Köln/Limburg – Der Mann agierte wie ein Profi. An jenem 10. September 2018 gegen 13.40 Uhr passte er einen Geldboten auf dem Parkplatz des Globus-Supermarktes in Limburg an der Lahn ab. Mit der Pistole im Anschlag forderte er sein Opfer in aktzentfreiem Deutsch auf, sich auf den Boden zu begeben. Kaum hatte sich der Kurier auf den Asphalt gelegt, riss der mit einer weißen Maske vermummte Räuber ihm die Dienstwaffe aus dem Holster und schnappte sich den metallenen Geldkoffer mit über 80.000 Euro. Danach eilte er zu einem schwarzen VW-Tiguan. Das Auto, mit gestohlenen Kennzeichen versehen, raste vom Hof. Kurz darauf fand sich der brennende Fluchtwagen an einem Sportplatz. Ein Zeuge will neben dem Täter auch einen Komplizen wahrgenommen haben. Die beiden Männer verschwanden spurlos.
Jahrelang fahndete das Raubkommissariat in Limburg nach den Tätern. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erfuhr, gibt es nun eine heiße Spur. Die Fährte führt zu Thomas Drach. Bisher war nur bekannt, dass der ehemalige Entführer des Tabak-Millionärserben Jan-Philipp Reemtsma drei Raubüberfälle auf Geldboten in Köln und in Frankfurt/Main begangen haben soll, dabei wurden zwei Wachmänner durch Schüsse schwer verletzt. Bei den Beutezügen in den Jahren 2018 und 2019 soll ihm teilweise ein niederländischer Handwerker namens Eugen W. geholfen haben. Beide sitzen seit Monaten in Untersuchungshaft.
Drach will keine DNA-Probe abgeben
Die Chronik der Raubserie schreibt offenbar ein weiteres Kapitel: Der Kölner Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer bestätigte dieser Zeitung auf Anfrage, dass sich inzwischen zumindest bei dem niederländischen Trockenbauer W. ein dringender Tatverdacht ergeben habe, an dem Überfall auf den Globus-Markt in Limburg teilgenommen zu haben. Vor dem Hintergrund habe man das Verfahren übernommen. „Bei Herrn Drach wird eine Tatbeteiligung derzeit geprüft“, führte Bremer aus.
Vom Modus Operandi gleicht die Vorgehensweise auffallend den anderen Überfällen auf ein Ikea-Kaufhaus in Köln-Godorf und Frankfurt/Main sowie am Köln/Bonner-Flughafen. Stets fuhren die Täter mit einem Wagen nebst gestohlenen Kennzeichen vor, fackelten die Fahrzeuge nach den Raubzügen ab und verschwanden unerkannt. Bei einem der ausgebrannten Fahrzeuge fand sich eine Mischspur, die auf Drach hinweist. Die Staatsanwaltschaft scheiterte bisher mit ihrem Versuch, eine freiwillige Speichelprobe des Beschuldigten zu erhalten, um auf Nummer sicher zu gehen.
Nun beabsichtigen die Strafverfolger bei Gericht zwangsweise Abgabe der DNA-Probe durchzusetzen.
Haftbefehl soll auf versuchten Mord erweitert werden
Ferner hat die Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht beantragt, den Haftbefehl gegen den 60-jährigen gebürtigen Kölner Drach auf versuchten Mord zu erweitern. Im Herbst 2019 soll Drach bei einem Schusswechsel einen Geldboten in Frankfurt/Main lebensgefährlich verletzt haben. Ein zufällig anwesender Sanitäter, der gerade bei Ikea einkaufen wollte, rettete durch Sofortmaßnahmen dem Mann das Leben.
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Drachs Verteidiger Andreas Kerkhof wollte sich auf Anfrage nicht zur neuen Verdachtslage äußern. Nur soviel: Aus seiner Sicht „beruht das gesamte Verfahren auf einer dürftigen Indizienlage, die spätestens im Prozess in sich zusammenfallen wird“.