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Vom verstauchten Fuß bis zum SchlaganfallWie die Kölner Rettungsdienste arbeiten

Lesezeit 5 Minuten

Rettungseinsatz in Köln

  1. Im vergangenen Jahr gab es in Köln knapp 140.000 Notfalleinsätze.
  2. Immer mehr Kliniken haben sich spezialisiert, etwa durch die Einrichtung einer „Stroke Unit“ für Schlaganfall-Patienten.
  3. Wie Notarzt und Rettungskräfte bei lebensbedrohlichen Situationen vorgehen, lesen Sie hier.

Köln – „Notruf-Feuerwehr-Rettungsdienst-Köln. Wo ist der Notfallort?“ Ein Satz wie ein Pfeil. Es muss schnell gehen. Die Rettungskette strafft sich. „Was ist passiert? Ist die Person ansprechbar? Atmet sie?“ Binnen 90 Sekunden klärt sich, was zu tun ist. Muss ein Rettungswagen (RTW) alarmiert werden? Zusätzlich ein Notarzt? Wird ein Hubschrauber gebraucht? In der Leitstelle der Feuerwehr in Weidenpesch gehen etwa 1000 Anrufe pro Tag ein. „Wer die 112 anruft, hat die Entscheidung getroffen: »Ich bin ein Notfall«“, sagt Professor Alexander Lechleuthner, ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes, Institut für Notfallmedizin der Berufsfeuerwehr Köln. Manchmal klaffen die subjektive Wahrnehmung und die reale Situation auseinander.

Bei „Fuß verstaucht; mein Hund hat mich gebissen; welche Apotheke hat Dienst?“ rückt kein RTW aus. Bei leichten Verletzungen, Unwohlsein, Fieber, Erkältung oder vergleichbaren Bagatellfällen sind der Hausarzt oder die Arztnotrufzentrale (ANZ) unter 116117 die richtigen Adressen. In Köln ist diese Nummer rund um die Uhr erreichbar. Die ANZ und die Rettungsleitstelle sind miteinander vernetzt. Sie können sich bei Bedarf gegenseitig die Anrufer durchstellen und sie dorthin lotsen, wo sie aufgrund ihrer gesundheitlichen Beschwerden am besten aufgehoben sind.

Im Notfall sind schnelle Entscheidungen überlebenswichtig

Bei allen lebensbedrohlichen Situationen, wenn jede Minute zählt, wenn es um Leben oder Tod geht, ist die 112 die richtige Anlaufstelle. Im vergangenen Jahr gab es in Köln knapp 140000 Notfalleinsätze. Die Notärzte und Rettungsassistenten kümmern sich um die Erstversorgung der Patienten vor Ort beziehungsweise im Rettungswagen. Auf dem schnellsten Weg geht es ins Krankenhaus, der Rettungsdienst ist die Schnittstelle zur zentralen Notaufnahme. In der Regel steuert der RTW die nächstgelegene Klinik an.

Notaufnahme des Hildegardis-Krankenhauses

Die Ausnahme: Bei einem vermuteten Schlaganfall geht es nach Auskunft von Lechleuthner grundsätzlich in ein Krankenhaus mit einer „Stroke Unit“. Das ist eine Spezialstation zur Erstversorgung von Patienten mit einem Schlaganfall. Die Stiftung Deutsche Schlaganfallhilfe erklärt dazu: „Eine Stroke Unit hat die apparativen und die personellen Voraussetzungen für die notwendigen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen. Die lebensnotwendigen Funktionen der Betroffenen können rund um die Uhr überwacht werden, ein erfahrenes Team unterschiedlicher Fachärzte, bestehend aus Neurologen, Kardiologen sowie Radiologen und teilweise auch Neuro- und Gefäßchirurgen arbeitet zusammen.“

Drei Kliniken mit „Stroke Unit“

In Köln verfügen drei Kliniken über eine „Stroke Unit“: das Heilig-Geist-Krankenhaus in Longerich, das Krankenhaus Merheim und das Universitätsklinikum. Das Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße hat zwar keine „Stroke Unit“, aber eine kinderneurologische Station, auf der Kinder und Jugendliche nach Schlaganfällen behandelt werden können.

Patienten mit Verdacht auf einen schweren Herzinfarkt werden in ein Krankenhaus mit einem Herzkatheterlabor gebracht. Von den 17 Kölner Akutkrankenhäusern haben acht ein oder mehrere dieser Katheterlabore. Interventionskliniken bei akutem Herzinfarkt sind folgende Häuser: St. Antonius, St. Vinzenz, St. Hildegardis, Evangelisches Krankenhaus Kalk, Krankenhaus Merheim, Krankenhaus der Augustinerinnen, Uniklinik und Krankenhaus Porz am Rhein. Nach Auskunft von Alexander Lechleuthner kommen etwa 30 Prozent der Infarktpatienten nicht mit einem Rettungswagen in die Klinik. Handelt es sich in dem Fall um ein Krankenhaus ohne Herzkatheterlabor, fordere das Haus von sich aus einen RTW an, um den Patienten zu verlegen.

