- Grafikerin, Liedermacherin, Fronfrau im alternativen Karneval: Lisa Spielmann hat viele Standbeine. Doch mit 35 will sie den Karrieresprung wagen.
- In ihrer ersten SingIe „Boom Bääm Boom“ geht es um Tinder-Dates, Podcasts und vor allem: Selbstzweifel.
- Sie will gegen den Ernst des Lebens ansingen. Und Musikerinnen dazu motivieren, weniger bescheiden aufzutreten.
Köln – Es gibt da ein gemeines Wesen namens Selbstzweifel, das es sich mitunter gemütlich macht. Einem im Ohr liegt und wiederholt wissen will: „Was ist mit Küche, Kohle, Kinder?“. Davon kann zumindest Lisa Spielmann ein Lied singen: In ihrer Debüt-Single „Boom Bääm Boom“ wirft die Newcomerin diese Fragen nach dem „k“-lastigen Ernst des Lebens auf und stellt sich vor, „wie es wäre ohne dich? Mein Herz wär leichter / Tausend Tonnen ohne dich“.
Das klingt zwar erst einmal nach schmerzerfüllter Erinnerung an den Ex, ist aber in Wirklichkeit der lauernde Minderwertigkeitskomplex, den das zweifelgeplagte Ich in einer Welt voller Tinder-Dates, Podcasts und Pilates abzuschütteln versucht. Ein vor allem weibliches Ich? „Ich glaube leider schon. Ich bin im Frauennetzwerk Music NRW Woman, da kommen wir öfter auf das Thema. Bei Männern im Musikbusiness ist es häufig so: Sie stellen sich zwei Boxen auf den Schreibtisch und sagen »Ich bin Produzent«“, sagt Spielmann im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Frauen immer noch unterpräsentiert im Musikbereich
Die 35-Jährige aus Bergisch Gladbach produziere auch selbst hin und wieder, würde sich aber so nicht bezeichnen – das sei symptomatisch für das Musikgeschäft, in dem Festival-Line-ups immer noch hauptsächlich aus männlichen Acts bestünden. Männer seien sich eben nicht zu schade, mit größeren Gesten aufzutreten, als es ihre Leistung vielleicht hergebe.
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Spielmann zählt sich eher zur Kategorie „Königin des Understatements“. Doch damit soll nun Schluss sein. Sie wagt den Sprung in die Solo-Karriere. Die Zeit dafür sei reif gewesen. „Das war schon lange ein Traum, der in den Hintergrund rückte durch alle anderen Projekte. Also bin ich auf die Reise gegangen und habe ein Team um mich herum aufgebaut.“ Darunter: Die Produzenten Alex Werth und Niko Faust (LUF), die auch für Jan Böhmermann und Carolin Kebekus produzieren.
Vorher hatte Spielmann viele Standbeine: Als Grafikerin, Liedermacherin und als Frontfrau in der alternativen Karnevalssitzung „Fatal Banal“, die jährlich in der Essigfabrik stattfindet. „Ich bin zwar in der Band, habe aber auch schon Sketche geschrieben. Man kann sich im Verein gut austoben. Wegen der Corona-Pause kann ich mich derzeit aber auf mein Soloprojekt konzentrieren“, sagt Spielmann.
Ein reduzierter Karneval ist auch Kostenfrage
Angesichts der aktuellen Diskussionen um ein Karnevalsverbot, sagt sie: „Ich kann mir eine Sitzung ganz reduziert vorstellen. Auch auf Abstand Schunkeln ginge bestimmt. Aber das ist eine Kostenfrage. Eine kaum besetzte Halle ist nicht kostendeckend,“ Musikalisch bewegt sich Spielmann mit ihrem neuen Projekt im Bereich Deutschpop - etwas zwischen Silbermond, Wir sind Helden und Mia.
Als Vorbild diene ihr aber vor allem Clueso. „Ich kann mich gut mit ihm identifizieren, weil er es geschafft hat, Mainstream zu machen, aber mit Tiefgang“. Und wenn man ihre Stimme mit der von Nena vergleiche, rebelliert Spielmann nicht wie sonst. „Auf Covergigs bekomme ich oft das Feedback, dass meine Stimme ähnlich klingt. Das ist ok. Bei anderen denke ich immer: Nein, das bin einfach nur ich.“
Die Pop-Sängerin steht Spielmann jedenfalls gut. Mit feuerroten Haaren als Markenzeichen und einem Song, der Ohrwürmer produziert. Und nun? „Wir haben die Weichen für Single zweigestellt.“ Für Nervosität bleibe also zum Glück nicht viel Zeit.