Uni Köln„Hunderte Studenten im Hörsaal müssen nicht problematisch sein”
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Die Kölner Universität ist begehrt: Oft drängeln sich In den Hörsälen der Universität Köln Hunderte Studenten.
Copyright: Max Grönert
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Ulrich Thonemann ist neuer Dekan der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Uni Köln.
Im exklusiven Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger” spricht über die Kölner Universität als Massenhochschule und die von Studenten beklagte Anonymität.
Außerdem erklärt er, warum Einsparungen notwendig sind und warum er kostenpflichtige Weiterbildungsangebote befürwortet.
Herr Thonemann, welche Pläne haben Sie für Ihre Fakultät?
Unser Ziel ist es, Lehre und Forschung zu betreiben, die die Gesellschaft weiterbringen. Wir bieten dazu eine Plattform an, auf der wir mit der Praxis relevante Themen der Wirtschaft, Gesellschaft und Politik adressieren. Und diese Themen bringen wir auch in die Lehre ein. Ich würde gerne unsere Forschungsschwerpunkte entsprechend ausrichten und auch unsere Lehrprogramme weiterentwickeln. In der Lehre können wir noch studierendenzentrierter werden und unseren Studierenden das bieten, was sie brauchen, um sich weiterzuentwickeln. Dazu gehört, dass wir neben fachlichen Kompetenzen die persönlichen und sozialen Kompetenzen noch stärken, wie gutes Argumentieren, gutes Verhandeln, gutes Team-Management und Offenheit. Wir werden daher in diesem Jahr unsere 24 Studienprogramme durchleuchten und so weiterentwickeln, dass jedes einzelne Programm das liefert, was unsere Studierenden brauchen, um aktuelle und künftige berufliche Herausforderungen zu meistern.
Studierende loben oft die guten Dozenten, bemängeln aber, dass es viel Theorie im Unterricht gibt und dass sie sich in der Uni Köln anonym fühlen.
Die Anonymität wird teilweise mit großen Klassengrößen gleichgesetzt. Wir differenzieren die Klassengröße nach Lehrinhalt und Studienphase. Bei Grundlagenveranstaltungen ist es didaktisch nicht problematisch, wenn einige Hundert Studierende im Hörsaal sind, solange sie anschließend gut betreut werden, etwa durch unsere Tutorien in 20er-Gruppen und moderierte Online-Unterstützung. In den Seminaren gibt es höchstens 25 Studierende und danach eine intensiv betreute Abschlussarbeit. Dort, wo also individuelle Betreuung wichtig ist, arbeiten wir in kleinen Gruppen. Aber ich gebe Ihnen Recht, an einer der größten Universitäten in einer der größten Städte Deutschlands zu studieren ist zwar sehr attraktiv, erfordert aber auch eine gewisse Eigenständigkeit der Studierenden.
Ulrich Thonemann
Copyright: Lisa Beller
Das Exzellenzcluster „Econtribute“ gestaltet die Uni Köln mit der Uni Bonn. Welche Auswirkungen hat so ein Aushängeschild für die Fakultät?
Es ist ein Forschungscluster, in dem sich forschungsstarke Kollegen aus allen Bereichen der Fakultät zusammengetan haben um gesellschaftsrelevante Themen zu erforschen. Mit den Mitteln, die wir dazu erhalten, können wir neue Professoren berufen. Zudem können wir die Doktorandenausbildung im Rahmen des Clusters neu gestalten. So haben wir zum Beispiel in der VWL einen Forschungsmaster eingeführt, also ein Masterprogramm für Studierende, die nach dem Bachelor in der Forschung bleiben wollen. Da wir die Klassengröße auf 15 Studierende begrenzen, können wir den wissenschaftlichen Nachwuchs gezielt ausbilden und unsere anderen Programme mehr auf die Praxis ausrichten.
Die Universität muss 17 Millionen Euro einsparen. Was wird bei Ihnen wegfallen?
Wir haben einige Jahre Zeit, die Einsparungen zu realisieren, so dass es zu keinen schweren Verwerfungen in der Fakultät kommen wird. Wir schreiben derzeit einen Fakultätsentwicklungsplan, in dem wir festhalten, was aus Sicht der Lehre und Forschung relevant ist und wie wir uns aufstellen wollen. Wir werden die Belastungen auf viele Schultern verteilen und planen Einsparungen durch Drittmittel-Einnahmen – wie denen aus dem Exzellenzcluster – zu kompensieren.
Sie können aber ausschließen, dass ein Lehrstuhl wegfällt?
Ich kann nichts ausschließen. Wir denken aber weniger in Lehrstühlen als in Bereichen. In alten Zeiten hatten die großen Ordinarien eigene Lehrstühle mit eigenen Sekretärinnen und vielen Doktoranden. Nun sind wir mehr in Zentren organisiert mit mehreren Professuren, in denen man sich Ressourcen teilt. Wenn dort eine Professur entfällt, stirbt nicht gleich ein ganzes Gebiet und wir können alle wichtigen Themen weiter anbieten. Wie gesagt, ich denke, dass wir wegen unserer Forschungsstärke und durch Kooperationen mit der Praxis die Einsparungen kompensieren können.
Sie sind auch der Präsident der Business School, die einen kostenpflichtigen Weiterbildungsstudiengang anbietet. Muss eine öffentlich finanzierte Hochschule einen teuren MBA anbieten?
Wir haben einen Praxisbeirat an der Fakultät, aus dem der Wunsch kam, dass wir in der Weiterbildung aktiv werden. Der Hintergrund ist der, dass man früher mit 28 Jahren von der Hochschule kam und teilweise vor 60 in Rente ging. Mit Bachelor und Master schließt man nun mit 21 beziehungsweise 23 Jahren sein Studium ab und wird wohl bis zum Alter von 70 Jahren arbeiten. Man hat ein langes Zeitfenster in einem Umfeld, das sich dynamisch entwickelt. Weiterbildung ist von zentraler Bedeutung. Die Uni Köln war bis vor drei Jahren im Thema Weiterbildung nicht stark aktiv, und wir wollten diese Lücke füllen, um erstklassige Weiterbildung anzubieten. Und das kostet nun mal.
Wollen Sie die Business School ausbauen?
Bislang haben wir einen Executive-MBA, der sich steigender Beliebtheit erfreut. Zurzeit haben wir etwa 50 Studierende, da ist Luft nach oben. Wir werden auch in anderen Bereichen Weiterbildung anbieten, etwa im Management digitaler Innovationen und im Gesundheitsmanagement. Wir planen auch, im Energiebereich etwas aufzusetzen. Die Business School wird also wachsen.
Sie sind siebenmal mit dem Albertus-Magnus-Preis für gute Lehre ausgezeichnet worden. Was macht gute Lehre aus?
Veranstaltungen sollten nicht nur Wissen vermitteln, sondern Studierenden und Lehrenden auch Spaß machen. Dazu müssen wir diese interaktiv gestalten. Das ist in kleinen Veranstaltungen einfacher als in großen, aber auch in meine großen Vorlesungen baue ich alle zehn bis 15 Minuten eine Diskussion ein oder ein Online-Element, in dem die Studierenden Aufgaben lösen. Danach besprechen wir die Ergebnisse im Hörsaal.