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Seit 2005 gibt es das „Kölner Infarkt-Modell“ (KIM). Es ist eine Initiative des Rettungsdienstes und der Mehrzahl der Krankenhäuser mit dem Ziel, die Versorgung der Herzinfarktpatienten zu optimieren. Am Kölner Infarkt-Modell nehmen 14 von 17 Krankenhäusern teil.

Bei Patienten, die nach einem Herzkreislauf-Stillstand außerhalb eines Krankenhauses erfolgreich reanimiert wurden, hängt der weitere Krankheitsverlauf ganz wesentlich von der Fachkompetenz und der Ausstattung der weiterbehandelnden Klinik ab. Nationale Fachgesellschaften und internationale Leitlinien zur Reanimation empfehlen die Behandlung in spezialisierten Reanimations- beziehungsweise „Cardiac Arrest Centern“ (CAC).

Bisher gab es dafür in Deutschland keine einheitlichen Kriterien. Die Uniklinik Köln ist nun als eine der ersten Kliniken Deutschlands als CAC zertifiziert worden. Diese Zertifizierung erfolgte durch den Deutschen Rat für Wiederbelebung und die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie. Professor Dr. Guido Michels, Leiter der kardiologischen Intensivstation im Herzzentrum der Uniklinik, leitete als Koordinator das Untersuchungsverfahren mit Beteiligung der Kardiologie, der Anästhesiologie, dem Rettungsdienst der Kölner Feuerwehr sowie der zentralen Notaufnahme in der Uniklinik.

Rettungseinsätze in Zahlen

Rettungshubschrauber Christoph 3

Etwa 60 Rettungswagen und 11 Notarztfahrzeuge hat die Berufsfeuerwehr, darunter Spezialfahrzeuge für Intensivtransporte, für den Transport von Schwergewichtigen (mehr als 150 Kilogramm), für Patienten mit ansteckenden Krankheiten und psychisch Erkrankte sowie Inkubatortransporte für Neugeborene.

Rund 1500 Einsatzkräfte sind im Rettungsdienst, etwa 80 Mitarbeiter in der Rettungsleitstelle. Neben der Feuerwehr sind 5 Hilfsorganisationen mit eigenen Fahrzeugen in den Rettungsdienst eingebunden: der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), das Deutsche Rote Kreuz (DRK), die Falck-Unternehmensgruppe, die Johanniter-Unfallhilfe (JUH) und der Malteser Hilfsdienst (MHD).

2 Rettungshubschrauber sind im Einsatz: „Christoph 3“ und Intensivtransport-Helikopter „Christoph Rheinland“. Die Kölner Rettungshubschrauber „Christoph 3“ (Zivilschutz-Hubschrauber, orangefarbene Lackierung) und „Christoph Rheinland“ (ADAC Luftrettung, gelbe Lackierung) sind am Flughafen Köln/Bonn stationiert. „Christoph 3“ wird von Piloten der Bundespolizei-Fliegerstaffel Sankt Augustin geflogen. Mit an Bord sind Notärzte aus den Kliniken für Unfallchirurgie und Viszeralchirurgie des Krankenhauses Merheim.

Für „Christoph Rheinland“ stellt die Berufsfeuerwehr der Stadt Köln, Institut für Notfallmedizin, das ärztliche Personal. Piloten der ADAC- Luftrettung fliegen. Zu den Teams der beiden Helikopter gehören Rettungsassistenten von DRK, ASB, JUH, MHD und Feuerwehr.

Neue Technik bremst Rettungswagen aus

Symbolbild

Bis 2022 – so sieht es eine EU-Richtlinie vor – muss jeder Lastwagen einen vollautomatischen Bremsassistenten an Bord haben. Auch Rettungswagen zählen laut Vorschrift zur Kategorie Lastwagen. Die Kölner Berufsfeuerwehr hat zehn ihrer neuen Rettungsfahrzeuge bereits mit der neuen Technik geliefert bekommen. Offenbar hat man seitens der Feuerwehr allerdings versäumt, dies den Fahrern auch mitzuteilen.

Prompt soll gleich bei der ersten Fahrt mit einem der neuen Wagen der automatische Bremsassistent ausgelöst und das Fahrzeug abrupt gestoppt haben. Dies geschieht zum Beispiel, wenn das Auto dicht auf ein Hindernis auffährt. Die Besatzung verstand die Welt nicht mehr.

Zwei der neuen Fahrzeuge seien bedauerlicherweise ausgegeben worden, ohne dass den Fahrern mitgeteilt wurde, dass sie einen Bremsassistenten an Bord hatten. „Die Kollegen hätten vorher eingewiesen werden müssen“, räumt Feuerwehrsprecher Ulrich Laschet ein. Bei dem plötzlichen Stopp sei aber niemand zu Schaden gekommen, auch habe sich dadurch kein Einsatz verzögert. Ab kommender Woche sollen die Fahrer dann nach und nach auf allen Wachen in der Stadt geschult werden. (ts)