Köln – Eisschilde schrumpfen, Meeresspiegel steigen, Klimazonen und Ökosysteme verlagern sich. 2018 war das bisher wärmste Jahr in Deutschland seit der Aufzeichnung der Wetterdaten. Doch welche Ursache hat welche Wirkung? Rund um den Globus forschen Wissenschaftler über die Faktoren, die das weltweite Wetter beeinflussen, entwickeln Klimamodelle und berechnen Klimaszenarien. Doch wie zuverlässig sind ihre Vorhersagen?
Im Wintersemester beschäftigt sich die Ringvorlesung der Kölner Universität mit all diesen Fragen: „Was wir über den Klimawandel sicher wissen?“ – In 13 Vorträgen werden hochkarätige Klimaforscher an jedem Montag über das Wetter und das Klima sprechen, darunter die Spezialisten des Kölner Instituts für Geophysik und Meteorologie und des Jülicher Zentrums für Energie- und Klimaforschung. Angesprochen sind Studenten und die breite außeruniversitäre Öffentlichkeit, insbesondere auch das Zentrum für Lehrerbildung, da an Schulen nicht nur durch die „Fridays for Future“-Aktionen zunehmend Fragen zum Klimawandel gestellt werden.
„Was bedeutet eigentlich Klima?“
Zum Vorlesungsauftakt am gestrigen Montag widmete sich Professorin Susanne Crewell der grundlegenden Frage: „Was bedeutet eigentlich Klima?“ Klima – darunter versteht die Wissenschaft die statistische Beschreibung des Wetters: Mittelwerte, Extremwerte, Häufigkeiten, Andauerwerte. Es wird beobachtet und gemessen: Temperaturen, Niederschlagsmengen, Sonnenstunden ...
„Wir verstehen einiges und immer mehr“, sagte Crewell, „aber es gibt immer noch große Lücken. Unser Problem ist, dass beim Klima alles mit allem interagiert: Wolkenbildung, Eisschilde, Strahlung, die Kopplung der Klimasysteme von Ozean, Atmosphäre, Biosphäre mit dem natürlichen und dem menschengemachten Klimawandel.“
Crewells Spezialgebiet sind die Wolken und die nördliche Polarregion. Die Meteorologin forscht über das Phänomen der sogenannten „arktischen Verstärkung“: Über die Tatsache, dass sich in den vergangenen 100 Jahren die globale Durchschnittstemperatur um etwa ein bis zwei Grad erhöht hat, über der Arktis aber um zwei bis drei Grad.
Der Treibhauseffekt sei in dieser für das Weltklima so außerordentlich wichtigen Region höher als über dem Festland, so Crewell. Nicht nur die Eisfläche nehme kontinuierlich ab, auch ihre Dicke und der Anteil an mehrjährigem Eis. Was genau passiert dort, und welchen Anteil haben die Wolken am Treibhauseffekt?
Forschungsexpedition „Mosaic“
Das Kölner Institut ist deshalb auch Teil der deutschen Forschungsexpedition „Mosaic“ und mit einem Wolkenmessgerät an Bord des Forschungsschiffes „Polarstern“, das sich 17 Monate lang im arktischen Eis einfrieren und von der natürlichen Drift treiben lässt. „Unser großes Ziel ist es, Wetter- und Klimamodelle zu verbessern, insbesondere zu verstehen, wann sich Wolken bilden, wann Wolken abregnen und wie stark sie auf den Energiehaushalt der Atmosphäre wirken“, so Crewell.
Das Institut für Geophysik und Meteorologie
Susanne Crewell beschäftigt sich seit 30 Jahren mit Klimasystemen, insbesondere mit der Rolle von Wolken für den Energiehaushalt der Atmosphäre.
Das Institut für Geophysik und Meteorologie an der Universität zu Köln hat jährlich ca. zehn Bachelor- und etwas weniger Masterabsolventen. „Eine Hürde sind die mathematischen und physikalischen Grundlagen, weshalb die Abbruchquote hoch ist.“ Die Kölner arbeiten mit neuen Messmethoden an Klimamodellen.
Die Ringvorlesung findet montags um 17 Uhr im Geo-/Bio-Hörsaal des Instituts für Geophysik und Meteorologie statt, Zülpicher Straße 49a.
Wolken seien wichtige Modulatoren unseres Klimasystems. Sie bewegen sich schnell und räumlich variabel, deshalb sind sie einer der großen Unsicherheitsfaktoren sowohl für die Wettervorhersage als auch für die Klimamodelle. „Unsere Spezialität ist das kleinskalige Verständnis, die wir mit neuen Messmethoden und hochaufgelöster Modellierung voranbringen wollen. Da sind wir international ganz vorne mit dabei.“
Die Klima-Komplexität möglichst einfach zu vermitteln ist Ambition und Ziel der Kölner Ringvorlesung. So wird sich der Geologe Martin Melles am Beispiel der Bohrkern-Forschung mit dem Klima vergangener Erdzeitalter beschäftigen (14. Oktober). Wie Klimamodelle funktionieren, wird Crewells Kölner Kollegin Vera Schemann am 21. Oktober erklären. Der Kölner Staatswissenschaftler Axel Ockenfels wird sich am 28. Oktober mit der Wirkungslosigkeit bisheriger internationaler Klimavereinbarungen beschäftigen und damit, wie das Kooperationsproblem gelöst werden könnte. Heftig debattiert wird die Frage: „Kipppunkte im Klimasystem?“ Der Bonner Meteorologe Clemens Simmer erklärt die Debatte am 18. November.
„Was haben „Luftqualität und Klima“ gemeinsam? Astrid Kiendler-Scharr vom Institut für Energie und Klimaforschung des Forschungszentrums Jülich erläutert am 16. Dezember, welche Rolle Luftschadstoffe wie CO2 oder Methan für das Klima haben. Kann der Klimawandel durch „Climate Engeneering“ begrenzt werden? Am 20. Januar beschäftigt sich Astrid Kiendler-Scharr mit Möglichkeiten und Risiken einer gezielten Modifikation unseres Klimasystems: durch CO2 -Speicherung oder Ablenkung der Sonnenstrahlen.