraten und beschlossen wird, da sie von den Beschlusslagen unmittelbar betroffen werden“, argumentiert das Ministerium. „Diese Anforderungen lassen sich auf digitale Formate nicht ohne Weiteres übertragen.“
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Im Süden der Republik sieht man das indes anders. In Baden-Württemberg sind virtuelle öffentliche „Sitzungen ohne persönliche Anwesenheit der Mitglieder im Sitzungsraum“ schon seit Monaten möglich. Der Landtag des Bundeslands hat einer entsprechenden Änderung der Gemeindeordnung im vergangenem Mai zugestimmt. Darauf weisen auch Kölns Kommunalpolitiker in ihrem Schreiben hin. Das Ministerium in Düsseldorf hat das nicht überzeugt.
Ratssitzungen in Mediathek suchen
Der Online-Stream der Ratssitzungen wird verbessert. Wie die Stadt auf Anfrage mitteilt, werden die Diskussionen – sofern der jeweilige Redner zustimmt – in einer öffentlich zugänglichen Mediathek archiviert. In der Mediathek können die Bürger die Themen per Stichwortsuche finden, die wichtigsten Informationen stehen in der Videobeschreibung. Beim Livestream selbst werden die Titel der Tagesordnungspunkte eingeblendet.
Die Kosten dafür schätzt die Stadt auf 2500 bis 3000 Euro pro Ratssitzung. Die Fraktionen und Walter Wortmann von den Freien Wählern haben die Verbesserungen in einem gemeinsamen Antrag auf die Tagesordnung der kommenden Ratssitzung am 4. Februar gesetzt, deshalb gilt die Zustimmung als sicher. Zurzeit werden die Ratssitzungen nicht archiviert, „weil der Rat das bisher nicht wollte“, sagt die Stadt. Im Schnitt verfolgen rund 3000 User den Livestream der Ratssitzung. (og)
„Für mich ist es unverständlich, wieso das, was in Baden-Württemberg möglich ist, in NRW nicht funktionieren soll“, sagt Lino Hammer, Fraktionsgeschäftsführer der Grünen, die die meisten Abgeordneten in den Rat entsenden. „Es ist noch nicht absehbar, wie lange die Pandemie andauern wird. Von daher ist es dringend nötig, entsprechende Sitzungsmodalitäten jetzt schnell zu ermöglichen“, sagt Hammer weiter.